14.12.2022 - Das Vindobona/ Wien

Felix Martin:
Eine schöne Bescherung

„Geschenke sind die einzige Form von Rache, die kultivierten Menschen noch bleibt“  (Peter Ustinov)

„Eine schöne Bescherung“ der anderen Art gab es am 14.Dezember mit Felix Martin im Vindobona. Es war ein besinnlicher, heiter, nachdenklich aber auch bissiger Abend voller Geschichten, Zitaten und jeder Menge Liedern.

Felix Martin ist ein Entertainer mit großer Stimme. Zurecht schrieben die Stuttgarter Nachrichten 2018, dass er an Lässigkeit und Bestimmtheit an Harald Juhnke erinnert, nur das er richtig gut singen kann. Auch in Wien zeigte er keine Berührungsängste zum Publikum und interagierte mit den ZuschauernInnen auf eine sehr angenehme Weise, die weder aufdringlich noch peinlich war. Zu seiner Freude, war der ehemalige musikalische Direktor der Vereinigten Bühnen Wien, Caspar Richter im Publikum. Gemeinsam schwelgten sie spontan in Erinnerungen längst vergangenen Zeiten. War er doch maßgeblich dafür verantwortlich, dass Felix Martin die Rolle des Marius in der deutschsprachigen Erstaufführung von „Les Misérables“ im  Wiener Raimundtheater bekam. Der Erfolg machte ihn bekannt. Felix Martin avancierte zu einem der gefragtesten Musicaldarsteller der Gegenwart. So interpretierte er aus die gefühlvolle Ballade „Dunkles Schweigen“ und sorgte für Gänsehautmomente.

Er überraschte mit „Gold von den Sternen“ und „In the Ghetto“, wo er zum verwechseln nach Elvis klang. „Musik der Nacht“ aus „Das Phantom der Oper“ war ein weiteres Highlight.

In der Weihnachtsversion von „From a Distance“, im Original von der großartigen Bette Midler gesungen, berührte er die ZuschauerInnen.

„All I Want For Christmas Is You“ (Mariah Carey) und ein Weihnachtsmedley sorgte für Weihnachtsstimmung.

Eine 2022 sehr beliebte Weihnachtsgeschichte ist „Das Lametta“. Hier glänzte er mit einer erfrischend anderen Interpretation. Eine Besonderheit waren die Weihnachtszitate von bekennenden, berühmten Persönlichkeiten. Ihr teilweise bitter, böser Zynismus erheiterte das Publikum.

Die Musicalkollegen Alex Snova und Alexander Auler waren als Special Guests geladen, Roland Sedlacek war ihr Mann am Klavier.

Der Titel war Programm. Felix Martin bereitete den Anwesenden viel Freude mit einer abwechslungsreichen Mischung von Musical- und Weihnachtsliedern, Gedichten und Geschichten und Anekdoten Es bleibt zu hoffen, dass er auch 2023 mit seiner Weihnachtshow nach Wien kommt.

Einen Stern Abzug gibt es für die teils schlechte Abmischung beim Ton.

5 von 6 Sternen: ★★★★★
                              Kritik: Michaela Springer;
                              Fotos: Wolfgang Springer

Mit MY CHRISTMAS TIME hat Felix Martin seine ganz persönliche Weihnachts-CD herausgebracht, die einen Kauf lohnt.
Erhältlich im gut sortierten Fachhandel

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06.12.2022 - Theater Center Forum/ Wien

Da Jesus und seine Hawara
Das Wiener Evangelium
von Wolfgang Teuschl

„ …Und zwoa is da Jesus Christus dera  Oat auf d Wöd kuman: Sei Mamsch, d Maria, is fahawad gwesn  mid an gwissn Joseph; und befua s nu wos ghobd häd mid den,  hod sa si aussagschdöd, das s an Gschroppm griagd; nua woa dea  fon Häulichn Geisd…"

Alles verstanden? Dann sind Sie ein echter Wiener und können sich bestens bei DA JESUS UND SEINE HAWARA unterhalten. Ansonsten betreten Sie Neuland und werden nur Bruchteile verstehen und während sie noch über die Bedeutung der gesprochenen Worte nachdenken, die anderen in heiterem Gelächter ausbrechen.
Aber das Evangelium auf Wienerisch?
Wolfgang Teuschl hat 1971 mit dem Erscheinen der Übertragung des neuen Testaments ins Wienerische die Meinungen gespalten. Die einen fanden es pietätlos, die anderen als unkomplizierten Zugang zur Heiligen Schrift. Teuschl selbst argumentierte, dass Jesus selbst einen hebräischen Dialekt, Armanisch, gesprochen hat. Heute ist das Buch ein Klassiker.

Am 6. Dezember fand die Wien-Premiere mit Claudia Rohnefeld (Gesang), Peter Havlicek (Musik) und Marcus Strahl (Sprecher) im Theater Center Forum statt.

Nach Helmut Qualtinger, Kurt Sobinetz, Willi Resetarits und Wolfgang Teuschl präsentierte nun Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Marcus Strahl das Wienerische Evangelium. Er gestaltete den Abend sehr emotional und setzte seine Stimme gekonnt ein, mal laut, dann wieder leise, dann wieder fordernd und spitzbübisch. Das Publikum hörte ihm gebannt zu.

Claudia Rohnefeld, Wienerlied-Sängerin und Schauspielerin lockerte den Abend mit weihnachtlichen, lustigen und Wienerliedern auf. Dabei zeigte sie auch die morbide Seite der Wiener Seele mit dem „Das Krüppellied“ von André Heller und Helmut Qualtinger.

Peter Havlicek begleitete den Abend ebenfalls gesanglich und vor allem instrumental mit seiner Wiener Kontragitarre.

DA JESUS UND SEINE HAWARA ist ein intimes Kammerstück, dass das Evangelium auf eine heitere wienerische Art unkompliziert und ironisch näherbringt. Die Premiere war ein gelungener vorweihnachtlicher heiterer, besinnlicher und wienerischer Abend.

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
                          Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer

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25.11.2022 - Das Vindobona/ Wien

Somewhere In My Memory

Mit SOMEWHERE IN MY MEMORY fand bereits an zwei Abenden vor dem ersten Adventsonntag im Vindobona das wohl besinnlichste Vorweihnachtskonzert dieses Jahres statt.

Der ehemalige Musikdirektor der Vereinigten Bühne Wien, Caspar Richter, hatte ein Programm für drei Musiker:innen und drei Solist:innen zusammengestellt und arrangiert. Eine Herausforderung, denn seine Weihnachtskonzerte mit großem Musical-Orchester sind legendär. Er selbst spielte an diesem Abend Klavier. Unterstützung holte er sich von Alexander Wagendistel (Flöte) und Maria Frodl (Cello und singende Säge), beide im musikalischen Ensemble der Vereinigten Bühnen Wien.

Die Musicalstars Lisa Antoni, Carin Filipčić und André Bauer läuteten mit stimmungsvollen Liedern, Gedichten und Geschichten die Adventszeit ein.
Zwischendurch gab es immer wieder klassische Werke von Bach, Michael Praetorius oder Claude Debussy. Jungkomponist Leo Floyd hatte mit Alexander Kuchinka extra für dieses Konzert einen rasanten, witzigen X-Mas-Vibes-Song geschrieben. Zu emotionalen Höhepunkten avancierten Carin Filipčićs „Gabriellas Song“ aus dem Film (später auch Musical) „Wie im Himmel“, sowie das Duett mit Lisa Antoni „Christmas Comes to Town“ und André Bauers „Believe“, beides aus dem Animationsfilm „Polarexpress“. Der Titelsong aus „Kevin allein zu Haus“, „Somewhere In My Memory“ (John Williams) fand zu Beginn und am Ende des Konzerts einen würdigen Platz.

Doch auch das Publikum durfte unter der Anleitung Caspar Richters bei „I´m Dreaming Of A White Christmas“ sein gesangliches Talent unter Beweis stellen. Dabei stellte sich heraus, dass sich im Zuschauerraum so manch verborgenes Talent befand. Als ganz besonderes Klang-Erlebnis erwies sich bei selbigem Song die singende Säge, gespielt von Maria Frodl.
Gedichte und Geschichten, unter anderen die amüsante „Geschichte vom Lametta“, lockerten das Programm auf und sorgten für heitere Momente.

SOMEWHERE IN MY MEMORY war kein herkömmliches Mainstream-Weihnachtskonzert, sondern bot eine erlesene Auswahl an musikalischen Genusstücken aus mehreren Jahrhunderten, genau wie es sein sollte, ohne Kitsch und Peinlichkeit. Es bleibt zu hoffen, dass es eine Neuauflage 2023 geben wird.

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6 von 6 Sternen: ★★★★★★
                                                   Kritik & Fotos: Michaela Springer

18.11.2022 - Das Vindobona/ Wien

ROTBLONDBRAUN
Liebe, L (Fr)ust und Musical

Bei Liebe, Lust und Frust bleibt nur Musical, wie „Rotblondbraun“ resümieren.

Über 30, ledig und kinderlos! Was tun? Ist eine Dating Plattform die einzige Möglichkeit den Partner fürs Leben zu bekommen? Wer sieht der perfekte Partner aus?

