04.12. 2021 - Mehr! Theater am Großmarkt, Hamburg

Zurück nach Hogwarts:
Harry Potter und das verwunschene Kind
feiert Deutschlandpremiere
in Hamburg

Alohomora! Endlich ist es soweit: Das Mehr! Theater am Großmarkt öffnet nach über drei Jahren, die seit der ersten Pressemitteilung über den Einzug von HARRY POTTER UND DAS VERWUNSCHENE KIND vergangen sind, seine Türen. Am 5. Dezember 2021 feierte die meistprämierte Produktion der britischen Theatergeschichte umjubelte Deutschlandpremiere in Hamburg. Damit ist es die erste nicht englischsprachige Inszenierung des verwunschenen Kindes weltweit. Zuvor war das Stück aus der Feder von J.K. Rowling, J. Tiffany und J. Thornes nur in London, New York, Melbourne und San Francisco zu sehen. Im Diskurs steht der achte Teil der Reihe rund um „den Jungen, der überlebte“ dabei bereits seit der Veröffentlichung des Drehbuches im Jahr 2016: Denn zwischen der Vorfreude über die Fortsetzung und dem Vorwurf der reinen Kommerzialisierung der Geschichte waren in der öffentlichen Reaktion auf das Stück alle Meinungen vertreten. Wir haben die Medienpremiere am 4. Dezember für euch besucht und uns ebenfalls mit der Frage beschäftigt, ob das Theaterstück seinem Vorgänger, der berühmten Buchvorlage, die Millionen von Kindern auf der ganzen Welt geprägt und begleitet hat, gerecht werden kann. Außerdem könnt ihr hier nachlesen, ob sich ein Besuch auch für Muggle und all diejenigen lohnt, die die Vorgeschichte noch nicht kennen.

Wer sich auf einen Besuch von Harry Potter das verwunschene Kind einlässt, den erwartet schon beim Betreten des Theaters ein Erlebnis der besonderen Art: Nach dem aufwändigen Umbau des gesamten Gebäudes speziell für diese Produktion erinnert bereits das Foyer mehr an die magische als an unsere Welt. Knapp 3000 einzelne Leuchten an der Decke lassen den Zauber der großen Halle wieder aufleben, was durch edle Hogwarts-Teppiche und großflächige Patroni an den Wänden untermauert wird. Auch der Theatersaal wurde mit viel Liebe zum Detail so gestaltet, dass er sich nahtlos in dieses Konzept einfügt und die Wirkung des Stückes unterstützt. Die Geschichte selbst wird hier nicht, wie für Großproduktionen üblich, in zwei Akten erzählt, sondern in vier, welche sich auf zwei separate Theaterteile aufteilen. Wer also das gesamte Stück sehen möchte, braucht Tickets für beide Shows. Diese werden entweder an zwei aufeinanderfolgenden Abenden oder in einer Mittags- und Abendvorstellung am selben Tag gezeigt. Selbst wenn das zunächst als reine profitmaximierende Maßnahme erscheint, kommt es der Dramaturgie des Stückes sowie seinem Erzähltempo sehr zugute. Denn die insgesamt satten fünf Stunden Spielzeit erlauben viel Raum für Charakterentwicklung und das Ausarbeiten zwischenmenschlicher Beziehungen - und die werden auch vollends ausgeschöpft, was der Handlung zusätzlich Tiefe verleiht, ohne sie künstlich in die Länge zu ziehen. Das schafft sehr starke und eindrucksvolle Bühnenmomente - ganz ohne zusätzliche Magie.

Aber worum geht es überhaupt? Die Geschichte des verwunschenen Kindes knüpft nahtlos dort an, wo der siebte Band der Buchreihe endet: Am Gleis 9 3/4 des Londoner Bahnhofes King’s Cross, 19 Jahre nach der finalen Schlacht von Hogwarts. Harry Potter und seine Freunde sind inzwischen erwachsen und verabschieden ihre Kinder, die nun selbst die Reise zur magischen Schule für Hexerei und Zauberei antreten. Im Zentrum der Erzählung steht dabei Harrys Sohn Albus Potter, der damit zu kämpfen hat, in die großen Fußstapfen seines Vaters treten zu müssen und hierbei von der ständigen Angst begleitet wird, diesen nicht gerecht werden zu können. Unterstützung findet er bei seinem besten Freund, Scorpius Malfoy - dem Sohn von Harrys einstigem Rivalen Draco Malfoy. Mit dem Fokus auf diese zunächst unmöglich erscheinende Freundschaft zwischen einem Potter und einem Malfoy führen die Autor:innen eine der tragenden Botschaften der Harry Potter Reihe fort: Die Einsicht, dass wir - unabhängig unserer Herkunft oder anderer äußerer Faktoren - am Ende alle gleich sind, wenn wir uns auf das besinnen, was wirklich zählt. Im ersten Akt versuchen die beiden Freunde krampfhaft ihre eigene Heldenhaftigkeit unter Beweis zu stellen, indem sie einen geheimen Zeitumkehrer stehlen, um ein längst geschehenes Unrecht wiedergutmachen zu können. Dabei bringen sie jedoch das Raum-Zeit-Kontinuum erheblich aus dem Gleichgewicht und gefährden den Frieden der Zaubererwelt, den sich Albus‘ Eltern vor 19 Jahren hart erkämpfen mussten. Als die Rückkehr des dunklen Lordes schließlich unvermeidbar erscheint, braucht es die vereinten Kräfte von Vater und Sohn, um dieser Gefahr entgegen treten zu können.

Was sich auf den ersten Blick wie eine stark konstruierte Fortsetzung ohne viel neues Potenzial liest, erweist sich in der Umsetzung auf der Bühne jedoch als mitreißende Geschichte, die vor allem vom Zusammenspiel einer durchweg sehr überzeugenden Cast, der gelungenen theatralen Umsetzung und der Magie der Harry Potter Reihe lebt. Denn diese wird auf beeindruckende Weise wieder zum Leben erweckt. Hier verstehen sich die Autor:innen sehr genau darauf, bei den Fans die berührendsten Erinnerungen und Momente der Reihe erneut aufzugreifen und wieder aufleben zu lassen – und das zum ersten Mal überhaupt mit den Mitteln des Theaters. Durch den zusätzlichen Einsatz des Zeitumkehrers werden die alte und die neue Geschichte geschickt miteinander verwoben und verbunden. So bleibt im Saal wohl kaum ein Auge trocken, als die Charaktere auf der Bühne und das Publikum gleichermaßen hilflos dabei zusehen müssen, wie Lilly Potter in der geschichtsträchtigen Nacht zum 1. November 1981 ihr Leben opfert, um ihren Sohn zu beschützen. Nicht wissend, dass es ihre Liebe ist, die nicht nur den jungen Harry, sondern am Ende auch die gesamte Zaubererwelt vor dem Untergang bewahrt. Diese Bühnenmomente entfalten ihre volle Wirkung allerdings nur, wenn man die Vorgeschichte kennt und zumindest die Filme gesehen hat. Daher würden wir jedem, der das Theaterstück gerne sehen möchte, dazu raten, sich im Vorhinein mit Harry Potter und seiner Geschichte zu befassen.

Den kritischen Fans, die nach dem Lesen des Drehbuchs zunächst noch (berechtigterweise) daran zweifeln, dass dieses Stück einen würdigen Schlusspunkt unter die Harry Potter Reihe setzt, sei an dieser Stelle Folgendes geraten: Lasst euch trotzdem auf diese Inszenierung ein - es lohnt sich. Unter anderem deshalb, weil sich hierin die Arbeit von insgesamt 250 Mitarbeiter:innen, davon rund 110 auf und hinter der Bühne, vereint, die ihr Handwerk zweifelsohne perfekt beherrschen. Das Bühnenbild und die magischen Effekte gehören zu den besten, die momentan überhaupt auf einer Theaterbühne gezeigt werden. Denn die Darstellung der Magie auf der Bühne wirkt so real, dass man fast dazu geneigt sein könnte, noch einmal selbst an Zauberei zu glauben. Sich davon mitreißen zu lassen, macht einfach Spaß. Im Zusammenspiel mit beeindruckenden Lichteffekten, abwechslungsreicher Melodien, einer fesselnden Choreografie und realistischen Kostümen entsteht ein Gesamtkunstwerk, bei dem man nur noch staunen kann. Dass die Inszenierung jedoch neben diesem Bühnenfeuerwerk die Kunst des Geschichtenerzählens in seiner ursprünglichsten Form nicht aus den Augen verliert, ist unter all diesen Aspekten wohl ihre größte Stärke. Das bringt auch Regisseur John Tiffany im Interview[1] auf den Punkt: „Als Regisseur glaube ich immer noch an die Kraft des Theaters […]. Es ist wahr, dass Filme mit Green Screens und anderen Tricks arbeiten können, im Theater können wir uns aber auf die Vorstellungskraft unserer Zuschauer verlassen.“ Denn am Ende sei es „die Kraft unserer Fantasie, durch die Magie zur Wirklichkeit werden kann.“

[1] Interview Programmheft, S. 9


6 von 6 Sternen: ★★★                   
                                                                         Kritik:
Laura Schumacher
             
Fotos: Manuel Harlan

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08.11. 2021 - Stage Theater an der Elbe, Hamburg

Disney´s DIE EISKÖNIGIN
feiert langersehnte Deutschlandpremiere in Hamburg

Die Tore von Arendelle wurden endlich geöffnet: Am 8. November ließ die Eiskönigin bei der feierlichen Deutschlandpremiere des neuen Disney Musicals zum ersten Mal überhaupt ein großes Publikum in ihren magischen Eispalast, das Stage Theater an der Elbe. Nach über einem Jahr pandemiebedingter Zwangspause ist das von Thomas Schumacher produzierte Stück aus der Feder von Jennifer Lee und mit der Musik von Kristen Anderson Lopez und Robert Lopez nun das zweite Disneymusical, das im Hamburger Hafen zu sehen ist. Dabei ist es seinem Theaternachbarn, dem berühmten König der Löwen, mehr als nur ebenbürtig: Warum die Eiskönigin sogar durchaus genügend Potenzial besitzt, um das bisherige Zugpferd der Stage Entertainment in der Musicalmetropole Hamburg als Publikumsliebling abzulösen, haben wir nach unserem Premierenbesuch hier für euch zusammengefasst.

Foto (c) Johan Persson

An Bekanntheit dürfte es dem neuen Hitmusical dazu schon mal nicht mangeln - ganz im Gegenteil: Die gleichnamige Filmvorlage aus dem Hause Disney gilt als erfolgreichster Animationsfilm aller Zeiten. Dieser erzählt die berührende Geschichte der beiden Schwestern Elsa und Anna, die sich und ihr Königreich vor dem Versinken im ewigen Eis schützen, indem sie das verloren geglaubte Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sowie die Kraft ihrer Liebe zueinander wiederfinden. Damit stellt Disney erstmals zwei starke weibliche Charaktere in den Mittelpunkt der Handlung, die ihre Welt aus eigener Kraft und ganz ohne den im letzten Moment zur Hilfe eilenden Prinzen retten. Was im Theater des 21. Jahrhunderts zwar nicht mehr besonders erwähnenswert sein sollte, ist für den sehr konservativ orientierten Konzern jedoch ein fast schon revolutionäres Statement. Umso schöner, dass die beiden Schwestern seit dem Kinoerfolg der Filmvorlage von Mädchen auf der ganzen Welt als Vorbilder gefeiert werden. Entsprechend hoch waren daher die Erwartungen an das Musical, das sich, bis auf einige wenige Passagen, fast eins zu eins am Inhalt des Films orientiert. Damit wird zwar gewährleistet, dass Fans der berühmten Vorlage im Theater wohl definitiv auf ihre Kosten kommen werden. Leider verpasst die Bühnenfassung dadurch aber die Chance, dem Handlungsstrang und den Charakteren mehr Tiefe zu verleihen. Dass dies auch beim Transfer von Disneyfilmen auf die Theaterbühne durchaus gelingen kann, zeigte in der Vergangenheit beispielsweise Cameron Mackintoshs Version von Mary Poppins. Für uns bleibt dies jedoch der einzige Wermutstropfen des Abends. Denn trotz dieser verpassten Chance auf mehr Tiefgang schafft es das Stück, nicht zuletzt dank der großartigen Cast sowie der durchweg fantastischen Bühnenbilder, eine magische Welt aus Schnee und Eis zu erschaffen, die die Zuschauer:innen in ihren Bann zieht und den Alltag für einen Abend verblassen lässt. Auf eine Weise, wie sie nur im Theater erlebt werden kann. Auch die zwölf extra für das Stück komponierten Lieder fügen sich sehr gut in die schon bestehenden Melodien ein und schaffen ein harmonisches musikalisches Gesamtkonzept.

