04.10.2025 - Freie Bühne Wieden/ Wien

Michaela Ehrenstein & Béla Fischer
AM 4. – IM 4.
„Ich weiß auf der Wieden ein Theaterjuwel"

Am Samstag, den 4. Oktober, präsentierten Michaela Ehrenstein und Prof. Béla Fischer erneut ihr beliebtes Format unter dem Titel „Ich weiß auf der Wieden ein Theaterjuwel“, eine kunstvoll komponierte Mischung aus Gedanken, Chansons, Monologen, Gedichten und den jeweils stimmig dazu ausgewählten Liedern.

Das musikalische Spektrum reichte vom Wiener Lied bis Aznavour, getragen von jener charmanten Leichtigkeit und feiner Ironie, die Ehrenstein und Fischer seit Jahren auszeichnen. Mit erkennbarer Bühnenroutine und spürbarer Freude am gemeinsamen Spiel führten sie durch einen Abend, der Unterhaltung und Tiefgang in harmonische Balance brachte. Zwischen musikalischen Höhepunkten und klug gesetzten literarischen Momenten entstand eine Atmosphäre der Vertrautheit, in der das Publikum nicht bloß Zuhörer, sondern Teil eines lebendigen Dialogs wurde.

Besonderen Glanz verlieh dem Programm Edith Leyrer mit ihrer eindrucksvollen Hommage an den Schriftsteller Klabund. Sie bewies damit einmal mehr, dass sie zu den wandlungsfähigsten und feinfühligsten Bühnenkünstlerinnen des Landes zählt. In einer Zeit, in der Rezitation und literarische Interpretation oft in den Hintergrund treten, gelingt es Leyrer, den Geist und die sprachliche Musikalität des Dichters mit seltener Intensität zum Leben zu erwecken.

Leyrer begegnet Klabund, dem rastlosen Grenzgänger zwischen Poesie, Theater und Satire, mit spürbarer Bewunderung, doch ohne in bloße Verehrung zu verfallen. Sie rezitiert nicht, sie verkörpert. Jede Zeile, jede rhythmische Wendung durchdringt sie mit emotionaler Präzision, lässt zwischen feiner Ironie und tiefer Melancholie ein Wechselspiel entstehen, das den Dichter als zutiefst modernen Geist erscheinen lässt. Ihre Interpretation offenbart das Fragmentarische, das Unruhige, aber auch das Zärtliche in Klabunds Werk mit einer Wahrhaftigkeit, die berührt, ohne Pathos zu bemühen.

Für Ehrenstein und Fischer markierte dieser Abend zugleich einen besonderen Moment, Zum letzten Mal führten sie das Format in dieser Konstellation durch, bevor Michaela Ehrenstein mit Jahresende ihre Intendanz niederlegt. Umso stärker war die emotionale Note spürbar, ein leiser Abschied, getragen von Dankbarkeit, Eleganz und jener künstlerischen Haltung, die ihr Theater stets geprägt hat.

„Ich weiß auf der Wieden ein Theaterjuwel“ zeigte eindrucksvoll, dass sich Musik, Wortwitz und intellektuelle Reflexion zu einem homogenen Ganzen fügen können, ohne an Leichtigkeit zu verlieren. Das Ergebnis war ein Abend, der die Bühne als Ort lebendiger, persönlicher Begegnung feierte.

5 von 6 Sternen: ★★★★★
                      Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer

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