Humorvoll und frech wird das Thema Liebe und Männer analysiert. „Liebe, L (Fr)ust und Musical“ ist ein musikalisches Kabarett für Hetero-, Homo- und Transsexuelle und jene, die sich noch entscheiden müssen bzw. für die, die in einer Beziehung stehen oder nicht mehr oder irgendwas dazwischen haben - eben die Generation 30 plus plus plus. Untermalen wird das mit passenden Film-, Operetten- und Musicalklängen, wie „Schafft die Männer ran“, „Kann den Liebe Sünde sein“ oder „Ich gehör´ nur mir“ in a capella Version. Als Zugabe durfte das Publikum noch bei „Mamma Mia“ mitsingen.

Lena Weiss, Caroline Zins und Agneta Hanappi wurden von Birgit Zach am Klavier begleitet. Gemeinsam sorgten sie für einen rundum gelungenen und unterhaltsamen Abend.

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Am 9. März 2023 ist ein weiterer Termin im Vindobona angesetzt.

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5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik & Fotos: Michaela Springer

31.10.2022 - Das Vindobona/ Wien

HALLOWEEN DINNER

Ende Oktober wurde es für drei Tage schaurig-gruselig im Vindobona. Ein Halloweenfest für alle Sinne stand auf dem Programm. Für das passende Ambiente wurde alles themengerecht und detailverliebt gestaltet, das dreigängige Menü originell und dekorativ angerichtet - ein wahrer Gaumen Genuss. Schon zu Beginn zeigte sich das Publikum bei bester Laune. So manch eine(r) kam kreativ und aufwendig verkleidet.

Vier Musicaldarsteller*innen nahmen das Publikum auf einen Streifzug durch die gruselige Musical- und Austro Pop-Welt mit. Rita Sereinig hielt als Regisseurin ihr eiskaltes Händchen über das Programm. Antje Kohler, Tanja Petrasek, André Bauer und Markus Richter wurden von Andreas Brencic am Klavier begleitet.

Ob „Tanz der Vampire“, „Jekyll & Hyde“, „Phantom der Oper“ oder „Rocky Horror Show“, die Songs daraus wurden stimmgewaltig dargeboten. Natürlich durften bei so einem Abend die Klassiker „Es lebe der Zentralfriedhof“, „Monster Mash“, und „This is Halloween“ nicht fehlen.

Erst nach mehreren Zugaben durften sich die Protagonistinnen und Protagonisten in ihr Kämmerchen hinter der Bühne zurückziehen. Das HALLOWEEN DINNER im Vindobona war auch 2022 ein voller Erfolg.


5 von 6 Sternen: ★★★★★

Kritik & Fotos: Michaela Springer


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27.10.2022 - Komödie am Kai/ Wien

Seitensprung für zwei

24 Jahre Ehe hinterlassen Spuren. Die einst prickelnde Erotik ist der Vertrautheit, Gemütlichkeit aber auch Eintönigkeit gewichen. Doch was ist es, was in einer lang andauernden Beziehung wirklich zählt? Auf höchst amüsante Weise werden die verschiedenen Aspekte thematisiert.

Am 24. Hochzeitstag schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Alles hat seine geordnete Struktur und läuft nach gleichem täglichem Schema ab, bis die gemeinsamen Freunde Rudi und Simone auf Besuch kommen. Beide sind eingefleischte Junggesellen und genießen dies in vollen Zügen. Sie schwärmt von ihrem leichten, unbeschwerten Leben voller prickelnder Affären. Der Reiz der wechselnden Partner sei ein unbeschreiblicher Kick, auf den sie nicht verzichten möchten. Haben Leah und Paul in ihrer Ehe was versäumt? Auf Drängen und mit Hilfe ihrer Freunde wollen mittels eines geplanten Seitensprungs neuen Schwung in ihre verstaubte Ehe bringen.
Das ist aber gar nicht so leicht, wenn man keine Erfahrung hat und im Grunde gar keinen Seitensprung im Sinn hat. Schon der Gedanke daran, löst rasende Eifersuchtsgedanken aus. Und auch bei der Wahl des Seitensprungpartners beweisen die beiden kein glückliches Händchen.

Das Grimme preisgekrönte Autorenduo Lars Albaum und Dietmar Jacobs haben eine rasante pointenreiche Boulevard Komödie geschrieben, die unter der Regie von Sissy Boran und Andrea Eckstein am 27.10 Premiere in der Komödie am Kai feierte.

Die Darsteller:innen passen perfekt in ihre Rollen. Die bewusst überzeichneten Figuren charakterisieren bestimmte Stereotypen. Eine auf österreichische zugeschnittene Sprachkomik gepaart mit Slapstick macht Spaß beim Zusehen.
Robert Mohor ist der „Aufreißer“ Rudi, ein Möchtegern Playboy und voller Selbstüberschätzung strotzend. Köstlich, wie er mit Tipps den unschuldigen Paul in die Kunst der Verführung einweiht.
Natascha Shalaby ist das in die Jahre gekommene It-Girl. Sie erinnert stark an Maryann Thorpe aus der Serie „Cybill“. Glamour und Spaß ist ihr Leben, doch im Grunde ist sie eine unglücklich Suchende.
Anke Zisak und Rochus Miller sind das in Wahrheit glückliche Ehepaar Leah und Paul, das von den Affären Sandy (Lara Neversal) und Adonis (Rafael Witak) beneidet wird.

SEITENSPRUNG FÜR ZWEI ist ein exzellentes Stück, um dem Alltag zu entfliehen und einen amüsanten Abend zu genießen.
Zu sehen noch bis 14. Jänner 2023.

Kartentelefon: 01/ 533 24 34    *      www.komoedieamkai.at

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5 von 6 Sternen: ★★★★★
                           Kritik: Michaela Springer; Fotos: Andrea Eckstein

22.10.2022 - Stadttheater Baden/ NÖ

NEUN (NINE)
Österreichische Erstaufführung

NINE (dt. NEUN) ist das Musical über einen frauenfixierten Mann in seiner Midlifecrisis, der vom Erfolg bis jetzt verwöhnt war, und nun am Abgrund seiner Existenz steht. Seine tiefe Lebenskrise versucht er in einer Art Selbsttherapie durch Tagträume zu überwinden.

Am 22. Oktober feierte NEUN, das mit 5 Tony Awards ausgezeichnete Musical, im Stadttheater Baden seine österreichische Erstaufführung. Das Stück basiert auf dem Film „8 ½“ von Federico Fellini. Die  Musik stammt von Maury Yeston.

Guido Contini, ein erfolgsverwöhnter Drehbuchautor, steckt in einer Lebens und Schaffenskrise. Er soll einen neuen Film drehen. Doch es fehlt ihm die nötige Inspiration.
Seit 20 Jahren ist es mit Luisa verheiratet, die bislang seine Affären geduldet hat, ihm aber jetzt ein Ultimatum stellt. Er kann sich allerdings nicht für eine Frau entscheiden. Die für ihn wichtigen erscheinen immer wieder in Tagtraumsequenzen und schon bald vermischt sich Realität und Illusion . Er dirigiert sie, wie er es für sein Ego braucht. Was die Frauen fühlen ist ihm im Grunde egal. Seine Selbsttherapie nimmt groteske Züge an, aber dennoch mit einer gewissen Leichtigkeit. Ein roter Faden fehlt und die Charaktere sind, bis auf wenige, nicht tief gezeichnet. In seinem Wunschdenken ist er das Epizentrum und die Frauen werben mit Körper, Geist und Liebe um ihn.

NEUN ist vor allem ein Stück großer Schauspielkunst, das dementsprechend besetzt werden muss. So erscheint in der Besetzungsliste die Creme de la creme der österreichischen Musicalszene auf. Lediglich auf Carin Filipčić, die zwar bei der konzertanten Aufführung im Sommer 2021 dabei war, musste wegen eines Engagements in Deutschland verzichtet werden.

Acht starke Frauen brauchen umso mehr einen starken Gegenpool. Drew Sarich als Guido Contini ist eine Idealbesetzung, eine Mischung als kindlicher Naivität und Genialität, jedoch von Selbstzweifeln und Unsicherheit geplagt. Er ist ein Suchender nach Anerkennung und Liebe, Liebe, die er bei seiner Frau und Geliebten sucht. Diese beiden sind gänzlich konträr.
Dorina Garuci
als Geliebte Carla Albanese ist temperamentvoll und erotisch. Verführt ihn bei einem lasziven Tanz mit großen Seidenlaken. Sie lässt sich für ihn scheiden, doch das wollte er überhaupt nicht, denn er ist nicht willens, seine Frau für sie zu verlassen.

Milica Jovanovic, gibt die, durch Maske bieder dargestellte, Ehefrau Luisa Contini, die ihm über all die Jahre eine Stütze war. Doch nun, von Wut über Guidos ständige Affären erfüllt, setzt sie ihm ein Ultimatum.
„Auf besonderes Weise“
ist das Verhältnis zu seiner Muse, der Schauspielerin Claudia Nardi (Ann Mandrella). Sie ist eine besondere Erscheinung in der tristen Kulisse. Er braucht sie für seine Kreativität. Doch auch Claudia hat sich weiterentwickelt und wendet sich von ihm ab.

Die Rolle der Mutter bleibt sehr blass und oberflächlich. Andrea Huber versucht das Möglichste herauszuholen.
Jacqueline Braun als Hure Sarraghina vermittelt dem neunjährigen Guido (mit klarer und sicherer Stimme Joel Gradinger), dass er aufs Ganze gehen soll. Sie ist liebevolle, fast mütterliche, nicht vulgär und billig.