Foto (c) Morris Mac Matzen


Der besagte Cast präsentiert diese Melodien am Premierenabend mit sprühender Energie, die sich sogleich auf den Saal überträgt. Bereits hier ist den Darsteller:innen durchweg anzumerken, wie sehr sie die Rollen verinnerlicht haben und mit welcher Freude am Spiel sie die eisige Welt zum Leben erwecken. Allen voran Sabrina Weckerlin und Celena Pieper als royales Schwesternpaar Elsa und Anna, die sowohl einzeln als auch im Zusammenspiel stimmlich wie schauspielerisch brillieren. So gelingt Sabrina Weckerlin der hervorragende Spagat einer innerlich verunsicherten, aber stets beherrschten und unnahbaren Königin Elsa, die aus Angst vor Kontrollverlust ihren Wunsch nach familiärer Nähe übergeht und stattdessen seit Jahren die Heimlichkeit und Einsamkeit vorzieht. Diese Angst spitzt sich im Verlauf des Stückes so weit zu, dass der Rückzug in die völlige Isolation und das Verlassen der Schwester und ihrer Heimat für Elsa der einzig mögliche Ausweg zu sein scheint, um ihre Gefühle und die damit einhergehenden magischen Kräfte endlich zu- und loslassen zu können. Diese Entscheidung thematisiert der wohl bekannteste Song des Stückes, Lass jetzt los. Ist dieser Moment bereits ein echtes Filmhighlight, übertrifft er auf der Bühne alle ohnehin schon sehr hohen Erwartungen. In der Szene, in der die Eiskönigin die Bühne vor den Augen der Zuschauer:innen in ihren Eispalast verwandelt, bietet die Stage allerhöchstes Niveau im Theater an der Elbe - und das auf allen Ebenen: Im perfekten Zusammenspiel von modernster Bühnentechnik, eindrucksvoller dramaturgischer Elemente, starker Lichteffekte, einem punktgenauen Timing sowie einer Sabrina Weckerlin, die mit ihrer Stimmgewalt Elsas lange zurückgehaltenen Gefühlsausbruch im ganzen Saal spürbar werden lässt, wird ein Showstopper geschaffen, der auf den Bühnen der Welt seinesgleichen sucht.

Foto (c) Johan Persson


Aber auch Celena Pieper, die die eigentliche Hauptfigur des Stückes verkörpert, sorgt mit ihrer klaren Stimme für viele Bühnenhighlights (sehr eindrucksvoll: Zum ersten Mal seit langem). Als Elsas sympathische, etwas tollpatschige jüngere Schwester Anna scheint sie all das zu verkörpern, woran es ihrer älteren Schwester mangelt: Spontan, aufgeschlossen und sprühend vor Lebensfreude präsentiert Pieper eine sehr authentische Anna, die fest an ihre Schwester und die besondere Verbindung zu ihr glaubt. Sie lässt sich, im Gegensatz zur kopfgesteuerten Elsa, stets von ihrem Herzen leiten und ist mit ihrer unbändigen Stärke und Entschlossenheit am Ende die eigentliche Heldin des Stückes.

Foto (c) Johan Persson

Elindo Avastia spielt den schrägen aber liebenswürdigen Schneemann Olaf und ist damit ein weiterer Publikumsliebling des Stückes. Wie in der Filmvorlage lockert er die ernsteren Passagen der Geschichte mit seinen humorvollen Einlagen auf und bringt am Premierenabend Jung und Alt gleichermaßen zum Lachen. Die geschickt durch Körperbewegungen gesteuerte Puppe, die Avastia stets mit sich trägt, rundet das stark am Film orientierte Erscheinungsbild des Schneemannes angemessen ab, ohne dabei zu überspitzt zu wirken.

Foto (c) Johan Persson

Auch Milan van Waardenburg (Prinz Hans), Benet Monteiro (Kristoff) und der Rest des Ensembles überzeugen an diesem Abend in ihren Rollen und verkörpern die berühmten Filmcharaktere auf persönliche - und damit authentische - Art und Weise.

Foto (c) Johan Persson

Am Ende des Abends sind es vor allem die hier beschriebenen Stärken des Stückes, die uns beim Verlassen des Saals im Gedächtnis bleiben: Zum einen die berührende Geschichte der zwei Schwestern, die, von starken Metaphern und der Thematik des Loslassens begleitet, viele Identifikationsmomente bietet und von einer großartigen Cast überzeugend erzählt wird. Zum anderen die wunderbare Musik und die beeindruckenden, hochmodernen Bühnenbilder, die in dieser Qualität in deutschen Theatern nur selten zu finden sind. Und natürlich die besondere Magie, die im Zusammenspiel all dieser Faktoren entsteht und nicht nur die Kinderaugen der kleinen Elsas im Foyer zum Strahlen bringt. Denn auch den Erwachsenen Besucher*innen ist nach der Show anzumerken, wie viel Spaß es macht, für ein paar Stunden in diese Welt einzutauchen. Was nach der Show bleibt, ist die Botschaft des Stückes und dieser Funken Magie, den man mit nach Hause nimmt. Der, der das Gefühl zurücklässt, dass man mit Liebe und Zusammenhalt jede Eiszeit überstehen kann. Das tut gut - vor allem in Zeiten wie diesen.

Foto (c) Morris Mac Matzen

6 von 6 Sternen: ★★★                   
                                                                           Kritik:
Laura Schumacher

05.10. 2021 - Palladium Theater, Stuttgart

Sie sind noch lange nicht satt
TANZ DER VAMPIRE
in seiner vierten Spielzeit in  Stuttgart

‚Das Karussell dreht sich weiter‘ hörte man im Vorfeld immer wieder aus Reihen begeisterter Musicalfans auf die Ankündigung, dass Tanz der Vampire nun für eine vierte Spielzeit nach Stuttgart kommen soll. Damit verbunden…gemischte Gefühle. Die einen freuten sich wieder sehr, die anderen hatten auf eine neue noch nicht da gewesene Produktion im Schwabenländle gehofft. Ungetrübt dennoch die Stimmung am Premierenabend den 05.10.2021.

Wie immer hatten sich auch einige prominente Besucher angekündigt. Unter den rund 1.000 Premierengästen waren unter anderem: Prinzessin Micaela von Preußen, DSDS Gewinner und Sänger Daniel Schumacher, Fernsehmoderatorin Tatjana Geßler und Sängerin Anita Hofmann. Natürlich waren auch bekannte Musical-Gesichter unter den Gästen, so waren die drei Hauptdarsteller des im gegenüberliegenden Apollo Theater laufenden Produktion Aladdin und Deutschlands Ur-Graf von Krolock Kevin Tarte ebenfalls mit von der Partie.

Mit einer starken Performance der gesamten Besetzung sprang sofort der Funke auf das gesamte Publikum über. Es wurde mitgefiebert und gelacht, auch wenn manche Witze und Klischees mittlerweile den Anschein erwecken ausgelutscht zu sein. Bei Tanz der Vampire funktionieren sie noch immer. Selbst nach beinahe 25 Jahren hat die Show nichts an ihrem Zauber verloren. Besonders die Musik, des leider kürzlich (19. April 2021) verstorbenen Komponisten Jim Steinman bietet mit verschiedensten Stilen, von ruhigen Balladen bis hin zu rockigen Stücken, für jeden Geschmack etwas.

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. So hatte sich bereits im Vorfeld der Produktion nach der coronabedingten Zwangspause abgezeichnet, dass es diverse Änderungen am Ablauf geben wird. Um eine Trennung von Publikum und Besetzung zu gewährleisten, mussten altbekannte Abläufe wie beispielsweisen der ikonische Gang des Grafen durch das Auditorium gestrichen und möglichst elegant auf den Bühnenbereich begrenzt werden. Regisseur Cornelius Baltus hatte im Vorfeld angekündigt, dass er sich diese Überarbeitungen nicht leicht machen möchte, und Ideen entwickelt wurden, die auch in Zukunft problemlos eingesetzt werden könnten, wenn erforderlich. In einigen Fällen kann man sicherlich im Sinne der Sicherheit aller Beteiligten darüber hinwegsehen. Leider fehlte aber auch eine gewisse Grundspannung, die normalerweise das besondere Tanz der Vampire Erlebnis aus macht. Überraschungsmomente wie das plötzliche Anschleichen der Vampire von hinten oder der besonders lustige Moment nach Alfreds weiter Flucht vor seinem heißblütigen Verehrer Herbert blieben somit leider aus. So konnte man auch nach der Vorstellung aus verschiedenen Meinungen heraushören, dass sobald möglich die gewohnten Abläufe aus der Zeit vor Corona wieder übernommen werden sollten.

Insgesamt war der Auftakt am 05.10.2021 dennoch ein voller Erfolg und das Publikum begeistert. Abgelöst werden sollen die Vampire ab Oktober 2022 von Tina – Das Tina Turner Musical.

5 von 6 Sternen: ★★★                   
                              Kritik:
Sabrina Bühler; Fotos: Stage Entertainment

03.10. 2021 - Bochum

Ein Musical auch für die Jüngsten
STARLIGHT EXPRESS

Auch hier rollen die Rollschuhe wieder durchs Theater!
Über 1 ½ Jahre standen die Rollschuhe im Schrank, damit hätte auch hier nie jemand gerechnet, immerhin läuft das Musical in Bochum im eigens erbauten Starlight Express Theater seit 1988.

Nach zwei Previews fand am 3. Oktober 2021 das offizielle Re-Opening statt.

Wir haben die Show im November in vollen Zügen genossen. Neben „Disneys Der König der Löwen“ ist es eines der Musicals, das besonders auch für Kinder geeignet ist.
Ein kleiner Junge träumt nachts von einem Zugrennen. Sein Hauptdarsteller im Traum ist Rusty, die Dampflok. Rustys Kontrahenten und Gegner in den Rennen sind u.a. Greaseball, eine Diesellock und Electra, die moderne E-Lok. Rusty muss sich seinen Zweifeln stellen und gegen diese Züge im Rennen antreten. Ganz nebenbei hat er auch noch ein Auge auf Pearl geworfen, einen 1.Klasse Waggon.

Seit über 30 Jahren zieht das Stück alle Altersklassen in seinen Bann. Es wurde mehrfach ein wenig überarbeitet, zuletzt 2018 anlässlich des 30-jährigen Jubiläums in Bochum.

Kinder, die vorher noch nie ein Musical erlebt haben, bekommen hier alles geboten. Zuallererst natürlich die rasante Action auf Rollschuhen und Inline-Skates, die detailreichen Kostüme und natürlich die Bühne, die sich mit den Bahnen mitten im Publikum steht. Und zu guter Letzt wird das Geschehen noch mit faszinierenden Lichteffekten begleitet. Fasziniert zeigte sich das Publikum unter anderem über die Sternschnuppen bei dem Lied „Starlight Express“. Da wurde gerätselt, ob es sich um kleine Drohnen handelt. Und ja, die Sternschnuppen sind tatsächlich kleine ferngesteuerte Drohnen.

STARLIGHT EXPRESS ist selbst nah den vielen Jahren noch ein Erlebnis und absolut empfehlenswert auch für Kinder. Sie werden es lieben.

Aktuelle Informationen für euren Besuch bei STARLIGHT EXPRESS findet ihr auf der Homepage.

6 von 6 Sternen: ★★★                  
                              Kritik:
Verena Bartsch; Foto: Starlight Express

www.starlight-express.de

August 2021 - Festspielhaus Neuschwanstein

Interview mit
MATTHIAS STOCKINGER
(König Ludwig im Musical Ludwig²)

Im Festspielhaus Neuschwanstein wurde die Hauptrolle des König Ludwig mit mehreren alternierenden Darstellern besetzt. Einer von Ihnen ist seit 2016 Matthias Stockinger. Wir trafen ihn in Füssen vor der Show, um mit ihm unter anderem über die historische Person König Ludwig II. zu sprechen.

Wie bereiteten Sie sich auf so eine Rolle wie König Ludwig II. vor? Haben Sie sich viel mit seiner Geschichte befasst?

Ja habe ich. Jetzt immer noch. Ich habe gerade ein Buch mit Briefen zwischen Ludwig und Wagner entdeckt, die ich mir noch durchlesen muss. Also es geht immer weiter, aber als ich die Rolle zum ersten Mal gespielt habe, da habe ich mich damit sehr intensiv befasst. Ich habe Biografien gelesen, mir natürlich die Schlösser angeschaut und mich versucht in ihn reinzudenken und einzufühlen. Jetzt brauche ich vor jeder Vorstellung noch meine Zeit, in der ich für mich sein muss, auch wenn es nur 20 Minuten sind, klar, um auch die Stimme warm zu machen, aber auch, um mich emotional einzustimmen, damit ich eine gewissen Ernsthaftigkeit bekomme.

Welches Schloss gefällt Ihnen am besten?

