20.10.2025 - Theater Arche/ Wien
CISSY & HUGO a Caracas
Es ist ein Abend von seltener Balance. „CISSY & HUGO a Caracas“ verbindet historische Erinnerung mit musikalischem Witz und emotionaler Tiefe. Das Musiktheater von und mit Rita Luksch und Georg O. Luksch nimmt das Publikum mit auf eine ebenso berührende, wie vergnügliche Reise durch das Leben der großen österreichischen Kabarettistin Cissy Kraner und ihres kongenialen Partners Hugo Wiener.
Schon der Titel verrät, dass es hier um mehr geht als um eine Liebesgeschichte. Im Zentrum stehen Flucht, Neubeginn und künstlerische Selbstbehauptung. 1938 begegnet die junge Cissy Kraner dem Komponisten Hugo Wiener und mit ihm entkommt sie den Nationalsozialisten durch ihre Flucht nach Südamerika. In Caracas finden die beiden nicht nur eine neue Heimat, sondern auch eine gemeinsame Bühne. Diese biografische Zäsur bildet den dramaturgischen Kern des Abends, den Rita Luksch mit kluger Leichtigkeit und spürbarer Empathie gestaltet.
Rita Luksch verkörpert Cissy Kraner mit Witz, Widerstandskraft und präziser Sprachkunst, ohne in bloße Nachahmung zu verfallen. Ihre Interpretation der legendären Chansons, von „Der Nowak lässt mich nicht verkommen“ bis „Ich wünsch mir zum Geburtstag einen Vorderzahn“, überzeugt durch stimmliche Präsenz und eine fein modulierte Artikulation, die das sprachliche Feuerwerk Hugo Wieners in neuem Glanz aufscheinen lässt.
Georg O. Luksch, Musiker und Grammy-Preisträger, ist dabei weit mehr als ein Begleiter am Klavier. Mit feinem Gespür für Rhythmus und Atmosphäre gestaltet er einen facettenreichen Klangraum, der die Zeitreisen zwischen Wien, Caracas und dem Kabarett Simpl organisch miteinander verbindet. Die live erzeugten Visuals erweitern den Bühnenraum zu einem poetischen Erinnerungsort. Sie zitieren historische Dokumente, spiegeln Zeitgeist und fügen subtile visuelle Kommentare hinzu.
Das Besondere an diesem Abend ist die stilistische Souveränität, mit der sich die Inszenierung zwischen Musiktheater, Kabarett und Zeitgeschichte bewegt. Humor und Tragik treten in einen lebendigen Dialog. Wo das Lachen aufblitzt, ist die Ahnung des Verlusts stets spürbar. Zugleich ist „CISSY & HUGO a Caracas“ eine Liebeserklärung an die Kunst, an das Überleben durch Witz und an das unzertrennliche Paar, das Cissy und Hugo waren.
Diese Hommage ist alles andere als nostalgisch. Rita und Georg O. Luksch gelingt es, den Geist des Wiener Nachkriegskabaretts in die Gegenwart zu holen, musikalisch, theatral und zutiefst menschlich.
Ein Abend von großer künstlerischer Hingabe, elegant inszeniert und klanglich raffiniert: „CISSY & HUGO a Caracas“ erinnert daran, dass Humor immer auch eine Form des Widerstands ist.
Noch bis 11. November 2025 in der Theater Arche zu sehen.
5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer


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