Die Produzentin, spielt Patricia Nessy. Mit ihrem charmanten Boa Auftritt erinnert sie an „My Fair Lady“.
Wietske van Tongeren als Kritikerin Stephanie Necrophorus zeigt mit ihrem Song „Cinema Italiano“ die schwarz-weißen Seiten des Filmgeschehens auf.
Anna Overbeck als Chefin der Zimmermädchen reiht sich in die Riege der starken Frauen ein.

Das graue Bühnenbild von Karl Fehringer und Judith Leikauf spiegelt das momentane Seelenleben Guidos, geprägt von düsteren Momenten bis hin zu Selbstmordgedanken, wider.
Die Inszenierung von Ramesh Nair ist eine gelungene Gradwanderung zwischen Realität und Traum, Groteske und Normalität. Seine Choreografien sind schwungvoll, kreativ und stets passend eingesetzt.
Die Musik ist gefällig, jedoch bleibt keine Melodie wirklich im Gedächtnis. Christoph Huber hat die abwechslungsreiche Partitur Yestons wunderbar für die unterschiedlichen Instrumente seiner Musiker*innen ausbalanciert.

  • Joel Gradinger, Drew Sarich
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NEUN ist kein Mainstream Stück. Trotz humoristischer Szenen und witziger Wortgeplänkel werden auch ernstere Töne angeschlagen, welche zum Nachdenken anregen.
Mit dem Musical NEUN hat die Bühne Baden erneut einen Hit gelandet.

5 von 6 Sternen: ★★★★★
                             Kritik: Wolfgang Springer; Fotos: Lalo Jodlbauer

www.buehnebaden.at

19.10.2022 - Schönbrunner Stöckl/ Wien

Trojani & Schenk - BRAVO!

Am 26. August 1956 erschien das erste BRAVO Heft mit Marilyn Monroe auf der Titelseite. Schon bald wurde das Magazin Kult und prägte ganze Generationen.
Am 19. Oktober 2022 fand die Premiere der neuesten Musik-Show - BRAVO! - der Künstlerwirtsleut´ Tamara Trojani und Konstantin Schenk im Schönbrunner Dinnertheater im Schönbrunner Stöckl statt. Mit BRAVO! feiern die beiden Künstler einerseits 5 Jahre Schönbrunner Dinnertheater und andererseits 25 Jahre ihrer künstlerischen Zusammenarbeit.

Sopranistin Tamara Trojani und Pianist, Komponist und Dirigent Konstantin Schenk lassen nun bunt, schrill und höchst amüsant auf ihre ganz persönliche Art und Weise diese Hippie-Zeit in einer Dinnershow Revue passieren. Sie schwelgen in Erinnerungen und plaudern persönliches aus dem Nähkästchen. Es war die Zeit des falschen Kaviars und Shrimps Cocktail, Wackelkopfhund und Häkeldeckchen im Auto, der Karottenhosen und den großen, teilweise melancholischen Liedern, etwa von Hildegard Knef oder Katja Epstein. Von den Eltern verpönt, wurde das Heft oftmals heimlich gelesen, avancierte jedoch zum beliebtesten Jugendmagazin im deutschsprachigen Raum. Die berühmten Starschnitte, bei dem in jeder Ausgabe neue Teile ergänzt werden konnten, waren eine geniale Anbindung für die LeserInnen. Die erotischen Ratschläge von Dr. Sommer durften ebenfalls nicht fehlen. Einige amüsante haben das Künstlerpaar für ihr Programm ausgegraben. Zudem deckte BRAVO den aktuellen Musik- und Modesektor ab. So schrill und bunt die Mode war, so spiegelte sich dies in der Dinnershow wider, die keinen Anspruch auf Perfektionismus oder Intellektualität stellt. Kleine Hoppalas werden charmant korrigiert. Die ZuschauerInnen fühlen sich stets gut unterhalten.
Für die musikalische Darbietung sorgte Tamara Trojani, deren Stimme vier Oktaven umfasst und mit der sie weltweit erfolgreich unter unterem in „Tosca“, und „Die lustige Witwe“, glänzte. Am Klavier oder als Gesangspartner fungierte Konstantin Schenk, Sohn von Otto Schenk. Er dirigierte bereits auf der ganzen Welt. Sein Repertoire umfasst 50 Opern. Sein Handwerk erlernte er etwa als Assistent von Herbert von Karajan. Zwischen den Songs und Erzählungen gab es das auf die Zeit perfekt abgestimmte Menü, welches den Abend kulinarisch abrundete.

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4 von 6 Sternen: ★★★★
                           Kritik: Michaela Springer; Fotos: Roman Wiehart

David Jakobs (c) VBW/ Deen van Meer

08.10.2022 - Ronacher/ Wien

Disneys DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME
Österreich Premiere

Victor Hugos Roman DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME“ von 1831 zählt zu den Hauptwerken der französischen Romantik. Wie jeder Romantiker liebte der Autor auch das Mittelalter und bediente sich dessen Einfluss mit Verfolgung, Folter und Leidenschaft. Zugleich ist er sehr gesellschaftskritisch, besonders in Bezug auf die Kirche, die ihre Macht ausnutzt. Der Roman wurde ein Sensationserfolg, obwohl die Kirche die Veröffentlichung verbot, weil dieser zu sinnlich sei. Er wurde mehrmals verfilmt und diente als Vorlage für eine Oper und ein Musical, welches aus dem Disney Animationsfilm von 1996 entstand.

David Jakobs, Ensemble (c) VBW/ Deen van Meer

Am 8. Oktober feierte dieses seine österreichische Erstaufführung im Wiener Ronacher.
Aber gab es Quasimodo wirklich? In der Tate Gallery wurde ein Schriftstück über einen buckeligen Steinmetz gefunden, der bei der Restaurierung von Notré Dame beschäftigt war und der an einer Rückendeformation, Kyphose genannt, litt. Da dies in der Zeit war, wo Victor Hugo sein Werk verfasste, kann es durchaus sein, dass er ihm als Inspiration gedient hat.

Ensemble (c) VBW/ Deen van Meer

Das Musical hält sich an den Roman und nicht an die Disney Filmversion, in der Claude Frollo ein Richter ist, sondern wie im Original, Erzdiakon. Obwohl das Musical Disneys DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME heißt, hat man den Eindruck, dass es eigentlich in erster Linie um Frollo geht.

Andreas Lichtenberger (c) Michaela Springer


Andreas Lichtenberger
ist ein charismatischer Geistlicher, der geplagt von seiner inneren Zerrissenheit ist.
Doch er ist nicht nur durch und durch böse. Er ist ein sehr vielschichtiger Charakter. So liebt er seinen Bruder und kümmert sich gewissermaßen um seinen Neffen. Gegen die Roma greift er hart durch. Er sieht sie als Wurzel alles Übels, die ausgerottet werden müssen. Doch ausgerechnet in eine solche Zigeunerin verliebt er sich.

Andreas Lichtenberger (c) VBW/ Deen van Meer

Sein „Feuer der Hölle“ brennt nicht nur lichterloh, sondern ist ein Highlight des Abends. Lichtenberger hat eine starke Bühnenpräsenz, welche die Rolle noch mächtiger und gefährlicher erscheinen lässt. Frollo ist regelrecht besessen von Esmeralda, was einen inneren Kampf in ihm zwischen Gelübde und Gelüste zu Esmeralda hervorruft. Anfangs empfindet er es noch als Prüfung Gottes, doch sein Verlangen wird immer größer und krankhafter bis zu dem Punkt, an dem er sie sterben lässt, wenn sie sich ihm verweigert. Doch Esmeralda liebt Phoebus.

Dominik Hees (c) VBW/ Deen van Meer

Dominik Hees spielt solide den Offizier Phoebus de Martin. Die Maske ist nicht gerade vorteilhaft, sein langes, strähniges und fettiges Haar lassen Frollo optisch attraktiver erscheinen. In dem Fall muss Liebe blind machen, sonst hätte sich Esmeralda für den Erzdiakon entschieden.
Am Ende muss aber auch er ohne seine Geliebte weiterleben.

Abla Alaoui (c) Michaela Springer

Abla Alaoui Ist eine liebreizende, gesanglich überzeugende Esmeralda, die aber zu brav wirkt. Ab und zu könnte sie mehr das Temperament einer Zigeunerin zeigen. Gekonnt spielt sie jedoch die verführerische Roma, die aber doch keusch bleiben möchte.
Einfallsreich ist hier die Inszenierung beim Fest der Narren. Mit steifen Tüchern bei einzelnen Passagen ihres Tanzes, erzielt man einen Slow Motion- oder Erstarrtheit-Effekt.

David Jakobs (c) Michaela Springer

Aber auch der taube Quasimodo verliebt sich in die schöne Esmeralda. David Jacobs stellt die Figur des Buckeligen sehr fein und sensibel dar. Äußerlich eine schreckliche Gestalt, innerlich rein und gutmütig. Er ist der Prototyp, dass wahre Schönheit im Inneren des Menschen zu finden ist und man sich nicht durch die äußere Erscheinung blenden lassen soll. Zurückgezogen und Frollo untertänig hat er nur die Steinfiguren als Freunde, bis Esmeralda in sein Leben tritt und ihm das wahre Leben zeigt. Mit „Draußen“ schafft David Jacobs einen Gänsehautmoment. Mit seinen Ängsten, Sehnsüchten, seiner Verletzlichkeit und Stärke berührt er zutiefst. Man möchte ihn regelrecht in den Arm nehmen und beschützen vor der grausamen Welt, denn ein Happy End gibt es für niemanden. Umso ergreifender die Schlussszene, in der er nur im Tod mit ihr vereint sein darf.