Das kann ich schwer sagen, sie sind alle in sich so beeindruckend. Wo man, glaube ich, am meisten über ihn erfährt, ist Schloss Linderhof, weil er dort die meiste Zeit gelebt hat. Deshalb finde ich es auch am spannendsten und noch spannender als Schloss Neuschwanstein.
Schloss Neuschwanstein ist natürlich monumental beeindruckend. Ich meine, wir schauen jetzt gerade auch dahin, Wahnsinn. Aber wirklich spannend ist eigentlich Schloss Linderhof. Wenn man sich für den Charakter Ludwigs, was er für einen Geschmack hatte und mit was er sich umgeben wollte, da ist das eigentlich schon ganz gut, da mal reinzuschauen.


Wenn Sie ihn persönlich treffen könnten, gibt es etwas Bestimmtes was Sie ihn fragen würden?

Wenn es möglich wäre ihn zu treffen, dann würde ich nicht nur um eine Audienz bitten oder „Hallo“ sagen, ich würde gerne mit ihm ein richtiges Gespräch führen. Ich glaube, da würde ich einfach nur sitzen und ihm zuhören, um noch mehr zu verstehen, was in dem Menschen vorgeht, was seine Vision wirklich war. Ich denke, mit ihm hätte man Nächte lang philosophieren können, fantasieren und das wäre natürlich unglaublich, aber nicht möglich (lacht).


Hätten Sie gerne zur Zeit König Ludwig II. gelebt?

Nein, ich bin froh, dass ich jetzt lebe.

Wir: Ja, warum?

Es ist doch viel angenehmer. Wir haben viel Komfort in unserem Leben, in unserer Welt. Das ist etwas, was König Ludwig II. auch unbedingt wollte, weil es ihm damals zu wenig war. Er wollte ja auch die technischen Entwicklungen vorantreiben und davon profitieren, wie wir ja auch. In der damaligen Zeit zu leben wäre ja tatsächlich irgendwie ein Rückschritt und den würde ich nicht tauschen wollen.

Was ist das Besondere hier auf der Bühne bzw. gibt es etwas Besonderes?

Ja, also zum Einen die Bühne an sich. Die ist schon extrem in Ihren Dimensionen und technischen Möglichkeiten und dadurch auch in der Wirkung, die sie sowohl auf die Spielenden auf der Bühne und auch aufs Publikum hat. Und zum Anderen ist es natürlich auch, wenn man aus dem Theater geht. Ich meine, man sieht auf der Bühne, wie Ludwig versucht dieses Schloss zu bauen, seine Fantasien und geht man aus dem Theater, dann sieht man dieses Schloss angestrahlt, über dem Forggensee thronen. Das ist eine einmalige Kulisse, sowas gibt es kein zweites Mal.

Gibt es im Musical für dich einen magischen Moment?

Es sind so viele in dem Stück. Also ich mag die Szenen mit den Kindern unheimlich gern, mit den kleinen Ludwigs, das ist einfach immer ganz, ganz schön und jeder macht es auf seine eigene Art. Sie sind alle noch jung aber jeder hat schon so seinen eigenen Charakter, der im Spiel rauskommt.
Das finde ich total schön.
Aber dann gibt es einfach noch sehr, sehr intensive Szenen für mich zu spielen, die ich auch sehr mag, die aber auch viel abverlangen. Das sind die Verhaftung, das ist aber nicht mal „Kalte Sterne“, sondern die Szene davor mit König Ludwigs Bruder Otto. Die ist schon ziemlich intensiv. Es gibt viele schöne Momente mit Sisi. Aber einen Lieblingsmoment kann ich nicht so hervorheben.

Wie viel von der Rolle Ludwig nehmen Sie mit nach Hause?
Ich brauche nach der Vorstellung immer ein bisschen, bis ich wieder heru

tergekommen bin. Dass ich quasi die Rolle abstreife und wieder komplett ich bin, das dauert immer ein wenig. Deshalb bin ich auch immer einer der letzten, die aus dem Theater rauskommen, weil ich dann einfach die Zeit brauche und versuche zu Hause wieder möglichst ganz normal Matthias zu sein (lacht). Manchmal gelingt es, manchmal ist man noch gedanklich verhaftet, das kann schon sein.

Gibt es eine Rolle, die Sie unbedingt noch spielen möchten?

Unbedingt weiß ich nicht, aber es gibt Rollen die mich schon noch reizen würden. Das wäre zum Beispiel als Stück „Les Misérables“. Das finde ich total toll. Die Rolle wäre da gar nicht so wichtig, sage ich jetzt mal, aber das Stück. Musikalisch würde mir das, glaube ich, liegen. Natürlich wollte ich immer Mal Phantom spielen, aber da bin ich jetzt persönlich ein bisschen weg von dem en suite-Musical. Also achtmal die Woche spielen möchte ich eigentlich nicht mehr, aus privaten Gründen. Aber es gibt schon noch die eine oder andere Rolle die ich gerne mal machen würde, wobei ich jetzt hier mit Ludwig, der Päpstin und anderen Sachen, die vielleicht noch kommen, im Moment sehr ausgelastet bin, muss ich sagen.

Gibt es eine Bühne oder ein Theater, wo Sie unbedingt noch spielen möchten?

Nee, also nicht unbedingt. Ich habe auch auf kleinen Bühnen gespielt, das mag ich auch sehr, weil es so publikumsnah ist. Es muss nicht immer die große Bühne sein. Die ist auch toll, aber auch kleine Theater, wo man wirklich nahe am Publikum ist, sich nicht verstecken kann, wo man auch im Spiel sehr echt sein muss, das mag ich unglaublich gerne, das wäre auch mal wieder schön, aber auch größere Bühnen klar: Aber die eine Bühne, das Theater da muss ich jetzt hin, dass habe ich jetzt nicht.

Gibt es noch etwas, was Sie unseren Leser*innen mitteilen möchten?

Ja kommt alle ins Festspielhaus Neuschwanstein. Schaut euch das Stück an. Gerne, wenn ich den Ludwig spiele. Es lohnt sich. Aber auch meine Kollegen machen das, so höre, ich ganz toll. Ich sehe sie ja selber nicht, da ich ja dann nicht dort bin. Das Haus verdient es viel Publikum zu haben und braucht es auch. Denn es ist privatwirtschaftlich geführt und das ist genau in Zeiten von Corona besonders schwer, noch schwerer als sonst. Ich möchte an dieser Stelle einfach mal ein großes Dankeschön und Anerkennung an die Eigentümer Familie Rietzler, Manfred und Lisa, die das ganze hier durch die finanziellen Unwägbarkeiten mit durchtragen, sodass wir jetzt auch wieder spielen können. Das ist nicht selbstverständlich.


Wir bedanken uns ganz herzlich bei Matthias Stockinger für das nette Gespräch und wünschen ihm für seine berufliche und private Zukunft alles Gute und viel Erfolg.

                             Interview: Verena Bartsch; Fotos: Michael Böhmländer

17.07.2021 - Burgthater, Dinslaken

MUSICAL UNPLUGGED

Endlich wieder ...

Über 20 Sommernächte des Musicals in Dinslaken fanden schon statt, letztes Jahr dann Zwangspause wegen Corona. Aber dieses Jahr war in einem abgespeckten Rahmen endlich wieder Musicalatmosphäre in Dinslaken zu erleben. Statt über 1500 durften gerade einmal 750 glückliche Zuschauer*innen ins Freiluft Burgtheater, nämlich jene, die eine Karte ergattert hatten. Man musste natürlich geimpft, genesen oder getestet sein und saß auf Abstand. Dies wurde hier wunderschön umgesetzt. Zwischen den einzelnen Gruppen hingen Blumentöpfe an den Bänken, eine sehr nette Idee.

Der Name „Sommernacht des Musicals“ wurde heuer vom Veranstalter in MUSICAL UNPLUGGED umbenannt, und aus den ganzen Anmoderationen hörte man heraus, dass vielleicht auch weitere Konzerte in diese Richtung geplant sind. Vier Musiker und je zwei Musicalsängerinnen und -sänger standen auf der Bühne. Sabrina Weckerlin und Patrick Stanke waren natürlich mit von der Partie. Die beiden gehören bei der Sommernacht ja fast schon zum Inventar. Neben ihnen waren an diesem Abend noch Judith Caspari und Mark Seibert auf der Bühne.

Parallel wurde das ganze Event auch noch per Livestream angeboten. Es scheint als werden solche Hybrid-Musicalkonzerte auch nach der Pandemie bestehen bleiben, damit auch die Daheimgebliebenen etwas von diesem Abend haben. Der Livestream hatte sogar Zuschauer*innen aus Japan und Norwegen.

Aus aktuellem Anlass der erst kürzlich stattgefundenen Hochwasserkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz wurde der Konzertabend von allen vieren mit Lied: „Don´t stop Believing“ eröffnet.

Bei diesem Musicalkonzert wurde mehr Wert auf die akustischen Instrumente gelegt, so kam zum Beispiel auch ein Akkordeon zum Einsatz.

Für Judith Caspari war es ihr erster Auftritt in der Burgruine. Sie sang „Summertime“ aus „Porgy & Bess“. Und hier gab es auch ein Akkordeon Solo. Zusammen mit Mark Seibert begeisterte sie im „Rewrite the Stars“ aus „The Greatest Showman“.

Sabrina Weckerlin bezauberte das Publikum unter anderem mit „Finding Wonderland“ und „Ich bin bereit“. Natürlich kam auch der Spaß nicht zu kurz. So legte Patrick Stanke ein souveränes Fitnessworkout in Kombination mit „Eye of the Tiger“ aufs Parkett. Die Anwesenden waren begeistert.

Die ersten Standing Ovations bekam Patrick Stanke, nachdem er „Bring ihn heim“ aus „Les Misérables“ zum Besten gab. Begleitet wurde er lediglich durch Akkordeon und  Akustik-Gitarre - Gänsehaut pur.

„Pretty Woman“ hatte es durch Mark Seibert auch nach Dinslaken geschafft. Er sang aus dem Stück „Du und ich“. Die Songtexte für das Musicalstück hat Bryan Adams geschrieben.

Mit Caspari und Weckerlin in Dinslaken durfte natürlich ein Stück aus „Wicked“ nicht fehlen. Die beiden harmonierten perfekt bei „Wie ich bin“.

Das Liebesduett „Wehrlos“ aus „Die Päpstin“ gehört in Dinslaken schon zum Repertoire. Sabrina Weckerlin und Mark Seibert bewiesen dabei viel Gefühl.

Wenn schon der Tod in Gestalt von Mark Seibert in Dinslaken zu Gast ist, durfte sein „Der letzte Tanz“ nicht fehlen, ehe er im Duett mit Patrick Stanke bei „Die Schatten werden länger“ brillierte. Judith Caspari erntete für „Ich gehör nur mir“ Standing Ovations vom Publikum.

Auch bei „Das bin ich“ aus „Die Päpstin“, dargeboten von Sabrina Weckerlin, hielt es die Leute nicht mehr auf ihren Sitzen.

MUSICAL UNPLUGGED war ein gelungener Abend, der Lust auf mehr macht. Viele Zuschauer*innen haben förmlich aufgeatmet, endlich wieder Live-Konzerte statt Livestream-Konzerte erleben zu dürfen. So ging es natürlich auch den Solistinnen un Solisten, endlich wieder in reale Gesichter blicken zu können und die Emotionen mitzubekommen. Hoffen wir einfach mal, dass kein neuer Lockdown kommt.

6 von 6 Sternen: ★★★                   
                              Kritik:
Verena Bartsch; Fotos: Jürgen Vallerien

14.02.2021 - Oberhausen, Ebertbad
Musical goes Livestream
MARK SEIBERTS MUSICALS!

Mark Seibert im Ebertbad, das Publikum zu Hause im Wohnzimmer

Wer hätte das vor einem Jahr gedacht. Damit hat wahrscheinlich im März 2020 keiner gerechnet, dass wir uns ein Jahr später immer noch im kulturellen-Lockdown befinden.

Leere Säle, leere Bühnen… die Musicalszene steht still. Mittlerweile haben jedoch einige Theater, Konzertagenturen und Künstler*innen das Internet als Bühne entdeckt und streamen Konzerte teils live in die Wohnzimmer der Leute. Dass diese Art Theater zu produzieren jedoch niemals einen Show-Akt vor Ort ersetzen kann, ist allen bewusst. Man vermisst die Atmosphäre im Saal, die Geräusche, sich vorher mit Gleichgesinnten treffen, gemeinsam auf den schönen Abend freuen und sich nach der Show über das erlebte austauschen. Dies kann kaum vermittelt werden und wird schmerzlich vermisst. Und diese emotionalen Gänsehautmomente, wenn eine Künstlerin oder ein Künstler einen mit dem Gesang abholt, entstehen selten.

Auch Sound of Music Concerts greift seit geraumer Zeit auf Livestream-Events zurück. So stand am 14. Februar Mark Seibert im Ebertbad auf der Bühne, ohne seine treue Fangemeinde, nur mit ein paar Kameras, die auf ihn gerichtet waren und eine Handvoll Techniker im Hintergrund auf Abstand. - Eine ganz neue, ungewohnte Situation.