(c) VBW/ Deen van Meer


Die Inszenierung von Scott Schwartz ist technisch perfekt und einfallsreich. Der sehr beworbene Chor ist nicht wirklich notwendig, aber auch nicht neu. Dieser wird in allen Produktionen rund um den Erdball zur Verstärkung eingesetzt. Das Ensemble hätte diesen locker ersetzten können.

Christian Struppeck, Alan Menken, Scott Schwartz (c) Stefanie Steindl

Teilweise ist das Stück schleppend und einzelne Szenen unnötig in die Länge gezogen. Die Musik von Alan Menken beinhaltet mehrere Ohrwürmer inclusive große Balladen und Ensemblenummern.  Die Texte dieser, gegenüber dem Animationsfilm, reiferen Inszenierung regen zum Nachdenken an. Aus Schutz der Jugend sollte man jedoch aufgrund einiger verstörender Szenen das Alter auf 12 Jahren hochschrauben oder zumindest mit den Kindern danach darüber sprechen.

Mit Disneys DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME und REBECCA laufen nun zwei Produktionen bei den VBW, welche auch eine weitere Anreise lohnen.

5 von 6 Sternen: ★★★★★
                                                           Kritik: Michaela Springer

www.musicalvienna.at

04.10.2022 - Das Vindobona/ Wien

LADIES NIGHT
Kein Job, kein Geld, keine Aussicht

Wir befinden sich in der tiefsten Provinz Niederösterreichs, in einem Hinterzimmer eines Gasthauses, der auch schon bessere Zeiten erlebt hat. Sechs arbeitslose Fabriksarbeiter treffen sich dort regelmäßig, um ihren gemeinsamen Kummer mit Bier hinunterzuspülen. Aber eines wissen sie ganz genau, sie wollen keine Dauerkunden beim AMS werden. Als sie in einer Zeitung einen Artikel über äußerst erfolgreiche Stripteasetänzer lesen, sind sie überzeugt, dass sie das auch können. Bis auf Amir, dem jungen Bosnier, sind sie alle keine Adonis, aber Ausstrahlung würde ohnehin mehr zählen als ein Sixpack. Auch wenn sie grau, weiß oder haarlos sind und sie eher eine Teddybär Figur haben, wollen sie als Stripteasetänzer durchstarten. Anfängliche Bedenken werden zur Seite geschoben, Erfolg und Geld sind ihr Antrieb, um ihre Hemmungen zu überwinden. Welch Glück, dass die Kellnerin eine ehemalige Tänzerin war. Vor ihr liegt aber eine Menge Arbeit, denn ihre Vorstellung eines Striptease ist eher abtörnend. Aufklärungsarbeit ist angesagt, auch wenn sie sich anfangs noch widersetzen. Als ihr erster Auftritt ihnen 1 Millionen YouTube Klicks erfährt, fühlen sie sich als Stars mit den dazugehörenden Allüren. Nur zu dumm, dass sie die Kommentare unter dem Video nicht gelesen haben. Die Klicks bezogen sich nicht, wie angenommen, auf ihre erotische Performance, sondern sie werden als
Lachnummer gehandelt. Doch sie haben ein Ziel vor Auge, und das wollen sie erreichen. Durch Beziehungen ihrer „Lehrerin“ zu ihrem Ex, bekommen sie die Chance in einem Szene-Club in Wien aufzutreten. Nun können die sechs zeigen, was wirklich in ihnen steckt.

Das Vindobona zeigt die Berndorfer Fassung von Robert Kolar. LADIES NIGHT ist ein amüsantes Theaterstück mit kleinen Längen und zu vielen Slapstick Momenten im zweiten Teil. Die Charaktere sind bewusst überzeichnet und klischeehaft.
Christoph von Friedl ist der Animateur der Gruppe, der selbst zu Beginn nicht aktiv auf die Bühne möchte.
Werner Brix als Wolfi ist der Sarkastische, der den Blick auf die Realität nicht verliert, schlussendlich aber zu seinen Freunden steht.
Reinhold G. Moritz gibt den Altrocker, cool und lässig. Das Erlernen seines Tanzes ist ein komödiantisches Highlight, bei dem kein Auge trocken bleibt.
Robert Kolar hat die Rolle des stotternden Pauli übernommen, der voller Eifer dabei ist. Sein Auftritt in Leggins ist ein optischer Fehlgriff, der amüsierte.
Martin Bermoser ist von Zweifel und Nervosität geplagt, auch wegen seiner versteckten Homosexualität, und steht ständig unter Strom.
Thomas Höfner spielt den Muslim Amir, dessen Familie nichts erfahren darf, da er Angst hat verstoßen zu werden.
Die Truppe zu unterrichten ist die Aufgabe von Maggie, gespielt von Linda Hold, die mit einem sexy lasziven Vortanzen beeindruckte.
Der Wiener Manager wird von Wolfgang Fifi Pissecker gespielt. Er steigt er gegen Schluss ins Geschehen ein und hat somit nur einen kurzen Gastauftritt.


Das Finale ist ein perfekt choreographierter Strip bis zum blanken Ende unter mitreißender Musik und dem Toben der vorwiegend weiblichen Zuschauer.

Unter der Regie von Viktoria Schubert entstand ein unterhaltsamer Abend, mit Momenten zum Nachdenken: Existenzprobleme, die zu Eheproblemen führen, aber mit der Quintessenz, dass man durch Freundschaft viel erreichen kann, wenn man nur daran glaubt und sein Ziel verfolgt.
Wer seine Sorgen einmal außen vorlassen möchte, wird im Vindobona bei LADIES NIGHT fündig.


5 von 6 Sternen:
★★★★★

Kritik & Fotos: Michaela Springer


Bis 6. November steht das Stück noch auf dem Spielplan.

www.vindobona.wien

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01.10.2022 - Das Vindobona/ Wien

SOUND OF YOUTH!
DAS VINDOBONA auf der Suche nach Musical-Talenten

Am 1. Oktober startete DAS VINDOBONA mit einer neuen interessanten Musical-Reihe. Im Obergeschoss des Café-Restaurants bietet man ab sofort jungen Menschen die Möglichkeit, ihre gesanglichen Fähigkeiten vor einem kleineren Publikum zu zeigen. Der Eintritt für Gäste ist kostenlos. Die Gastronomie muss nicht genutzt werden, doch laden die angebotenen kleinen und größeren Gerichte zur Konsumation ein. Unter der Getränkevielfalt sind die Melange und die selbstkreierten Säfte empfehlenswert.


Den Anfang für diese Musical-Reihe machten Antonia Tröstl (23), Natalie Gugler (26), Corinna Schaupp (23), Thomas Pruckner (28) und Nicolas Vinzenz (19).  Das Programm war bunt, aber wenig durchdacht. Kein roter Faden, zu wenig schnelle Nummern, zu viele Balladen, keine Erklärungen zu den, zumeist in Englisch gesungenen, Liedern aus eher unbekannten Musicals. Ein Gleichgewicht bei der Liederauswahl wäre wünschenswert gewesen.

Der Enthusiasmus war den fünf sympathischen Protagonist*innen wohl anzumerken, doch jede(r) hatte mit gesanglichen Defiziten zu kämpfen, die auch darstellerisch nicht wettzumachen gewesen wären. Zeitweise wurden Gefühle falsch eingesetzt, wie etwa bei „Stars” aus „Les Misérables”. Inspektor Javert ist besessen auf der Jagd nach Jean Valjean. Das Lied soll seine Wut und Verzweiflung zum Ausdruck bringen, den Flüchtigen nicht fassen zu können. An ein Anhimmeln der Sterne hatten die Autoren des Stückes wohl eher nicht gedacht.

Ebenso bei „Mut zur Tat” aus „Rudolf - Affäre Mayerling”. Dies ist keine Liebesballade, sondern drückt die Entschlossenheit des Kronprinzen aus, sich endlich von seinem Vater zu lösen und privat und politisch eigene Wege zu gehen.

Manche Lieder eignen sich auch nicht für Klavierbegleitung, wie etwa „A Better Version” aus „36 Questions” und „Dead Mom” („Beetlejuice”).

Positiv sei jedoch zu erwähnen, dass die Stimmen zumindest im Kollektiv eine gewisse Harmonie aufwiesen.

Auch wenn diesmal keine großen Talente zu hören und sehen waren, bietet dieses neue Konzept, der nun regelmäßig stattfindenden Konzertabende, die Chance, ungeschliffene Diamanten zu entdecken.

Auf eine Sternebewertung sei diesmal verzichtet.

                            
                      Kritik:
Wolfgang Springer; Fotos: Michaela Springer

www.vindobona.wien

Hanna Kastner; Foto (c) Robert Josipovic

23.09.2022 - Musiktheater/ Linz (OÖ)

ANASTASIA
Österreichische Erstaufführung

Das Musical stammt von Terrence McNally (Buch), Stephen Flaherty (Musik) und Lynn Ahrens (Gesangstexte) und wurde von Ruth Deny (Dialoge) und Wolfgang Adenberg ins Deutsche übertragen. Inspiriert wurde es durch den 1997 bei Twentieth-Century-Fox erschienenen Animationsfilm.

Anastasia – ein langanhaltendes mystisches Geheimnis umgab diesen Namen lange Zeit und verleitete zu vielen Theorien, die mit tiefer Hoffnung verbunden waren. Hat Anastasia, die jüngste Tochter des Zaren Nikolaus, als einzige das Massaker vom 17.Juli 1918 überlebt? Ein Wunschdenken vieler, was so manche Schwindlerin bewogen hat, sich als Anastasia auszugeben.

Daniela Dett, Hanna Kastner

Berühmtestes Beispiel war Anna Anderson, die in Wahrheit Franziska Schanzkowska hieß und eine polnisch-deutsche Fabrikarbeiterin aus Pommern war. Sie wurde am 17.2.1920 aus dem Wasser gerettet, wo sie von einer Brück gesprungen war. In der Irrenanstalt erkannte eine Pflegerin sie als Anastasia. Bis dahin ohne Erinnerung und damit konfrontiert, gab sie sich von nun an als Anastasia aus, obwohl sie kein Wort russisch sprach. Viele russische Adelige wollten die Geschichte glauben, in der Hoffnung die Romanows würden wieder auf den Thron zurückkehren. Die wahre Identität dieser Anna blieb bis zur DNS-Analyse unbelegt. Erst dann konnte eindeutig festgestellt werden, dass sie nicht die letzte Zarentochter war. Anastasia ist, wie ihre Eltern und Geschwister im 20-minütigen Massaker ums Leben gekommen. Durch die eingenähten Schmuckstücke in den Kleidern, starben die Töchter nicht sofort an den Schüssen, sondern wurden mit Bajonetten zu Tode gestochen. Die Zarin wurde mit einem Kopfschuss hingerichtet. Die Körper wurden auf einem LKW verfrachtet und in eine Mine gebracht. Hobbyhistoriker wollten dieses Rätsel in den 70-iger Jahren lösen, schwiegen aber bis 1991. 1998 fand die Zarenfamilie endlich ihre letzte Ruhe und wurden in der Sankt Petersburg beigesetzt, bis auf den Zarewitsch und der vierten Tochter, deren Gräber erst 2007 gefunden wurden. Viele Historische Fragmente wurden zuerst im Animationsfilm und in Folge auch im Musical verarbeitet, wie etwa der Diamant, der in ihrer Wäsche gefunden wurde oder dass sie sich an nichts erinnern kann.

Hanna Kastner, Nikolaj Alexander Brucker

Im Zeichentrickfilm lieh Jana Werner Anastasia die Singstimme. Sie diente als Vorlage für das Musical. So wurden einige Songs in das Bühnenstück übernommen. Statt Rasputin aber gibt es den Politkommissar Gleb, der den Bösewicht des Stückes mimt. Dieser soll das Werk seines Vaters, welcher den Oberbefehl innehatte, die Zaren Familie zu töten, hatte, vollenden. Dies macht das Stück realer, aber die mystische Komponente fällt weg. Im Film steigt Rasputin aus dem Totenreich empor, um Rache zu nehmen. Hinsichtlich, dass er angeblich mehrere Mordanschläge in einer Nacht überlebt hatte, bis er ertrank und seine Prophezeiung „Solange ich lebe, wird auch die Dynastie leben“, die aber bereits zwei Monate nach seinem Ableben nach einer 300-jährigen Herrschaft endete, hat etwas viel Mystischeres.

Lukas Sandmann, Hanna Kastner, Karsten Kenzel

Die Inszenierung von Matthias Davids verzichtet darauf, auf die aktuelle Invasion Russlands in der Ukraine Bezug zu nehmen, was auch unpassend wäre. Er konzentriert sich ganz auf die Zeit nach dem Putsch und deren Gegebenheiten. Das spiegelt sich auch im Bühnenbild von Andrew D. Edwards. Es ist karg und mit wenig Lichteffekten (Michael Grundner). Das neue Leningrad ist trostlos und ohne Glanz. Jeder bespitzelt jeden und alles, was es zu verkaufen gibt, wird verkauft. Gaunerei übernimmt die Oberhand, der Hass auf die Aristokratie wächst, sodass sie zur Flucht gezwungen wird. Die neue Partei, in rotes Licht getaucht, strahlt nur erbarmungslose Kälte aus. Aber auch im Etablissement der Zarenmutter in Paris spiegelt sich verlorener Glanz. Nur die Eleganz und Grazie der Zarenmutter selbst lässt den ehemaligen Glamour und die Macht des Herrschergeschlechtes der Romanows erahnen. Was man von Jakobs diesmal vermisst, sind gute Regieeinfälle in Kombination mit dem kargen Bühnenbild. Beim Ansehen des Stücks wären einem selbst einige interessante Ideen in den Sinn gekommen.

Hanna Kastner

Anastasia ist die Suche einer jungen Frau zu sich selbst. Wer ist sie, wer ist ihre Familie. Ein nicht definierter Drang treibt sie nach Paris. Warum, weiß sie nicht. Nur diese innere Sehnsucht lässt sie nicht los. Sie ist keine Gaunerin, sondern eine Suchende, naiv und ehrlich. Eine leichte Beute für zwei Gauner, die es auf die Belohnung abgesehen haben. Dimitri und Wlad sind keineswegs eiskalte Schurken, sondern eigentlich in ihrer Art liebenswürdig.

Hanna Kastner, Lukas Sandmann

Das Musical bedient sich vieler Klischees. Die Dekadenz des Zaren Hofes, den russischen Schwermut und den Freigeist der Zwischenkriegszeit, besonders in Paris, frech und frivol als gäbe es kein Morgen. Kim Duddy findet dazu stets die dazu passende Choreografie.
Hanna Kastner ist die unschuldige, naive Anastasia. Sie überzeugt in ihrer Wandlung zur starken selbstbewussten Frau, sowohl in Stimme als auch schauspielerisch.
Lukas Sandmann, der liebevolle Straßenjunge Dimitri, und Karsten Kenzel als Wlad sind das Gauner Duo, das ihr Herz am rechten Fleck hat.
Herausragend agiert Daniela Dett als Zarenmutter. In all ihrem Verlustschmerz und den vielen Enttäuschungen behält sie ihre Würde.
Die Gräfin Lily, welche die Zarenmutter nach Paris begleitet hat, wird in Linz von Judith Jandl verkörpert. Mit einem Schuss Sexappeal, ordentlich Schwung in den Hüften und Gold in der Kehle treibt sie sich gerne im Nachtclub der Aristokratinnen und Aristokraten herum und lässt sich umschwärmen, bis sie hier ihren ehemaligen Geliebten Wlad wieder trifft. Sehr schön ihr Duett „Die Gräfin und der Bürgersmann“.

Nikolaj Alexander Brucker, Ensemble

Nikolaj Alexander Brucker hat als Politkommissar Gleb die am feinsten ausgearbeitete Charakterrolle, welche zudem die spannendste im Stück ist. Er ist innerlich zerrissen zwischen der Pflicht auch die letzte Romanow töten zu müssen und sie ziehen zu lassen. Er ist nicht nur der Böse, er wurde auf Gehorsam gedrillt, doch es widerstrebt ihm, Anastasia zu töten, was Bruckner sehr emotional darstellt. Denn es gibt nicht nur Schwarz und Weiß.

Judith Jandl, Karsten Kenzel

Das Musical orientiert sich sehr stark am Animationsfilm, dadurch sind die im Film vorkommenden Figuren sehr plakativ charakterisiert. Der Filminhalt von ca. 90 Minuten wurde auf Musicallänge aufgezogen, sodass einige Szenen unnötige Längen aufweisen. Die Leistung des spielfreudigen Ensembles fällt durchwegs positiv auf. Man muss sehr wohl zwischen der Leistung der Protagonist*innen und den Rahmenbedingungen des Musicals differenzieren, die bei weitem nicht die Qualität des Filmklassikers aufweisen können. Die eher uninspirierte Inszenierung in dem schalen Bühnenbild bringt hier leider auch nicht wirklich Esprit auf die Bühne. Die Darsteller*innen, die schwungvollen Choreografien und das glänzend aufspielende 15-köpfige Orchester unter der musikalischen Leitung von Tom Bitterlich, welches die eingängigen Melodien wunderbar intoniert, trösten ein wenig über die Schwächen des Stücks und deren optische Erscheinung hinweg.

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Auch nach so vielen Jahren, in der die Wahrheit bekannt ist, fasziniert die Geschichte Anastasias. Das Märchen einer überlebenden Zarentochter wäre doch auch zu schön.

4 von 6 Sternen: ★★★★
                         Kritik:
Michaela Springer; Fotos: Reinhard Winkler

www.landestheater-linz.at

Nienke Latten, Mark Seibert

22.09.2022 - Raimund Theater/ Wien

REBECCA
Rückkehr nach Wien

Über 2 Millionen Menschen in 12 verschiedenen Ländern haben den Musicalthriller von Sylvester Levay und Michael Kunze bereits erlebt. 16 Jahre nach der Welturaufführung kehrte REBECCA nach Wien zurück.