Unterstützt wurde er am Klavier durch Marina Komissartchik. Als Special Guests agierten Marle Mertens und Thomas Hohler.

Die Show war, wie üblich, in verschiedene Blöcke eingeteilt. Unter anderem präsentierte Mark Seibert Highlights aus seinen Rollen bei „Mozart!“, „Elisabeth“ und „Tanz der Vampire“. Neben dem Altbewährten, hatte der Musicalstar auch zwei Songpremieren mit im Gepäck.

Um zwei Lieder aus „Robin Hood“ singen zu dürfen, holte er sich bei Chris de Burgh persönlich die Genehmigung. Eines war das Duett „Endlich frei sein“ mit Marle Martens. Brilliant sein zweites Lied „Ich flieh in den Krieg“. Man darf gespannt sein, wann Mark Seibert live als Held in Strumpfhose auf der Bühne in Fulda zu sehen sein wird.

Natürlich durfte der Vampirblock nicht fehlen. Mark Seibert überzeugte als Vampiroberhaupt mit „Unstillbare Gier“. Seine Sarah bei „Totale Finsternis“ war an diesem Abend Marle Mertens.

Marle Mertens stand unter anderem als Kaiserin Elisabeth mit dem Lied „Ich gehör nur mir“ und im Duett mit dem Tod Mark Seibert bei „Der letzte Tanz“ auf der Bühne, überzeugte aber ebenso mit „Gold von den Sternen“ aus „Mozart!“.

Al Mozart konnte sich Thomas Hohler mit „Warum kannst du mich nicht lieben, wie ich bin“ beweisen.

Das Livestream-Event mit Mark Seibert war technisch auf hohem Niveau produziert. Die Solisten und Solistin haben sich großartig präsentiert, die Lieder wurden gut gewählt und aufeinander abgestimmt. Die Übertragung im Internet hat zu keiner Zeit gehakt und Ton- und Bildqualität waren einwandfrei. Sound of Music Concerts hat seine Qualitäten auch im Konzert-Streaming unter Beweis gestellt. Auch wenn es nicht die Live-Veranstaltungen ersetzt, so ist es in Zeit von Corona-Lockdowns eine ansprechende Alternative.


6 von 6 Sternen:
★★★
                   


Kritik:
Verena Bartsch
Fotos: Sound of Music Concerts

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Auf der Sechssaitigen im Schweinsgalopp durch die Welt des Musicals: Patrick Stanke live in Reckenfeld. Foto: Privat

10.12.2018 - Patrick Stanke, Reckenfeld

Hausbesuche mit der Klampfe

PATRICK STANKE im Wohnzimmer
:
Klangvolles zwischen Beistelltisch, Sofa und Eckkommode

Reckenfeld? Nie gehört! Ist aber, das gilt als ziemlich sicher, mit Stenkelfeld, wo die Leute immer so nachhaltig Weihnachten und Silvester feiern, weder verwandt noch verschwägert. Es handelt sich um einen Ortsteil von Greven im Kreis Steinfurt/Nordrhein-Westfalen. 8.360 Einwohner. Das haben Shiri und Cortana unabhängig voneinander herausgefunden. Und einen Pillenshop gibt’s da auch, die Hubertusapotheke. Die Pharmazeutin, Judith Löchter, besitzt ein ziemlich großes Wohnzimmer. Nicht ganz so groß wie ein Squash-Court, aber auch nicht viel kleiner. Ja, und dort haben sich außergewöhnliche Dinge abgespielt.  

Patrick Stanke, aktuell einer der gefragtesten Musical-Künstler in Deutschland, hat schon vor größerem Publikum gespielt. Aber selten hat ihm eine Show so viel Spaß gemacht. Was auf Gegenseitigkeit beruhte. Gerade mal 30 Augenpaare blickten dem Wuppertaler gespannt entgegen, als dieser zwischen Beistelltisch, Sofa und Eckkommode seine Klampfe auspackte. Es konnte ab- und losgehen. Die Operation "Rent a Pat" war angelaufen. Aber streng genommen lief das Ganze ja nicht auf Mietbasis, sondern war das Ergebnis einer Auktion. Der Wuppertaler hatte sich selbst versteigert. Zum Ersten, zu Zweiten, zum Dritten! Wer bietet mehr?  Es war Frau Löchter - with a little help from her (bis dato völlig unbekannten) friends.

Ansingen gegen die Vermüllung der Ozeane:

Man sollte diese Art der Event-Akquise vielleicht etwas erklären und hinterfragen. Der stimmstarke Allrounder, der im Sommer dieses Jahres als Häftlings-Nummer 24601 in der Tecklenburger Freilicht-Inszenierung von "Les Misérables" seinen bis dato größten Erfolg gefeiert hatte und aktuell als angehender Medicus in München das Skalpell schwingt, hat neben seinen diversen Bühnenverpflichtungen noch zahlreiche andere Baustellen und Präferenzen. Soziales Engagement und Umweltverantwortung gehören dazu. Gerade auf letzterem Sektor hat sich inzwischen ein höchst spannendes und vielversprechendes Pilotprojekt herausgebildet: "Pacific Garbage Screening".

Am besten mal googlen oder bingen, was man sich genau darunter vorzustellen hat. Verkürzt dargestellt: Es handelt sich um neue revolutionäre Methode, die zugemüllten Ozeane mittels einer großen schwimmenden High-Tech-Plattform vom erstickenden Plastikdreck zu befreien. Ein großer interdisziplinärer Stab von Freiwilligen - Forscher, Wissenschaftler, Studenten, Ingenieure und Techniker - arbeitet daran, die Grundlagen für den Bau der mobilen Anlage zu schaffen. Das verschlingt gewaltige Summen. Stanke wollte einen kleinen, bescheidenen Obolus zur Realisierung des ambitionierten Projekts beisteuern. Und versteigerte ein kleines privates Wohnzimmer-Wunschkonzert. Beim Höchstbietenden, so die Drohung, würde er daheim eine Stunde lang vorsingen und die Anreisekosten aus eigener Tasche bestreiten. Sofern das Catering stimme. Dahingehend waren seine Wünsche aber eher bescheiden: Eine Flasche Bier und eine Bratwurst.

Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten….

Dass es letztendlich ein mehr als zweistündiger Auftritt werden würde, war der gelösten Atmosphäre in der guten Stube der Gastgeberin geschuldet. Als sie seinerzeit beobachtet hatte, dass besagte Versteigerung aus dem Ruder laufen und ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen würde, hatte sie eine WhatsApp-Gruppe gegründet, um sich mit Gleichgesinnten zusammenzuschließen. Die fanden hier aus vielen Teilen der Republik zueinander - und trieben den Preis gemeinsam auf 2.500 Euro hoch. Bingo! 2.000 Euermänner hätten aber schon gereicht. Der Überschuss geht übrigens an die Organisation "Kindertal" in Wuppertal, die der Sänger ebenfalls unterstützt.

Zwischen Lady Gaga und Sweeney Todd:

Das Publikum war überschaubar: Patrick Stanke (vordere Reihe Mitte) nach getaner Arbeit. Mit einem kleinen intimen Wohnzimmer-Konzert beeindruckte der Musical-Künstler seine Fans in Greve. Apothekerin Judith Löchter (rechts neben ihm) hatten das außergewöhnliche Gastspiel bei einer Auktion ersteigert. Foto: Iris Hamann

Und dann ging es auf der Sechssaitigen und der Klaviatur eines zufällig in der Wohnstubb' herumstehenden Klaviers im Schweinsgalopp durch die klangvolle Welt des Musicals. Unplugged. Alles handgemacht. Zwischendurch schauten zwar auch schon mal Steven Tyler von Aerosmith, Lady Gaga, Peter Gabriel und der stets etwas überschätzte Ed Sheeran durchs virtuelle Fenster herein, aber im Wesentlichen war es eine spritzig-witzige One-Man-Hommage an das Musiktheater und die vielen unsterblichen Melodien, die es hervorgebracht hat.

Der gut aufgelegte Gast konnte dahingehend aus dem Vollen schöpfen. In vielen Produktionen hat er selbst die Hauptrolle gespielt, Klangperlen aus anderen Inszenierungen, bekannte und weniger bekannte, stehen regelmäßig auf der Set-List seiner "normalen" Konzerte. Da gaben sich Martin Guerre, Sweeney Todd, Jekyll & Hyde, der Medicus und Artus die Klinke und das Mikro in die Hand, während der Lion-King und der Nazarener auch kurz "guten Tag" sagten. Natürlich, Jean Valjean war auch da. Und im Vorgriff auf das neue "Bat out of Hell"-Musical in Oberhausen noch einen schönen Gruß von Meat Loaf: "What part of my body hurts the most".

Bericht © Jürgen Heimann

13.08.2018 - Staatsoper Hamburg, Hamburg
TITANIC - THE MUSICAL

Nach der erfolgreichen Tour durch das Vereinigte Königreich legt TITANIC – THE MUSICAL seinen finalen Stopp in der Hamburgischen Staatsoper ein. Das Musical von Peter Stone wird mit dem UK Cast in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln aufgeführt, somit kommen hier auch Leute, die dem Englischen nicht mächtig sind auf ihre Kosten. Die Übertitel sind dabei so angebracht, dass sie nicht vom Geschehen auf der Bühne ablenken.

Es gibt vermutlich nicht viele, die noch nie von der Titanic gehört haben. Dem größten Schiff seiner Zeit, welches 1912 auf seiner Jungfernfahrt mit einem Eisberg kollidierte. Bei dem Unfall kamen schätzungsweise 1500 der 2100 Menschen an Bord ums Leben. Von den Ereignissen zu wissen und sie auf der Bühne live zu erleben, ist dennoch ein Unterschied. Genau dies will das Musical unter der Regie von Thom Southerland zeigen: indem es nicht nur darstellt, was mit dem Schiff, sondern auch mit den Menschen an Bord geschehen ist.

Basierend auf den realen Events, sind die Namen aller Figuren real und gehören zu einer Person, die es wirklich auf der Titanic gegeben hat. Zwar gibt es dramaturgische Änderungen, doch das Gezeigte hält sich nahe den tatsächlichen Geschehnissen. Dies gibt dem Musical ein zusätzliches Gewicht, weiß man doch, dass die Figuren einmal reale Menschen gewesen sind, von denen die meisten damals ihr Leben gelassen haben.

Obwohl von Anfang an klar ist, dass es kein Happy End geben wird, geht es einem dennoch Nahe, die meisten der Charaktere letzten Endes sterben zu sehen und die Überlebenden berichten zu hören – und das ohne jegliche Musik oder Soundeffekte, die von der Rede ablenken würden. Nichtsdestotrotz klingt Titanic hoffnungsvoll aus, mit einer Wiederholung der kräftigen Chornummer „Godspeed Titanic“.

Die Unterschiede zwischen den sozialen Klassen sind eines der zentralen Themen des Musicals. Schlussendlich werden diese Schranken, welche die Klassen voneinander trennen, durchbrochen, wenn die auf der Titanic Zurückgebliebenen dasselbe Schicksal teilen. Die Figuren besitzen eine Gemeinsamkeit. Sie alle ersehnen sich ein besseres Leben und die Titanic soll ihnen dieses ermöglichen. So träumt das Irische Mädchen Kate McGowan aus der dritten Klasse, gespielt von Victoria Serra, in Amerika als Gouvernante zu arbeiten. Ihre Entschlossenheit, diesen Traum zu verwirklichen, bleibt selbst in den dunkelsten Stunden bestehen und Kate schafft es, sich gemeinsam mit ihrem Geliebten Jim Farrell (Chris McGuigan) auf einem Rettungsboot in Sicherheit zu bringen. 

Andere haben nicht so viel Glück. Lady Caroline Neville (Claire Marlowe) aus der ersten Klasse sehnt sich danach, in Amerika endlich Charles Clarke (Stephen Webb) aus der zweiten Klasse heiraten zu können. Clarke bleibt allerdings auf der Titanic zurück. Ebenso entscheidet sich das erste Klasse Pärchen Isidor und Ida Strauss, welches von Dudley Rogers und Judith Street dargestellt wird, auf der Titanic zu bleiben, damit andere in Sicherheit kommen können. Die zwei sterben schließlich gemeinsam, ein Moment, der ans Herz geht.

Niall Sheehy als Chefheizer Frederick Barrett besitzt eine Stimme, die selbst im Chor herauszuhören ist. Barrett verlobt sich an Schiff mittels Telegramm mit seiner in der Heimat zurückgebliebenen Liebe in dem Lied „The Proposal/The Night Was Alive” – ein Ohrwurm, der von Sheehy und Oliver Marshall als Funkoffizier Harold Bride großartig performt wird.