Der gleichnamige Film aus dem Jahre 1940 mit Joan Fontaine und Laurence Olivier wurde in 11 Kategorien für den Oscar nominiert und gewann diesen für den besten Film und beste Kamera. Es war der erste in Hollywood gedrehte Film von Alfred Hitchcock, mit dem er allerdings nicht zufrieden war. Er sagte später in einem Interview: „Das ist kein Hitchcock-Film. Es ist eine Art Märchen und die Geschichte gehört ins ausgehende neunzehnte Jahrhundert. Es ist eine ziemlich vorgestrige, altmodische Geschichte. Es gab damals viele schriftstellernde Frauen. Dagegen habe ich nichts, aber Rebecca ist eine Geschichte ohne Humor“.

Willemijn Verkaik


Schwerpunkte im Film, wie im Musical ist die Identitätssuche einer jungen Frau und die homoerotische Beziehung zwischen Rebecca und Mrs. Danvers. Regisseurin Francesca Zambella, die bereits bei der Welturaufführung die Regie inne hatte, baut diese filmisch rasant auf, setzt teilweise auf Schwermut, bleibt aber größtenteils konservativ.

Nienke Latten

Nienke Latten gibt mit der Rolle der Ich ihr Wien Debüt. Schauspielerisch überzeugt sie in der Entwicklung von der naiven, schüchternen Gesellschafterin zur selbstbewussten Herrin von Manderley. Ihr Spiel ist natürlich und nie überzeichnet. Ihre Klangfarbe erfüllt ganz den Anforderungen, wenngleich man in manch kräftigeren Passage das Gefühl hat, dass die Stimme wegbricht.

Mark Seibert, Nienke Latten

Die Figur des Maxim de Winter ist eine Paraderolle für Mark Seibert. Ein galanter Gentleman mit einer zwiespältigen Persönlichkeit. Seine junge Frau soll ihn Rebecca vergessen lassen, die er zutiefst gehaßt hat. Erinnert sie ihn dennoch an sie, erwachen Dämonen in ihm. Er wird unberechenbar, tobt und schreit zügellos. Gewollt oder ungewollt verletzt er seine junge Ehefrau, die nichtsahnend von seiner schweren Last ist. Er behandelt sie wie ein kleines Kind. „Kein Lächeln war je so kalt“ ist Seiberts gesangliches Highlight, bei dem er seinen starken Gefühlen scheinbar unkontrolliert freien Lauf lässt, ein emotionaler Höhepunkt, der zugleich auch die Wendung in der Beziehung zu seiner zweiten Frau ist. In diesem Augenblick verschwindet das Kind in ihr und sie wird zur selbstbewußten Frau. Es erschüttert sie nicht, dass ihr Mann ihr den Mord an Rebecca gesteht. Sie beteuert erneut ihre Liebe zu ihm. Das ist der Moment, wo das Machtverhältnis wechselt. Nun fühlt sie sich stark genug die Position der Herrin von Manderley zu übernehmen, was im Spiel von Latten und Seibert sehr schön herausgearbeitet ist. Beim Abgang ist sie seine Stütze.

Willemijn Verkaik, Nienke Latten (c) Wolfgang Springer

Die diabolische Gegenspielerin ist die Haushälterin Mrs. Danvers, verkörpert von Willemijn Verkaik. Sie begibt sich auf eine grandiose Gradwanderung zwischen ergebener Liebe zu Rebecca, die einer Vergötterung gleicht und dem intriganten Spiel jegliches Eindringen in deren Reich zu unterbinden. Buchautorin Daphne du Maurier hat auch immer stets betont, dass dies eine Studie über Eifersucht sei. Verkaik interpretiert „Sie ergibt sich nicht“ als erotische Schwärmerei, zärtlich und doch voller Kraft und Leidenschaft und sorgt so für Gänsehautmomente. Sie trägt das Stück mit ihrem mystisch dämonischen Charme und ausdrucksstarker Interpretation. Stets schwingt eine Bösartigkeit gegenüber der neuen Mrs. de Winter und der Hang zum Wahnsinn mit, deren Höhepunkt die Balkonszene mit Ich und dem Finale sind.

Mark Seibert, Ana Milva Gomes, Ensemble

Ana Milva Gomes Spiel als Mrs. van Hopper wirkt anfangs sehr aufgesetzt. In Folge glänzt sie jedoch mit dem Showstopper „I´m an American Woman“.

Den Gutsverwalter und besten Freund von Maxim ist Frank Crawley. Mit James Park hat man die Figur passend besetzt. Der ausgebildete Opernsänger hinterließ schon in „Miss Saigon“ als Thuy einen positiven Eindruck. Hier bei REBECCA darf er sich von seiner sympathischen Seite zeigen.

Aris Sas, Nienke Latten

In der Rolle des Ben ist Aris Sas eindeutig unterfordert. Er ist ein liebenswürdiger, geistig zurückgebliebener Mann, den man am liebsten in den Arm nehmen möchte. Gesanglich ist er stark, zu stark für diesen Part. Es ist zu hoffen, dass er bald in einer großen Rolle bei den Vereinigten Bühnen besetzt wird.

Florian Fetterle, Nienke Latten, Annemieke van Dam

Annemieke van Dam überzeugt sowohl gesanglich wie schauspielerisch als liebevolle Schwester von Maxime.

Eine erfrischende Erscheinung ist Boris Pfeifer als schlitzohriger Cousin Jack Favell, der seine Figur gekonnt schmierig und hinterhältig verkörpert - eine Glanzleistung.

Nienke Latten, Boris Pfeifer (c) Wolfgang Springer

REBECCA ist kein Gute Laune-Musical. Es ist voller Spannung und Mystik. Einzigartig anders, abseits so vieler klischeehafter oder Juke-Box Musicals, mit so einigen Ohrwürmern und einer hervorragenden Cast, aus dem Willemijn Verkaik hervorsticht.

www.vbw.at

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Am 18. November erscheint die Gesamtaufnahme bei HitSquad Records.

5 von 6 Sternen: ★★★★★

Kritik: Michaela Springer;
Fotos, wenn nicht anders angegeben: VBW/ Deen van Meer

21.09.2022 - Theater im Park/ Wien
Viktor Gernot & Michael Niavarani – SCHLAGERANFALL
Eine Nacht zum Schunkeln im Theater im Park

Schlager sind verschrien, musikalisch, wie auch literarisch trivial zu sein. Doch gerade in Zeiten von Pandemie, Krieg und dem Ausblick vieler in eine nicht gerade rosige Zukunft, erlangt die leichte Unterhaltung wieder einen höheren Stellenwert.

So haben sich Michael Niavarani, Viktor Gernot und die Simpl Girls Katharina Dorian, Jennifer Frankl und Ariana Schirasi-Fard dem Thema angenommen und unter dem Namen SCHLAGERANFALL ein heiter beschwingtes Programm zusammengestellt, welches sie an vier Abenden Ende September im Theater im Park präsentierten.
Mehr als zwei Stunden, in Winteroutfits und Decken gehüllt, harrten die zahlreich erschienenen Besucher*innen nicht nur tapfer in der Kälte aus, sondern klatschten, schunkelten und sangen begeistert mit - bei manchen vielleicht auch, um sich warm zu halten.

Der Schwerpunkt der Lieder lag im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts. Catherina Valente, Peter Alexander, Bill Ramsey, Costa Cordalis, Gus Backus, Vico Torriani, sind nur ein paar Showgrößen aus der Schlagerwelt, deren sich die fünf annahmen. Dabei wurde zwischen den musikalischen Beiträgen, sowie auch währenddessen gescherzt und aus dem Nähkästchen geplaudert. Michael Niavarani bewies, dass er nicht nur ein grandioser Comedian ist, sondern auch passabel singen kann. Gentleman Viktor Gernot schlüpfte zudem in mehre Rollen. Sein Vorbild Peter Alexander durfte dabei ebenso nicht fehlen, wie André Heller und Heinz Rühmann.
Die drei Musical-Ladies waren in dem Programm gleichermaßen eingebunden und zeigten sich gut gelaunt bei Soli, Duetten und Ensemble-Nummern. Da der Schlager inhaltlich bekanntlich anspruchslos ist, versuchte Ariana Schirasi-Fard auf Zurufe eines Zuschauers spontan einen Text zu kreieren und intonieren, was ihr auch fabelhaft gelang.
Routiniert begleitete Viktor Gernots Band "Beste Freunde" die vier Künstler*innen im Schwarzenberggarten am Belvedere.
Nach mehreren Zugaben klang der SCHLAGERANFALL unter begeisterndem Applaus aus und beendete grandios und überaus erfolgreich die Spielzeit im Theater im Park.

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
                       Kritik: Wolfgang Springer; Fotos: Michaela Springer

15.09.2022 - Komödie am Kai/ Wien

Premiere PROBIER´S NOCHMAL!

Am 15.9.2022 startete die Komödie am Kai mit Peter Limburgs Stück PROBIER´S NOCHMAL! in ihre 41. Bühnensaison. In den Hauptrollen agieren Dany Sigel und Sabine Muhar, die nicht nur im Sprechtheater und im Film zu Hause sind, sondern in der Vergangenheit auch erfolgreich als Musicaldarstellerinnen zu sehen waren und nun auch den Schauspiel-Nachwuchs unterrichten. Gemeinsam begeistern sie nun in der unterhaltsamen Komödie PROBIER´S NOCHMAL!“

Anna möchte das „Flittchen“ kennenlernen, die ihren geliebten Mann nach 36 Jahren dazu gebracht hat, sie zu verlassen. Christine will mit einer Opernagentur durchstarten. Mit Hinterlist tritt Anna in das Leben von Christine, um ihren mörderischen Plan in die Tat umzusetzen. Doch es läuft nicht alles wie geplant.