Fast jeder bekommt ein Solo. Eines, welches sicher in Erinnerung bleibt, ist „Mr. Andrews‘ Vision“, welches von Greg Castiglioni gesungen wird. Castiglioni demonstriert hier seine kräftige Stimme, wenn er als Chefarchitekt der Titanic dem Wahnsinn verfällt und sich den Tod der Passagiere vorstellt, bevor auch Andrews stirbt.

Die Figuren wissen nicht, was ihnen bevorsteht. Die meisten waren selten glücklicher als auf der Titanic, insbesondere Alice Beane (Jacinta Whyte) aus der zweiten Klasse, die immerzu die Nähe zu den Prominenten aus der ersten Klasse sucht. Ihre Annäherungsversuche fallen ihrem Ehemann Edgar (Timothy Quinlan) zur Last, beim Publikum hingegen sorgen sie für Lacher.

Die Musik von Maury Yeston passt zur damaligen Zeit und die eingängigen Melodien werden einen noch lange begleiten. Die Lieder haben öfters auch einen unheilvollen Touch, der vor allem in dem von Joel Parnis als Frederick Fleet gesungenen „No Moon“, dem letzten Song des ersten Aktes zur Geltung kommt. Die Nacht scheint ruhig zu sein, je länger das Lied voranschreitet, desto unheimlicher wird die Atmosphäre. Die ominöse Musik mit bedrohlichem Unterton erscheint das Publikum als Warnung: gleich geschieht das Unglück. Wenn in den letzten Momenten auch noch das Theater zu beben beginnt, entsteht Gänsehaut.

Die Bühne von David Woodhead ist simpel jedoch effizient gestaltet. Das Design zeigt, dass weniger oft mehr sein kann und dass nur ein paar Requisiten vonnöten sind, um die Ortswechsel glaubhaft darzustellen. Die Kostüme – ebenfalls von David Woodhead – sind der damaligen Zeit angepasst und stellen die unterschiedlichen Klassen gut dar. Das Lichtdesign von Howard Hudson beginnt mit hellen Lichtern, die nach und nach dunkler und düsterer werden. Die dadurch erzeugte Atmosphäre stellt den Umschwung von Hoffnung in Verzweiflung perfekt dar.

Mit derart vielen Charakteren und keinem wirklichen Protagonisten leistet der gesamte Cast Großartiges. Ihm gebührt ein Kompliment, stellen die Schauspieler die Figuren derartig dar, dass sie alle im Gedächtnis bleiben. Der erste Akt gibt den Personen genug Raum und bringt sie dem Publikum näher, sodass man mit ihnen im zweiten Akt mitfiebert, wenn das Unglück geschieht.

Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um diese Produktion live zu erleben. TITANIC – THE MUSICAL setzt bereits am 19. August zum letzten Mal die Segeln und man sollte sich das nicht entgehen lassen!

Kritik © Lisa A. Murauer
Fotos © Scott Rylande
r und Anabel Vere

19.06.2018 - Volksbühne am Rudolfsplatz, Köln

JA, ICH MUSS
von Rolf Sperling & Björn Heuser

Ist es ein Musical oder eine Komödie? Es geht auch anders und zwar ein Komödical.
Gespielt wird Köln, auf der Volksbühne am Rudolfplatz und natürlich auf Kölsch.

Das Bühnenbild ist schlicht, aber ausreichend und passend.
Die ganze Handlung spielt sich quasi im Vorraum der Gästetoilette ab, bei der Toilettenfrau Theresa im Hotel. Vom Zuschauer links gesehen befindet sich die Herrentoilette und rechts die Damentoilette.

Die Story:
Im Hotel wird eine Hochzeit vorbereitet. Sandra und Sven werden heiraten. Zur selben Zeit  findet im Haus auch ein Seminar statt.
Bräutigam Sven möchte einfach kurz vor der Trauung nochmal auf die Toilette. Im Vorraum trifft er auf die Toilettenfrau Theresa und die „Gelegenheitsdame" Jacqueline, die gerade einen Wasserrohrbruch auf der Damentoilette entdeckt haben. So nimmt das Chaos seinen Lauf.

Eine simple Idee aber genial umgesetzt, mit viel Witz und Humor. Neun Darsteller bringen die schöne Geschichte auf die Bühne. Musikalisch ist es ein bunter Mix aus Balladen bis hin zu rockigen Nummern. Gesungen und gesprochen wird auf Kölsch. „Königin der Keramiken" oder „Mann der Feuchtgebiete" sind nur einige Zitate aus dem Stück.

Regisseur Rolf Sperling steht als Seminarteilnehmer Daniel Taubenbichel selbst mit auf der Bühne. Angelika Mangold spielt die Klofrau „Theresa Wiefelspütz". Sie hat einfach alles hinter ihrem Tresen, für jeden Zweck das richtige; ob Stecknadel für das Brautkleid oder Kondome für die Seminarteilnehmer. Heraus sticht Carmen Quetting als Gelegenheitsdame „Jacqueline Kros Ösmüller". Sie spielt ihre Rolle überaus authentisch. Barbara Fischer als „Ingeborg Meier“, die Großtante der Braut, sorgt  für die meisten Lacher. Sie rast, gefühlt alle paar Minuten, durch den Vorraum auf die Damentoilette. Auf dem Rückweg hat sie jedesmal Klopapier hinten am Rock hängen. Ulli Fuchs als „Sandra Haster“, die Braut, verbringt eine Ewigkeit auf der Damentoilette, um ihr Brautkleid anzuziehen, während ihr zukünftiger Bräutigam „Sven Vogel“, gespielt von Jörg Quetting, ganz andere Sorgen hat. Als Klempner hat er sich natürlich um den Wasserrohrbruch gekümmert und dabei der Gelegenheitsdame Jaqueline sein Jackett zum Halten gegeben, damit es nicht schmutzig wird. Die hat es sofort angezogen und will es nun nicht mehr hergeben. So nehmen die Dinge ihren Lauf.

JA, ICH MUSS ist ein überaus sehenswertes Stück. Als Zuschauer kann man sich nun auch richtig gut vorstellen, dass so manche Toilettendame so einiges zu erzählen hat.

Kritik von Verena Bartsch
Produktions-Fotos © Tim Quetting

25.02.2018 - Stage Apollo Theater, Stuttgart

Disney DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME

Schön ist…wer mit dem Herzen und nicht mit den Augen sieht.

Schön ist…wer bedingungslos lieben kann.

Schön ist…wer das Wohl eines geliebten Menschen über das eigene stellt.

Diese besonderen Botschaften soll uns das Disney-Musical „Der Glöckner von Notre Dame“, welches vergangenen Sonntag nun offiziell im Stage Apollo Theater in Stuttgart eingezogen ist, vermitteln. Wir waren für euch bei der Premiere und haben mit Quasimodo gelitten und geliebt.

Die Story:
Basierend auf dem Roman-Klassiker von Victor Hugo sowie dem Disney-Zeichentrickfilm aus dem Jahre 1996 zeiht die Geschichte des missgebildeten Glöckner von Notre Dame bis heute Kinder wie auch Erwachsene in seinen Bann. Fern ab von der Außenwelt, wird er von Erzdiakon Claude Frollo hoch über den Pariser Straßen versteckt um ihn scheinbar vor der Welt und ihrer Grausamkeit zu bewahren. „Die Welt ist schlecht, die Welt ist böse…“ lehrt der Domprobst seinem Schützling, dass ihn niemand da draußen für das akzeptieren würde, was er war. Ein Scheusal. Die Menschen sähen mit den Augen und nicht mit dem Herzen. Erst als er das Zigeunermädchen Esmeralda kennenlernt, erkennt er, dass die Welt dort draußen aus der Nähe sehr viel bunter ist als er es sich je hat Träumen lassen und er hat den Mut sich der Welt und deren Grausamkeiten zu stellen.

Wieder einmal hat sich Disney mit der Umsetzung eines Klassikers selbst übertroffen. Die Musical-Inszenierung des Glöckners bietet seinen Gästen ein Feuerwerk der Bühnenkunst. Neben den fantastischen Hauptdarstellern, welche Ihre Rollen mit Herzblut verkörpern, glänzt auch das Ensemble und der Chor zum vollen Orchestersound. Gewaltige Chornummern treiben einem regelmäßig eine angenehme Gänsehaut auf den Körper. Besonders beeindruckend sind auch die sieben Glocken welche im Bühnenbild angebracht sind und während der Show mehrfach zum Einsatz kommen. Damit der Effekt besonders echt wirkt, sind in den Glocken Sensoren, welche den Glockenton auslösen, während der Darsteller diese Glocken zum Schwingen bringt. Außerdem sorgt ein komplexes Sondsystem dafür, dass man als Zuschauer tatsächlich den realistischen Eindruck bekommt in einer mittelalterlichen Kathedrale zu sitzen. Wer es noch nicht gesehen hat sollte sich daher jetzt die besten Plätze beim „Glöckner von Notre Dame“ sichern. Ihr werdet begeistert sein.

Besetzungsinfo Medienpremiere Samstag 17. Februar 2018, 19:30

Quasimodo – David Jakobs
Esmeralda – Mercedesz Csampai
Erzdiakon Claude Frollo – Felix Martin
Hauptmann Phoebus de Martin – Maximilian Mann
Leutnant Frederic Charlus – Milan van Waardenburg
Jehan Frollo – Nico Schweers
Clopin Trouillefou – Gavin Turnbull

Florika – Kristina Love
Pater Dupin – Thomas Schreier
König Louis XI. – Stefan Poslovski
Madame – Barbara Raunegger
St. Aphrodisius – Romeo Salazar
Die Gemeinde – Sina Pirouzi, Yuri Yoshimura, Daniel Therrien, Daniel Rakasz, Mike Sandomeno

Einen ausführlichen Bericht könnt ihr im April-Mai Heft des musicalcocktail 134 lesen!

Kritik von Sabrina Bühler, Fotos von Detlev Overmann

30.11.2017 - Victor´s Residenz-Hotel, Saarlouis

WORLD OF DINNER präsentieren

Zodwa Selele beim STAR MUSICAL DINNER

Ein Abend voller musikalischer und kulinarischer Highlights erwartete die Besucher des STAR MUSICAL DINNERS am 25.11.2017 im Victor’s Residenz-Hotel in Saarlouis. Bei der vierstündigen Show sorgten neben einem erlesenen Vier-Gang-Menü vor allem Musical-Star Zodwa Selele und ihre Gäste David Michael Johnson, Jeanette Friedrich und Stefan Gregar für große Genussmomente in intimer Atmosphäre.

„Denn sie ist fabelhaft, Baby!“ Bereits mit den ersten Tönen ihrer Eröffnungsnummer ließ Gastgeberin Zodwa Selele keinen Zweifel daran, dass das nicht nur auf ihre Paraderolle Deloris van Cartier aus dem Musical SISTER ACT zutrifft. Neben ihrem sechsjährigem Engagement als Nonne wider Willen, für das sie von Whoopi Goldberg persönlich ausgewählt wurde, begeistert die in Deutschland geborene Südafrikanerin in Stücken wie KÖNIG DER LÖWEN, AIDA und HAIR das Publikum. Momentan ist sie in der BODYGUARD Inszenierung der Stage Entertainment im Palladium Theater in Stuttgart zu sehen.
Umso spannender war es daher, von der erfolgreichen Darstellerin abseits der großen Musicalproduktionen in einem deutlich kleineren Rahmen begrüßt zu werden. Ganz ohne die Unterstützung eines großen Ensembles und spektakulärer Showeffekte erlebten die Dinnergäste keinen Musicalstar, sondern eine authentische Künstlerin, die nicht mehr als ihre markante, soulige Stimme und ihr ausdrucksstarkes Spiel benötigte, um zahlreiche musikalische Gänsehautmomente zu schaffen. Nicht von der großen Bühne aus, sondern vor und zwischen den Dinnertischen gelang es Zodwa und ihren Gästen, die bewegendsten Musicalgeschichten so zu erzählen, dass die Besucher ein Teil davon wurden und die unterschiedlichsten Stimmungen und Emotionen auch in den letzten Winkel des Saals überschwappten.
Die Liederauswahl bot dabei eine erfrischende Mischung aus den bekanntesten Stücken des Genres und den Karrierehöhepunkten der Gastgeberin:

Im ersten größeren Block präsentierten die Solisten das Musical AIDA, indem vor allem das Duett von Zodwa Selele und Stefan Gregar („Sind die Sterne gegen uns“) überzeugte.
Mit einer stimmgewaltigen Interpretation von „Erinnerung“ aus CATS eröffnete Jeanette Friedrich den zweiten Block, der vier starke Soli bereithielt: Neben „Draussen“ (DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME, Stefan Gregar) und „Einsames Gewand“ (DIE PÄPSTIN, Zodwa Selele) lieferte David Michael Johnson ein echtes Highlight des Abends ab: Ohne Mikrofon, aber mit viel Gefühl sang er „Bring ihn heim“ aus LES MISÉRABLES und überspielte damit gekonnt die technischen Probleme der Tonabmischung, die an diesem Tag leider gehäuft auftraten und neben Verwirrungen bei den Solisten und Zuschauern zu zu lauter Hintergrundmusik und stellenweise nur schwer zu verstehenden Songtexten führten. Dass das der musikalischen Darbietung aber Dank der gesanglichen Leistung der vier Künstler kaum einen Abbruch tat, zeigten auch die beiden nächsten Blöcke, in denen die Disneystücke ALADDIN und MARY POPPINS sowie die Publikumslieblinge TANZ DER VAMPIRE („Totale Finsternis“), ELISABETH („Wenn ich tanzen will“) und WICKED („Was fühl’ ich in mir?“) vertreten waren. Außerdem sang Stefan Gregar eine bewegende Version der „Musik der Nacht“ (DAS PHANTOM DER OPER), in
der ihm seine Opernerfahrung deutlich zugute kam und für Begeisterung im Saal sorgte.
Seine Wandlungsfähigkeit stellte er ebenfalls unter Beweis, in dem er dem eben noch gerührten Publikum im Lederoutfit mit „Sweet Transvestite“ und dem daran anschließenden „Time Warp“ (beides ROCKY HORROR SHOW) ordentlich einheizte. Den offiziellen Abschluss des Programms bildete ein stimmungsvolles Medley aus SISTER ACT, bevor Zodwa Selele in ihrer Zugabe noch einmal deutlich machte, warum sie in Stuttgart täglich auf der großen Bühne steht: Ihr „I will always love you“ (BODYGUARD) ging unter die Haut und erntete völlig zurecht stehende Ovationen.
Neben den abwechslungsreichen Musikblöcken sorgte vor allem die lockere und sympathische Art der Gastgeberin für einen unterhaltsamen und sehr kurzweiligen Abend. Die Freude am Spiel und der gesamten Show waren ihr und ihren Gästen durchgehend anzumerken, weshalb auch ihre Worte im Interview mit WORLD OF DINNER nur zu bejahen sind:

„Es ist mir wichtig, authentisch zu sein und die Menschen mit der größtmöglichen Bühnenpräsenz nachhaltig zu berühren. Ich lege immer mein ganzes Herz in meinen Gesang und denke, das spürt das Publikum.“

Wer sich davon selbst überzeugen möchte, hat auch im nächsten Jahr noch die Gelegenheit dazu: Ab dem 27.04.2018 laden Zodwa und ihre Gäste in München, Saarlouis (21./22.09.18) und Kassel (09.11.18) erneut zum STAR MUSICAL DINNER.

Kritik und Fotos von Laura Schumacher

16.11.2017 - Deutsches Theater München

Disney Der Glöckner von Notre Dame (Tournee)
Gastspiel im Deutschen Theater München

Am 12. November 2017 feierte das Musical eine fulminante Premiere im Deutschen Theater in München. 

Den Zuschauer erwartet ein wahrlich beeindruckendes Bühnenbild. Ein Hingucker sind sicher die riesigen Glocken. Eine große Bedeutung kommt auch der Beleuchtung zu, mal wird die Bühne in kaltes Licht getaucht, mal ist es flammenrot, mal sieht man bedrohliche Schatten. Die Musik ist, wie der Inhalt des Musicals, keine leichte Kost. Dennoch finden sich einige Ohrwürmer, zum Beispiel das Auftrittslied von Esmeralda „Rhythmus meines Tamburins“, „Spaß und Freude“ und „Esmeralda“. Die Besetzung kann man als überaus gelungen bezeichnen.

Felix Martin spielt Erzdiakon Frollo mit einer Schärfe und Härte in der Stimme, die einem das Fürchten lehrt. Für seine ausdrucksstarke Interpretation des Liedes „Das Feuer der Hölle“ erhält Felix Martin zu Recht minutenlangen Applaus.

David Jakobs als Quasimodo wirkt liebenswert und unschuldig. Man muss ihn einfach gern haben. Im Lied „Draußen“ spürt man seine große Sehnsucht, endlich mal aus dem Glockenturm rauszukommen. Ans Herz geht auch das Lied „Ort der Wunder“, wenn Quasimodo erkennt, dass Esmeralda nicht ihn, sondern Phoebus liebt.

Sarah Bowden ist eine sehr warmherzige Esmeralda. Besonders berührend sind ihre Lieder „Hilf den Verstoßnen“ und „Einmal“. Letzteres singt sie gemeinsam mit Maximilian Mann, der Hauptmann Phoebus de Martin spielt. Sein Auftrittslied „Spaß und Freude“ zeigt die zwei Gesichter des Hauptmanns. Mühelos gelingt Mann der Wechsel von einem scheinbar oberflächlichen, charmanten Charakter, zu jemanden, der von schrecklichen Erinnerungen geplagt wird und seine ernsten Seiten hat. Die Chemie zwischen Sarah Bowden und Maximilian Mann stimmt, und nicht wenige werden zu Tränen gerührt, wenn sie ihr letztes Duett singen. 

Als Anführer der Zigeuner fungiert Jens Janke als Clopin. Man merkt, welche Freude ihm die Rolle macht. Zwischendurch blitzt ein Schelm durch, und dieser Eindruck wird noch durch das harlekinartige Kostüm verstärkt. Im Lied „Wunderhof“ zeigt er auch seine berührend, verletzliche Seite.

In diesem Musical werden alle Figuren zu Erzählern. Dies verlangt dem gesamten Cast sehr viel ab. Sie müssen nicht nur ständig in neue Kostüme schlüpfen, sondern natürlich auch schauspielerisch verschiedenste Rollen verkörpern. Zudem werden sie bisweilen auch zu unbelebten Requisiten, wenn sie zum Beispiel jemanden verstecken. Das gesamte Ensemble wirkt sehr harmonisch und gut aufeinander eingespielt. 

Ein 24-köpfiger Chor macht vor allem die Kirchenszenen besonders stimmungsvoll und gibt dem Zuschauer das Gefühl, tatsächlich in einer Kirche zu sein, in der es hallt und das Licht düster ist.

Dieses Musical ist eindeutig keine leichte Kost und für jüngere Besucher nicht geeignet – völlig zu Recht gibt es eine Altersgrenze von 12 Jahren. Als Beispiel sei hier die Szene zu erwähnen, in der Quasimodo vom außer Kontrolle geratenen Mob gedemütigt und ausgepeitscht wird. Dies ist ein Augenblick, der schwer an die Nieren geht. Im Gegensatz zum bekannten Disney Film hat das Musical kein Happy End. Die Düsternis und Schwermut der Geschichte wird durch die Musik verstärkt. 

Fazit des Abends: völlig zu Recht gab es am Ende des Stücks Standing Ovations für die Leistung aller Beteiligten.

Kritik von Veronika Murauer
Produktions-Fotos © Johann Persson
Foto - David Jakobs im Glockenturm der Münchner Kirche St. Maximilian © Deutsches Theater München

Den ausführlichen Bericht findest du im musicalcocktail, Ausgabe 132!

19.10.2017 - Musical Dome Köln

Tanz der Vampire - Presscall
ab Februar 2018 im Musical Dome Köln

„Tanz der Vampire“ feiert dieses Jahr sein 20- jähriges Bühnenjubiläum in Wien. 

„Tanz der Vampire“ basiert auf dem gleichnamigen Kinospielfilm von Roman Polanski aus dem Jahre 1967. In 14 Ländern wurde das Musical bereits aufgeführt, aber um Köln hat es immer einen Bogen gemacht. Zurzeit ist es in Deutschland auf Tour und gastiert gerade in Hamburg. Anschließend zieht es die Blutsauger endlich nach Köln. Am 14. Februar 2018 starten die Previews und am 17. Februar findet die Premiere statt. Bis zum 30. Juni 2018 heißt es dann im Musical Dome „Es laden die Vampire zum Tanz“.

In Köln wird auch ein ganz neuer Graf zu sehen sein, David Arnsperger übernimmt erstmals die Rolle des Blutsaugers Graf von Krolock. Zudem stand er noch nie im Musical Dome auf der Bühne. In Hamburg probt David Arnsperger bereits für die Rolle. Er wird dort ab dem 20. Dezember 2017 als Vampir zu sehen sein. Damit löst er Kevin Tarte ab, der im Dezember für kurze Zeit zurück in die Rolle schlüpft.

„Es ist eine tolle Rolle. Für mich war es schon länger ein Traum, diese Rolle spielen zu dürfen, der jetzt in Erfüllung geht“ so David Arnsperger. Seine Lieblingsszenen aus dem Stück sind die Schlussszene im ersten Akt vor dem Schloss, die Arie „Die unstillbare Gier“ und natürlich Sarah zu beißen.

Seien wir gespannt auf den neuen Grafen. Arnsberger erster Auftritt war schon mal sehr vielversprechend.

Fotos, Video, Text © Verena Bartsch

August 2017 - Melziger Zelzpalast

Monty Python´s SPAMALOT 

Vom Salzburger Landestheater in den Merziger Zeltpalast - begleitet von klappernden Kokosnüssen, schallendem Gelächter und großem Premierenapplaus sind König Artus und sein Gefolge am 16.08.17 auf der saarländischen Bühne eingetroffen:
Bis zum 03.09.17 zeigte Musik und Theater Saar den Broadwayerfolg SPAMALOT in der Inszenierung von Andreas Gergen und bewies damit ein weiteres Mal, dass ein Besuch der größten freistehenden Zeltbühne Europas unter Musicalfans längst kein Geheimtipp mehr ist.

Die Handlung ist bekannt und schnell erzählt: Angelehnt an Monty Pythons Filmklassiker „Die Ritter der Kokosnuss“ begibt sich Artus, der König der Briten, im Jahr 932 in England auf die Suche nach dem heiligen Gral und galoppiert dabei von einer absurd-skurrilen Situation in die Nächste.

In Merzig wurde die Persiflage der Artuslegende prominent besetzt: Uwe Kröger zeigt sein komödiantisches Talent durch herausragende Mimik und Gestik und Franziska Becker gibt eine stimmgewaltige Fee aus dem See. Aber auch Armin Kahl, Andreas Lichtenberger und der Rest der Cast sorgten durch sichtbare Spielfreude und punktgenaues Timing in schrägen Dialogen für zahlreiche komische Momente.

Kritik von Laura Schumacher
Fotos: Zeltpalast Merzig

Der typisch britische Humor zieht sich durch das gesamte Stück und prägt neben den Texten auch
die schrillen Choreographien, die schillernden, mit Emoticons bestickten Kostüme und das
farbenfrohe Bühnenbild. Die Zuschauer zeigten sich begeistert von dem überdrehten
Bühnenspektakel und der eindeutigen Botschaft, mit der sie aus der Show entlassen wurden:
„Nimm das Leben beschwingt, hab einfach Spaß!“

Foto: Holger Bulk

29.07.2017 - Freilichtbühne Tecklenburg

SHREK - Das Musical
schräg, skurril, bunt, witzig und fetzig!

Shrek ist ein witziges und peppiges Musical für die ganze Familie. Das Musical basiert auf dem Film Shrek aus dem Jahre 2001.

Inhalt:
Die Geschichte beginnt mit Rabeneltern. Zum einen die Eltern von Fiona (Roberta Valentini), die als kleine Prinzessin von ihren Eltern in einen Turm verbannt und dort gefangen gehalten wird, denn auf ihr liegt ein schrecklicher Fluch. Dort wird sie von einem Drachen bewacht. Sie muss solange im Turm bleiben, bis ein tapferer Held sie durch einen Kuss aus wahrer Liebe vom Fluch befreit.
Shrek (Tetje Mierendorf) ist ein Oger. Er wird als Kind von seinen Eltern ausgesetzt und muss von nun an allein zurechtkommen. Er wird von den meisten als gefährlich und dumm und hässlich angesehen. Daher hat er sich in einen Sumpf zurückgezogen und lebt dort alleine aber glücklich.
Lord Farquaad (Robert Meyer), kleinwüchsig wie ein Zwerg, Herrscher über das Land „DuLoc“, verbannt alle Fabelwesen in den Sumpf, in dem Shrek lebt. Skrek ist das alles zu viel, er macht sich auf den Weg zu Lord Farquaad und trifft unterwegs auf einen sprechenden Esel (Thomas Hohler), der ihn von nun an begleitet.
Lord Farquaad würde gerne König werden. Shrek schließt mit Farquaad einen Handel ab: wenn er Prinzessin Fiona aus dem Turm befreit und zum Lord bringt, darf er seinen Sumpf wieder für sich allein haben. Durch eine Heirat mit Fiona würde Lord Farquaad König werden.
Shrek begibt sich zusammen mit dem Esel ins große Abenteuer. Sie können Fiona aus dem Turm befreien. Als Ritter hat sich Fiona aber jemand anderen vorgestellt als Shrek, der sie rettet. Doch sie erfährt von ihm, dass er sie nur zu Lord Farquaad bringen soll.
Der Rückweg nach DuLoc ist nicht gerade einfach, Shrek und Fiona, aber auch der Esel und die Drachendame verlieben sich ineinander. Weder Shrek noch Esel wissen, dass sich Fiona nachts auch in einen Oger verwandelt.
Der Esel findet dieses Geheimnis heraus und versucht Fiona zu überreden, bei Shrek zu bleiben. Shrek lauscht zufällig dem Gespräch, er bekommt aber nur mit als Fiona sagt, dass niemand ein Monster lieben könnte. Er denkt natürlich, dass sie ihn meint. Am nächsten Morgen bringt er Lord Farquaad zu Fiona, die wieder Menschengestalt hat. Shrek verabschiedet sich eiskalt von Fiona und sagt ihr, dass sie richtig liege und niemand ein Monster lieben könne. Sie denkt, er spricht von ihr, obwohl Shrek sich selber als Monster bezeichnet.
Fiona beschließt, Farquaad zu heiraten, ist aber nicht glücklich bei dem Gedanken.
Der Esel klärt derweil das Missverständnis auf und erzählt Shrek alles.
Shrek und Esel verhindern mit Hilfe der Fabelwesen und der Drachendame in letzter Minute die Hochzeit.
Shrek und Fiona küssen sich endlich, ein wahrer Kuss, der Fluch von Fiona wird aufgehoben und sie nimmt nun endlich für immer die Gestalt einer Ogerfrau an.

Foto: Holger Bulk

Das Stück in Tecklenburg überzeugt durch ein witziges buntes Gesamtbild. Die Tecklenburger Inszenierung lebt vom Bühnenbild (Susanna Buller) und den Kostümen (Karin Alberti). Dabei gab es viele Highlights: Menschen verkleidet als Klatschmohn, Kornblumen und Sonnenblumen verwandeln die Bühne. Imposante Bäume erscheinen, große, durch Darsteller auf Stelzen und kleine mit viel Blattwerk.
Neben der imposanten Drachendame stellen zwei Männer die Flügel des Drachen dar. Unzählige Ratten rocken die Bühne als Stomp. Die Ritter von Lord Farquaad tanzen Schwanensee und der Esel macht einen auf Falco. Für den nötigen Pep sorgt ebenfalls der witzige Esel dargestellt von Thomas Hohler. Robert Meyer als Lord Farquaad sticht darstellerisch und gesanglich heraus. Er spielt den Lord  prima und robbt dabei die ganze Zeit auf Knien über die Bühne.

Fotos: Holger Bulk

Die beiden Hauptdarsteller Tetje Mierendorf als Shrek und Roberta Valentini als Fiona rülpsen und pupsen durchs Stück, wo darf man das schon!
Anspielungen werden gemacht auf verschiedene Filme wie „Spaceballs“ oder „Tribute von Panem“. Donald Trump wird in diesem Stück auch auf die Schippe genommen und die Merkel-Raute wird nachgeahmt.

Ein schöner, bunter Abend!!

Fotos von Holger Bulk:

Fotos von Andre Havergo:

Kritik von Verena Bartsch

28.07.2017 - Freilichtbühne Tecklenburg

REBECCA - Das Musical
ganz großes Kino 

"Rebecca"  ist dieses Jahr das Stück in Tecklenburg. Tiefe Emotionen und pure Spannung auf der Freilichtbühne mit wenigen Mitteln so gut umgesetzt, dass es bestimmt auch Hitchcock ein Strahlen ins Gesicht gezaubert hätte. Eine atemberaubende Inszenierung von Regisseur Andreas Gergen.
Das Musical basiert auf dem Buch von Daphne du Maurier. Eine der bekanntesten Verfilmungen ist die von Alfred Hitchcock aus dem Jahr 1940, ausgezeichnet durch  Oscars für Regie und Kamera und 7 weitere Nominierungen bei den Academy Awards.
Bei der Premiere war u.a. auch Sylvester Levay anwesend und der Intendant Radulf Beuleke lüftete bereits das Geheimnis, welches Stück im kommenden Jahr zu sehen sein wird: "Les Miserables". 

"Rebecca", eine mitreißende Geschichte voller Hingabe, Wut, Verzweiflung und Liebe spielt hauptsächlich im Manderley, dem Adelssitz von Maxim de Winter und seiner verstorbenen Frau Rebecca, an der Küste Cornwalls gelegen.

Mitreißend von der ersten bis zur letzten Sekunde. Die drei Hauptdarsteller Jan Ammann (Maxim de Winter), Milica Jovanovic („Ich“) und Pia Douwes (Mrs. Danvers) haben  mehr als 100%ig dazu beigetragen. Sie haben den Zuschauer abgeholt und durchs Stück getragen, brillant gesungen und gespielt. Man fiebert mit ihnen bis zum großen Finale.

Jan Ammann brilliert in seiner Rolle als Maxim. Er beherrscht die riesengroße Bühne auch allein. Man kauft ihm den reichen, harten, arroganten und zornigen Maxim ab, und er überzeugt als erschütterter  und zutiefst verzweifelter Mann. Am Ende schafft er es sogar, die Erleichterung überzeugend darzustellen, als die erdrückende Last von ihm abfällt.
Seine großartige Stimme sorgt nicht nur bei „Gott, warum?“  für Gänsehaut bei den Zuschauern.
Maxim wird von der ersten Minute an von Schatten begleitet, die ihn immer umgeben (sie repräsentieren die Schatten und Schuld, die auf ihm lastet). Als er auf „Ich“ trifft,  weichen sie das erste Mal zurück. Als er ihr endlich im Bootshaus seine wahren Gefühle gesteht, verschwinden sie. Was in Hitchcocks Film die Kameraführung im Bootshaus suggeriert, schafft Jan Ammann auf der Bühne als er die wahren Ereignisse um Rebeccas Tod „Ich“ erzählt. Er ist so verzweifelt und traurig, aber gleichzeitig auch zornig.
Ein weiterer atemberaubender Augenblick ist, als Jan Ammann gemeinsam mit Milica Jovanovic „Hilf mir durch die Nacht“ und am Ende des Stückes „Jenseits durch die Nacht“ im Duett singt. Sie harmonieren perfekt zusammen, stimmlich wie auch schauspielerisch.

Milica Jovanovic singt und spielt „Ich“ grandios. Ihre Verwandlung vom schüchternen Mädchen, das keinen Funken Selbstvertrauen zu haben scheint  zur selbstbewussten Mrs. de Winter, die sich gegen Mrs. Danvers zur Wehr setzt, gelingt ihr sehr überzeugend. Man fühlt förmlich mit ihr, während sie sich für den Ball fertigmacht, und ebenso die Wut gegen Maxim, als sie singt „Und das und das und das“.
Milica Jovanovic harmoniert auch perfekt mit Pia Douwes. Die  Duette der beiden „Rebecca-Reprise“ und „Mrs. de Winter bin Ich!“ gehen unter die Haut.

Pia Douwes verkörpert Mrs. Danvers ebenso überzeugend. Sie wirkt knallhart und eiskalt. Ihre Hingabe zu Rebecca spielt sie ganz brillant. Durch sie wirkt Rebecca allgegenwärtig.
„Sie ergibt sich nicht“ singt Pia grandios - Gänsehautfeeling bei den Zuschauern. Sie ist eben die Grande Dame des Musicals.

Roberta Valentini ist die gute Seele im Stück. Sie spielt die liebevolle, nette Schwägerin Beatrice einfach großartig. Die Duette „Die lieben Verwandten“ und „Die Stärke einer Frau“ mit Milica sind weitere Schmankerl für die Ohren.

Anne Welte gibt die reiche amerikanische Dame Mrs. van Hopper mit viel Witz und einem Hauch von Glamour und sorgt für die heiteren Momente im Stück.
Ebenso herausragend Christian Fröhlich als geistig verwirrter Ben.

Durch die Lieder „Merkwürdig“, die das Personal über „Ich“ singt und „I´m an American Woman“ von Mrs. Van Hopper gelingt es das ganze Stück einen Hauch bunter und witziger werden zu lassen, denn der Stoff ist doch recht schwer und eher düster.

Inhalt:
Rebecca ist im ganzen Stück allgegenwärtig durch die Schatten der Vergangenheit und das in rotes Licht getauchte Bühnenbild.  Die Schatten sind in schwarz gehüllte Darsteller. Sie sind fast immer anwesend  und fungieren auch mal als Tür oder Tisch oder Bilderrahmen. Am Ende des Stücks bekommt ein Schatten Rebeccas Nachthemd über gezogen und so spukt ihr Geist immer noch durch Manderley. Der Schiffbruch im Meer wird ebenso eindrucksvoll in Szene gesetzt. Taschenlampen und Nebel und jede Menge durcheinander laufende Menschen auf der Bühne veranschaulichen die Panik nach dem Schiffsbruch. Während der Gerichtsverhandlung zu Rebeccas Tod wird Maxim immer enger von Seilen umschnürt - sehr anschaulich dargestellt. Als Favell Maxim erpressen will und damit droht, er habe den Beweis, dass Rebecca keinen Selbstmord begangen hat, hört und sieht man Blitz und Donner immer näher kommen. Die Lage spitzt sich zu. Packend bis zum Ende.

Der ein oder andere Zuschauer hat sich im Vorhinein schon gefragt, wie wohl der Brand auf der Tecklenburger Bühne dargestellt wird.  Man hat es geschafft  das flammende Finale ebenso atemberaubend zu inszenieren, wie weite Teile des  Stücks.
Passende Kostüme und ein doch recht aufwendiges Bühnenbild tragen ihr übriges bei, dass die Zuschauer mühelos in die Welt der de Winters eintauchen. REBECCA wurde ich Tecklenburg herausragend inszeniert. Der Cast ist brillant. Alles wurde richtig gemacht. Die Macher haben alles perfekt in Szene gesetzt.

Fazit:
Ich war selten von einem Musical so gefesselt, gebannt und habe selten so mit den beiden Hauptdarstellern mit gefiebert wie in der Tecklenburger Aufführung von REBECCA.
Ich würde sagen: „and the Oscar goes to…“.

 Kritik von Verena Bartsch / Fotos von Andre Havergo 

Juli 2017 - Dinslaken

Sommernacht des Musicals 2017

Bereits die 19. SOMMERNACHT DES MUSICALS fand Mitte Juli im Rahmen des Fantastivals Dinslaken im Burgtheater statt. Die Open-Air-Gala war bereits Monate im Voraus ausverkauft und über tausend Besucher pilgerten schon nachmittags durch die Stadt. Man traf sich in der Eisdiele oder in Restaurants und an jedem Tisch gab es nur ein Thema: „Musicals“.
Wie auch in den Jahren zuvor, gab es wieder eine hochkarätige Musicalbesetzung. Mit dabei waren Zodwa Selele, Philipp Büttner, Mercedesz Csampai, Sabrina Weckerlin, Patrick Stanke und Serkan Kaya.

Mit dem Gastauftritt des Musicals „Godspell“ wurde die doch etwas kühle, aber Gott sei Dank durchwegs trockene Sommernacht eingeleitet. Das Musical „Godspell“ wird am 17. und 18. November 2017 auch in der Stadthalle Kamp-Lintfort zu sehen sein.
Direkt am Anfang eröffneten alle sechs Künstler das dreistündige Programm mit einem Höhepunkt: „You’re the Voice“, Dudelsackspieler inklusive und dadurch mit einem ganz besonderen Erinnerungswert ausgestattet.
Serkan Kaya moderierte zum größten Teil durch den Abend und das mit riesigem Erfolg - zwischen den Musicalstücken wurde selten so viel gelacht wie dieses Jahr.
 

Patrick Stanke, der zur Zeit als Kerchak im Musical „Tarzan“ zu sehen ist, sang „So ein Mann“ aus "Tarzan" und brachte danach dem Musikalischen Leiter der Sommernacht, Bertram Ernst, den Affen-Move bei, wovon das Publikum begeistert war.
Politisch wurde es auch: Patrick und Serkan gaben Trump und Hillary Clinton zum Besten.
Ein wundervolles Duett sangen Philipp und Mercedesz mit „Beauty and the Beast“ aus dem gleichnamigen Musical, welches dieses Jahr als Neuverfilmung in den Kinos zu sehen war.