Peter Limburg Stück ist spitz pointiert, mit unerwarteten Wendungen und bietet einiges an Situationskomik. Dabei darf auch ein Schuss Lebensweisheit nicht fehlen und die Botschaft, dass man selbst in verzweifelten Lagen nie den Mut und den Humor verlieren sollte.
Die zwei Protagonistinnen sind ideal besetzt. Ihr Spiel ist von einer Natürlichkeit und Freude, welche sich auf die Zuschauer überträgt. Dany Sigel beeindruckt zusätzlich noch mit ihrer Vitalität, die sie mit 82 Jahren auf der Bühne zu zeigen vermag.

Mit PROBIER´S NOCHMAL! ist die Komödie am Kai erfolgreich in die neue Saison gestartet. Man setzt weiterhin auf humoristische Leckerbissen, welche beste Unterhaltung ohne großen technischen Aufwand, und mit fabelhaften Besetzungen bietet. Das Premierenpublikum zeigte sich begeistert. Bis zum 15. Oktober steht die Produktion noch auf dem Spielplan.

Kartentelefon: 01/ 533 24 34    *      www.komoedieamkai.at

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
                                                   Kritik & Fotos: Michaela Springer

14.09.2022 - Theater im Park/ Wien

Viktor Gernots SCHIeFLIEGEN
Sein musisch-heiteres Kabarettprogramm

Fast gänzlich Politik und Corona befreit trifft der begnadete Allround-Künstler auch in seinem neuen Programm den Nerv der Zeit und begeisterte am 14. September sein Publikum im Theater im Park mit musikalischen wie komödiantischen Gustostückerln. Dabei nahm er auch die aktuelle Austro-Pop-Szene aufs Korn, plauderte aus seiner Kindheit und Jugend ließ einen Adeligen, Alltags-Psychologen und einen Fußballtrainer, der verdächtig an einen bekannten Sportler erinnerte, zu Wort kommen. Dass der Mann, der bereits unzählige Preise und Auszeichnungen sein Eigen nennen darf, noch keinen Romy bekommen hat, ist für ihn und auch seine Fans unverständlich. Humorvoll hat er sich diesem leidigen Thema angenommen und appellierte, ihn doch endlich für diesen Publikumspreis zu nominieren.

In zwei, leider viel zu rasch verflogenen, Stunden, bewies Viktor Gernot, dass er ein Überflieger in der Kabarettszene ist. Schiefliegen konnten die Zuschauer*innen an diesem Abend jedenfalls des Öfteren.

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
                                                   Kritik & Fotos: Wolfgang Springer

Anna Brull (Evita), Benoit Pitre (Juan Perón)

29.07.2022 - Festung Kufstein (Tirol)

EVITA
Operettensommer in Kufstein

Der Himmel weinte, als genau zum 70. Todestag das Musical EVITA von Tim Rice (Libretto) und Andrew Lloyd Webber (Musik) seine Premiere in Kufstein feierte. Nicht so die Darsteller und das Publikum, welche(s) Corona bedingt zwei Jahre darauf warten musste(n).
Im Nordtiroler Unterland zeichnet sich Regisseur sowie Choreograph Enrique Gasa Valga für die Umsetzung des Stücks verantwortlich. Er nahm die Zuseher mit in das Argentinien von 1935 bis 1952.

Tiziano Edini (Che)

Die Bühne präsentiert sich als Tango-Lokal. Dort spielen sich viele leichtfüßig wirkende Tanzeinlagen ab, wie zu Beginn mit einer fast 15-minütigen vom Tiroler Tanzensemble. Von Ballett bis Tango ist alles dabei, was für Freude beim Publikum sorgt.

In den Hauptrollen sind Anna Brull als "Evita" und Benoit Pitre als "Juan Perón" zu sehen. Interessant die Rolle des "Ché", gespielt von Tiziano Edini, der teils erzählend, teils singend durch die Geschichte führt.

Es wird auf Deutsch gesungen, jedoch mit mitschwingendem, spanischem Akzent. Im Zusammenspiel mit der Musik des Orchesters, geleitet von Dirigent Oswald Sallaberger, kann so ein Feuerwerk der Gefühle entfacht werden.

Eva Duarte de Perón begann bereits in jungen Jahren an ihrer Karriere zu arbeiten. Die aus einfachen Verhältnisse stammende Frau - von vielen "Evita" genannt - schaffte den gesellschaftlichen Aufstieg, indem sie sich zuerst einen Namen in der Unterhaltungsbranche machte. Sie scheute sich nicht davor ihren Weg zu gehen, indem sie sich auf einige wichtige Männer einließ.
Durch die Hochzeit mit dem Präsidenten Juan Perón erlangte sie internationale Bekanntheit. Dennoch war Evita zeit ihres Lebens umstritten. So sehr sie auch von den ärmeren Teilen der Bevölkerung verehrt wurde, umso mehr verabscheuten sie die Aristokraten und führenden Militärs. Der Wunsch, Vizepräsidentin von Argentinien zu werden, blieb ihr verwehrt.
Mit nur 33 Jahren starb Evita am 26. Juli 1952 an Gebärmutterhalskrebs.

Anna Brull spielt Evita Peron stark und bestimmend, aber dennoch wenig charismatisch. Als Mezzosopranistin ist sie zudem eher der Oper zugeneigt.
Tiziano Edini verkörpert Che. Wer den Film mit Madonna und Antonio Banderas gesehen hat, wird Ähnlichkeiten beim sehr übertrieben Sarkasmus und Pathos erkennen. Gesanglich hat er noch Reserven.
Greta Marcolongo überzeugt als Mistress von Perón mit ihrer Stimme und Präsenz. Es wäre wünschenswert gewesen, sie in der Titelpartie erleben zu können. Sie ist ein Talent, das man hoffentlich noch öfters auf Tiroler Bühnen sehen wird.
Andrea De Majo, Mitglied der Tiroler Landestheaters begeistert das Publikum mit seinen Tanzeinlagen und seinem Humor, und vielleicht die eine oder andere Dame mit seiner attraktiven Erscheinung. Er wird in Folge auch als Cover von Che zu sehen sein.

Der gesamt Cast inklusive Ensemble des Tiroler Landestheaters ließ sich weder vom Dauerregen noch von kleinen Stürzen abschrecken und hinterließ einen soliden Eindruck.

Schade, dass das Stück nur für neun Vorstellung angesetzt ist. Allein schon wegen der beeindruckenden Location der Festung von Kufstein hätte es EVITA verdient mindestens bis zum Ende des Sommers aufgeführt zu werden.

2023 soll, so ferne Corona nicht noch die Stimmung vermiest, JESUS CHRIST SUPERSTAR auf der Festung Kufstein Einzug halten.

4 von 6 Sternen: ★★★★
     Kritik: Jacqueline Hueber; Fotos: Operetten Sommer Kufstein

22.07.2022 - Stadttheater/ Baden (NÖ)

SUNSET BOULEVARD
Träume aus Licht

Die Bühne Baden brachte in der diesjährigen Sommerproduktion mit SUNSET BOULEVARD, eine sarkastische Abrechnung auf das Hollywood kurz nach der Stummfilmära.
Das Musical von Sir A.L Webber, Don Black und Christopher Hampson basiert auf den Film „Boulevard der Dämmerung“ von Billy Wilder mit Gloria Swanson als Hauptdarstellerin Norma Desmond, die bereits in den 50iger Jahren Pläne für eine Musicalversion mit Dickson Hughes und Richard Stapley als Komponisten hatte. Das Projekt scheiterte jedoch am Widerstand von Paramount.

Viele Begebenheiten beruhen auf der Realität. So hat zum etwa Norma Desmond sehr viele Gemeinsamkeiten mit Gloria Swanson.
Die schonungslose Abrechnung mit der Traumfabrik wurde zu einem der Meisterwerke des Österreichers Billy Wilder und rangiert auf Platz 12 der besten Filme aller Zeiten.

Am 12. Juli 1993 feierte das Musical in London mit Patti LuPone seine Welturaufführung. Glenn Close erzielte mit dieser Rolle ihren größten Broadwayerfolg.

SUNSET BOULEVARD ist musikalisch gesehen eine Aneinanderreihung von diversen Wiederholungen einiger weniger prägnanter Songs, die nach und nach zu Ohrwürmern werden. Das Stück kann nicht an die Klasse von „Jesus Christ Superstar“, „Cats“ oder „Phantom der Oper“ anschließen. Das Orchester des Stadttheaters unter der Leitung von Andjelko Igrec vermag es dennoch die Komposition des Briten eindringlich umzusetzen.

Die Geschichte selbst ist spannend und bizarr, lebt aber fast ausschließlich durch die Protagonis*innen, welche ausdrucksstarke Persönlichkeiten sein müssen - vor allem die exzentrische Stummfilmdiva. Maya Hakvoort als Norma Desmond zieht dabei alle Register ihres Könnens. Es sind gerade die dramatischen Szenen, in denen sie schauspielerisch brilliert, ihre Einsamkeit, Hoffnung und Verzweiflung, die immer mehr in Besessenheit und Irrsinn mündet. Es genügt „nur ein Blick“ und das Publikum ist ihr verfallen und tief berührt.