Philipp, der zurzeit in der Hauptrolle im Musical „Aladdin“ zu sehen ist, gab gefühlvoll mit Sabrina Weckerlin das Duett aus „A whole new World“ aus diesem Musical zum Besten und Zodwa Selele sorgte mit ihrer kraftvollen Stimme bei „I can’t let go“ für Gänsehaut bei den Zuschauern.
Wie auch in den letzten Jahren wurden nicht nur Musicalsongs gesungen. Serkan Kaya sang (begleitet von Patrick Stanke an der Gitarre) beispielsweise „Zu spät“ von den Ärzten.
Ein weiteres Highlight im ersten Teil des Abends war definitiv der Boygroup-Auftritt von Serkan, Philipp und Patrick in 80er Jahre Klamotten. Sie sangen erst einige Lieder an, u.a. „Backstreets Back“ und einigten sich dann auf „Step by Step“ von New Kids On The Block.
Im zweiten Teil des Abends sorgte eine Top-Darbietung nach der anderen für Standing Ovations bei den Zuschauern.
Sabrina Weckerlin, ganz in blau gekleidet, sang eindrucksvoll „Let it go“ aus "Frozen" und „Finding Wonderland“ – dass Gänsehaut und Wow-Momente im Publikum allgegenwärtig waren, ist quasi selbsterklärend. Aus dem Musical "Tanz der Vampire" wurde „Totale Finsternis“von Mercedesz als Sarah und Patrick als Graf von Krolock präsentiert. Zodwa Selele und Patrick Stanke sangen gemeinsam aus AIDA „Sind die Sterne gegen uns“.

Mercedesz sang u.a. auch „Phantom der Oper“ und hier ist ehrlich zu sagen, dass man ihr für die absolut einwandfreie Darbietung Respekt zollen muss. Alle drei männlichen Darsteller sangen den männlichen Part, aber bei der Besetzung musste man ja mit allem rechnen, so kam Serkan Kaya als Darth Vader, Philip Büttner als Skelett und Patrick Stanke als Gorilla verkleidet durch das Publikum auf die Bühne. Die Zuschauer waren begeistert und Mercedesz ließ sich nicht beirren und sang einfach weiter.
Eindrucksvolle und starke Stimmen aller sechs Künstler sorgten beim Publikum für nicht enden wollende Begeisterung und die Belohnung durch minutenlangen Applaus war mehr als verdient. Es sei auch erwähnt, dass die Outfits der drei Damen atemberaubend waren. 

Bereits jetzt läuft der Vorverkauf für die nächste Sommernacht, die im kommenden Jahr 20-jähriges Jubiläum feiert. Die Veranstalter haben dazu aufgerufen, Anregungen und Wünsche auf der Facebook-Seite der SOMMERNACHT DES MUSICALS zu äußern.

Kritik und Fotos von Verena Bartsch

31.07. 2017 - Kassel

HEDWIG AND THE ANGRY INCH

„Hedwig and the angry Inch“ bietet einen außergewöhnlichen Abend, der sich doch nicht so leicht beschreiben lässt. Als Musical konzipiert fühlt es sich während der Vorstellung doch meist so an, als wäre man bei einem Konzert in einer kleinen Bar dabei. Sowohl die Show als auch die gleichnamige Hauptfigur scheinen sich bekannten Kategorien zu entziehen. Sie können nicht in gängige Schemata eingeordnet werden. Und das sollen sie auch nicht.

Hedwig (Andreas Bieber) führt es mit ihrem Mann Yitzhak (Alice Macura) und ihrer Band die „Angry Inches“ auf einer erfolglosen Tour durch ganz Deutschland. Hedwigs Ex Tommy Gnosis tourt zur selben Zeit, seine Konzerte sind aber erfolgreicher. Hedwig muss sich mit Gigs in Bars begnügen und gastiert so an „einem einzigen“ Abend in Kassel.
Genauer gesagt in einer alten Tresorfabrik im Schillerviertel. In kleinen Gruppen werden die Zuseher in die Fabrik hineingelassen. Der Zuschauerraum ist in verschiedene Bereiche – passend zu den Stationen in Hedwigs Leben – geteilt: Eine Ecke gibt Hedwigs Jugendzeit in der DDR wieder, Gartenmöbel befinden sich im amerikanischen Trailerpark und eine Couch und ein Spiegel mit bekannten Stars lassen sich in Hedwigs glamouröserer Lebenszeit finden. 

Das Publikum nimmt in einem Bereich Platz und wird dadurch Teil von Hedwigs Geschichte. Als Hänsel wächst Hedwig in Ostberlin ohne Vater auf. Von der sonst gefühlskalten Mutter erfährt sie eine Geschichte vom Ursprung der Liebe. Einst waren alle Menschen mit einem zweiten verbunden. Doch die Götter zerrissen diese Wesen, sodass sie sich fortan nach ihrer verlorenen Hälfte sehnen. Diese Suche nach der verlorenen Hälfte begleitet Hedwig ihr ganzes Leben.

Diese zweite Hälfte scheint zunächst in dem amerikanischen Soldaten Luther gefunden zu sein. Um ihn zu heiraten und mit ihm in die USA zu emigrieren, unterzieht Hänsel sich einer Geschlechtsumwandlung und wird so zu Hedwig. Dabei bleibt Hedwig aber mit dem Titelgebenden „Angry Inch“ zurück, der sie außerhalb der gesellschaftlichen Vorstellung der Geschlechter stellt.
Ein Jahr später fällt die Berliner Mauer und Hedwig ist geschieden. Ihr Opfer ist somit umsonst. Die nun mittellose Hedwig verdient sich Geld als Babysitterin und lernt so Tommy Gnosis kennen. In ihm erkennt Hedwig ihre verlorene Hälfte. Doch Tommy weist Hedwig ab, als er erkennt, dass sie biologisch keine Frau ist.
Hedwig gibt sich während des Erzählens der Verzweiflung hin und reist sich ihr Kostüm vom Leib. Sie steht gleichzeitig als Hedwig und als Tommy auf der Bühne. Tommy entschuldigt sich während des Konzerts bei ihr mit einer Vorführung jenes Liedes, welches einst Hedwig für ihn geschrieben hat. Außerhalb ihrer Verkleidung findet Hedwig so ihren Frieden.

Andreas Bieber zieht das Publikum mit seiner Performance als Hedwig in seinen Bann. Sowohl Hedwigs hoffnungsvolle Liebe zu Tommy in „Wicked Little Town“ als auch Hedwigs Verzweiflung in „Hedwigs Klage/Exquisite Corpse“ werden großartig von Bieber dargestellt. Schnell lässt er einen vergessen, dass es Hedwigs Geschichte ist und nicht seine, die er erzählt. Mit dem Publikum tritt er oft in Kontakt und passt Hedwigs Kommentare der heutigen Zeit und der Spielstätte Kassel an.
Alice Macura verkörpert Yitzhak, Hedwigs Ehemann. Yitzhak ist ursprünglich eine Drag-Queen aus Zagreb, doch um Hedwig zu heiraten versprach er, sich nicht mehr zu verkleiden.  Immer wieder zieht es Macura zu Hedwigs Perücken und oft erkennt man Reue in der Entscheidung, die Yitzhak damals getroffen hat.
Im letzten Lied „Midnight Radio“ wird die Harmonie, die trotz allem zwischen Yitzhak und Hedwig  besteht, wunderbar von Macura und Bieber zur Geltung gebracht. Beide finden auf ihre Art ihren Frieden. Hedwig außerhalb des Kostüms, ungeschminkt und Yitzhak mit Hedwigs Einverständnis in Drag.

Die neue Location des Studio Lev Kassel wird durch „Hedwig and the Angry Inch“ eröffnet. Und sie passt hervorragend zum Musical. Anders als andere Musicals strebt „Hedwig and the Angry Inch“ nicht danach, auf prunkvollen Bühnen aufgeführt zu werden. Im Gegenteil, je kleiner der Rahmen desto mehr entfaltet sich der besondere Reiz dieses Musicals.
Diese Produktion von „Hedwig“ schafft es, zu überzeugen. Die Gestaltung der Spielstätte und die Performance der Darsteller machen den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis. 

Kritik und Foto von Lisa Murauer

März 2017 - Köln

Lyrics by ... Wolfgang Adenberg
Das Konzert zum 50. Geburtstag

Im März dieses Jahres gab Sound of Music ein besonderes Konzert anlässlich des Geburtstages von Wolfgang Adenberg in Köln.

Wolfgang Adenberg ist Musicalautor, Textdichter und Übersetzer. Er ist im deutschsprachigen Raum nicht mehr wegzudenken… jeder Musicalfan hat bestimmt schon eins seiner zahlreichen Lieder oder Musicals gesehen. Er war mitverantwortlich für das gefeierte Musical „Gefährliche Liebschaften“ 2015 und „Der Medicus“ 2016, bei dem er Co-Autor war.

In Köln trafen sich anlässlich seines 50ten Geburtstages mehr als eine Handvoll Musicaldarsteller um seine Lieder zum Besten zu geben. Mit dabei waren: Anna Montanaro, Sabrina Wecklerin, Charlotte Heinke, Veit Schäfermeier, Drew Sarich, Jan Ammann. Begleitet wurden die Darsteller von Maria Komissartchik am Flügel, sowie das Junge Theater Bonn, deren Darsteller Lieder aus Emil und die Detektive und Pünktchen und Aton sangen.
Wolfgang Adenberg saß natürlich auch im Publikum.

Es war ein Abend mit Liedern aus seinem Schaffen.
Anna Montanaro sang u.a. großartig das Lied "Milady ist zurück" aus dem Stück "3 Musketiere".
Gleich beim dritten Stück des Abends bekamen die Zuschauer Gänsehaut als Drew Sarich aus "Liebe stirbt nie" „So sehr fehlt mir dein Gesang“ sang.
Im Duett harmonierten u.a. Jan Ammann & Charlotte Heinke perfekt stimmlich bei „So stark wie der Tod ist Liebe“ aus "Gefährliche Liebschaften".
Ein weiteres Highlight war das Lied „Wer kann schon ohne Liebe sein?“ auch aus "3 Musketiere" gesungen von Charlotte Heinke, Anna Montanaro und Sabrina Weckerlin.
Nachwuchstalent Jan Rekeszus sang „Frage dein Herz“ aus "Liebe stirbt nie", auch hier Gänsehaupt pur fürs Publikum. 

Den Schlusspunkt setzten alle gemeinsam mit „Herbstwind“ aus "Titanic" . Ein Geburtstagsständchen für Wolfgang Adenberg gab es natürlich auch! Und Standing Ovations beim Schlussapplaus.
Ein sehr schöner und gelungener Musicalabend ging zu Ende. 

Kritik und Foto von Verena Bartsch

08.02. 2017 - Neunkirchen

FACE TO FACE - das etwas andere Musicalkonzert ...

... unter diesem Motto luden Matthias Stockinger und seine Gäste Lucy Scherer und Sidonie Smith am 10.12.2016 in die Gebläsehalle Neunkirchen ein.

Der sympathische Musicalstar führte mit viel Charme und musikalischen Anekdoten durch ein kontrastreiches Programm, das durch vielseitige und ungewöhnliche Nummern überzeugte: Neben bekannten Rockhymnen und Musicalballaden standen vor allem von den Gesangssolisten ausgesuchte Lieder im Vordergrund, die der breiten Masse eher unbekannt waren.

Eingeleitet wurde der Abend durch den Gastgeber Matthias Stockinger, der unter anderem zwei Titel aus dem Musical "Ludwig²" präsentierte („Geliebte Berge“ und „Kalte Sterne“). Mit viel Gefühl und einer starken Stimme lies er keine Zweifel daran, warum er die Titelrolle des Stückes dieses Jahr bereits zum zweiten Mal in Füssen verkörpert hatte. Es folgten zwei Lieder der US - Amerikanerin Sidonie Smith („Cabaret“ aus "Cabaret" und „Sind die Sterne gegen uns“ aus "Aida"), bevor Lucy Scherer die Zuschauer mit „Never Neverland (Fly Away)“ von Scott Allans bezauberte. Mit der daran anschließenden schwedischen Version von „Gabriellas Song“ aus dem Film „Wie im Himmel“ ernteten sie und der Ausnahmegeiger Baptiste Pawlik Jubelrufe aus dem Saal, die zeigten, dass Musik über Sprachbarrieren hinweg berühren und verstanden werden kann. Für ein weiteres Highlight vor der Pause sorgte erneut Matthias Stockinger mit einer ausdrucksstarken Version von „Till I hear you sing“ aus Andrew Lloyd Webbers „Love never Dies“.

In der zweiten Hälfte fanden dann auch den Zuschauern bekanntere Lieder Einzug ins Programm: Neben der „Unstillbaren Gier“ (Matthias Stockinger) und „Totale Finsternis“ (Lucy Scherer und Matthias Stockinger) aus "Tanz der Vampire" gab Sidonie Smith den Welthit „I will always love you“ zum Besten, mit dem sie allerdings nicht gänzlich überzeugte und stellenweise merklich zu kämpfen hatte. Auf Wunsch des Gastgebers sorgte der bekennende Disneyfan Lucy Scherer mit „Let it go“ aus „Die Eiskönigin“ für Märchenstimmung. Mit einer Rocknummer von Billy Joel beendete Matthias Stockinger einen Musicalabend, der bewiesen hat, dass auch unbekanntere Stücke Potential für große Konzertmomente bieten und eine gelungene Alternative zu altbewährten Musicalklassikern darstellen.

Kritik und Fotos von Laura Schumacher

 

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