Lukas Perman, erst kürzlich als Hakvoorts Sohn Rudolf in „Elisabeth“ vor Schloss Schönbrunn im Einsatz, mutiert in Baden zu ihrem Toy Boy. Dabei erwies er sich als Idealbesetzung des smarten Drehbuchautors Joe Gillis. Seine Rolle ist eine Gradwanderung zwischen Mitleid und eiskalter Berechnung. Die Balance aus der Zersplitterung seiner Seele, die Verlockung eines in Reichtum sorglosen Lebens oder den echten Gefühlen, welche ihm letztendlich das Leben kosten, gelingt ihm durchgehend überzeugend.

Beppo Binder als Max von Mayerling ist passagenweise gesanglich überfordert, kann aber als traurige Gestalt überzeugen. Man fragt sich, was in einem Mann vorgeht, der als Buttler bei seiner Ex-Frau bleibt und zusieht, wie sie mit anderen Männern schläft.

Die zweite, starke Frau im Stück ist Dorina Garuci als Betty Schäfer. Sie ist das Gegenteil von Norma, jung und voller Träume und Ziele. Durch ihre jugendliche Frische und positive Lebensbejahende Art ist sie eine große Konkurrentin zu Norma – zu Recht, wie sich herausstellt. Obwohl sie mit Gillis Freund Artie Green zusammen ist, fängt sie etwas mit dem Autor an.

Vom Ensemble ist noch Thomas Smolej als Gillis Kumpel Artie positiv zu erwähnen, der als sympathischer aber naiver Artie Green zu bedauern ist. Der Rest des Cast fällt mit teilweise schlechter Artikulation auf.

Die Inszenierung unter Andreas Gergen und Projektionen von Andreas Ivancsics bieten großes Kino. Lebende Oscar-Statuen sind die einzigen Freunde der einsamen Diva. Diese zeigen jedoch auch die Schattenseiten des Filmbusiness auf. Sie fordern, zerren. Die sexuelle Ausbeutung von Frauen in dieser Branche wird auch von Gergen in Ansätzen thematisiert. Der Preis von Hollywood, damals, wie heute. Eindrucksvoll setzt er die Silvesternacht auf zwei Ebenen in Szene. Unten wird das neue Jahr hoffnungsvoll erwartet, oben schneidet sich Norma Desmond die Pulsadern auf. Die Glitzerwelt fordert ihren Tribut. Alter ist tabu, ewige Jugend ist gefragt. Schon im Film war dies ein heißes Thema auf der Bühne Baden wird es satirisch mittels eines Beautyprogramms umgesetzt.
Die Einsamkeit einer Diva, die um ihren Affen trauert, als wäre es ihr eigenes Kind, wird grell und steril gezeigt. Mitleid ist in Hollywood nicht gefragt.
Die Kostüme sind der Zeit und Gesellschaftsschicht entsprechend angepasst

SUNSET BOULEVARD begeistert die Zuschauer. Vor allem Maya Hakvoort und Lukas Perman, sowie dem Leading Team des Stadttheaters Baden ist es zu verdanken, dass dem mittelmäßige Stück von Sir A.L. Webber vor den Toren Wiens ein großer Erfolg beschieden wurde.

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5 von 6 Sternen: ★★★★
                             Kritik: Michaela Springer; Fotos: Christian Husar

20.07.2022 - Pölz-Halle/ Amstetten (NÖ)

GREASE - Das Musical
Musicalsommer Amstetten

Amstetten reist mit GREASE back to the ´60s. Die Geschichte ist belanglos mit einer Menge Klischees. Kreischende Cheerleaderinnen und autovernarrte, pubertierende Möchtegernmachos. Mit Zigarette und sexistischen Sprüchen fühlen sich die Jungs cool und die Mädchen schmachten nach ihnen. Aber GREASE ist Kult! Vor allem die Songs reißen das Publikum mit. Es ist Gute Laune Musical, welches hervorragend in den Sommer passt. Man kann den Alltag für einen Abend vergessen, sorgenfrei und locker.

Die Inszenierung von Alex Balga ist einfallsreich und rasant, in manchen Momenten allerdings etwas übertrieben. Es gibt kaum einen ruhigen Moment. Dem Ensemble wird tänzerisch einiges abverlangt. Optisch gibt es viel nackte Haut zu sehen, inklusive Poblitzer der Jungs.
Beeindruckend das Bühnenbild und die Videoprojektionen von Sam Madwar. Die Kostüme, ebenfalls sehr einfallsreich, stammen von Aleksandra Kica. Das letzte von Sandy war jedoch enttäuschend brav. Kennt man doch das prägnante Lederoutfit von Olivia Newton John. Für den satten Sound zeigte sich Christian Frank und seine Band verantwortlich.

Gerade zur Premiere verlor Hauptdarstellerin Deike Darrelmann im ersten Akt ihre Stimme. Der Abend konnte durch Toneinspielungen der Generalprobe gerettet werden, da es keine Zweitbesetzungen gibt. Gratulation an die Tontechnik für diese rasche Umsetzung und an die Hauptdarstellerin, welche Lippensynchron die Show zu Ende spielte.
Aus dem Cast fielen besonders Muriel Willfurth als Jan und Raphael Gross als Doody durch ihre Natürlichkeit im Spiel auf.
Katharina Gorgi konnte als Rizzo ebenfalls stimmlich, wie schauspielerisch überzeugen.
Deike Darrelmann kämpfte bereits zu Beginn mit ihrer Gesangsstimme. Fairnesshalber sei hier auf eine Beurteilung verzichtet. Darstellerisch wurde sie den Ansprüchen der schüchternen Sandy vollends gerecht. Alexander Auler gibt Danny, den Möchtegern Macho mit weichem Kern. Gekonnt meisterte er diesen Balanceakt.
Ein Manko der Produktion ist jedoch, dass es dem Großteil der Cast an Charisma fehlt. So bleiben viele Figuren blass.


Das Premierenpublikum zeigte sich dennoch sichtlich begeistert und bejubelte minutenlangen das Ensemble.
Mit 85 Prozent Kartenvorverkauf und einigen Zusatzvorstellungen ist Intendant Alex Balga ein weiterer Sommerhit für Amstetten gelungen. „GREASE is the World.“

Das Stück steht noch bis So, 14. Aug. 2022 auf dem Spielplan.
Nähere Infos


4 von 6 Sternen: ★★★★

Kritik: Michaela Springer;
Fotos: Musical Sommer Amstetten/ Agentur-und-Punkt

  • Alex-Auler,-Ensemble
  • Alexander-Auler-(Danny),-Katharina-Gorgi-(Rizzo)
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Boris Pfeifer, Verena Scheitz

17.06.2022 - Somerarena/ Baden (NÖ)

IM WEISSEN RÖSSL
Premiere

Mit der Operette IM WEISSEN RÖSSL startet die Bühne Baden in die diesjährige Sommersaison. Das Werk war seinerzeit eine Auftragsarbeit und wurde aus Zeitgründen auf mehrere Komponisten aufgeteilt. Hat man oft bei den Gegenwartskompositionen Probleme sich einen Song zu merken, bleiben einem in diesem Stück mehrere Ohrwürmer im Gedächtnis, sei es von Benatzkys „Es muss was Wunderbares sein“ oder „Im weißen Rössl am Wolfgangsee“ von Robert Stolz „Die ganze Welt ist himmelblau“, von Bruno Granichstaedten „Zuschaun kann I net“ oder zu guter Letzt „Was kann der Sigismund dafür“ von Robert Gilbert.

Oliver Baier

Die am 8. November 1930 uraufgeführte Operette wird als Frühform des Musicals gehandelt. In London wurde das Stück 650-mal en Suite gespielt, in New York 223-mal. Es gibt mehrere Verfilmungen. Legendär ist jedoch jene von 1960 mit Waltraud Haas als Rössl Wirtin Josepha Voglhuber und dem unvergesslichen Peter Alexander, der sich die Rolle des Oberkellners Leopold Brandmeyer zu eigen gemacht hat. Seine Darstellung ist so prägnant, dass die Operette stets mit ihm in Verbindung gebracht wird. Es ist diese verklärte Szenerie der scheinbar heilen Welt, mit überzogenen Charakteren.

Heinz Zednik, Verena Scheitz

Nach zahlreichen Wirrungen gibt es schließlich doch ein Happy End, inklusive Auftritt des alten Kaisers Franz Josef – jedoch nicht im Film, aber natürlich in der Sommerarena Baden. Es hat ihn sicher sehr gefreut, dass er als einziger einen Zwischenapplaus beim Betreten der Bühne bekam. Ob dieser Heinz Zednik galt, oder dessen Figur, bleibt dahingestellt. Dass die Österreicher*innen ein verklärtes Verhältnis zum vorletzten Kaiser haben, ist ja bekannt. Und Heinz Zednik zelebriert diese Rolle. Er gibt den Kaiser Franz Josef par excellence, und wenn er dann noch mit gütiger Stimme „Es ist einmal im Leben so“ trällert, berührt der 82-jährige Opernsänger nicht nur Josepha Voglhuber, gespielt von Verena Scheitz. Sie verkörpert die resche, resolute Wirtin ganz wunderbar und kann so gesangliche Defizite überspielen. Smart, charmant, wie einst Peter Alexander, mit breitem Lächeln, ist Boris Pfeifer der verliebte Leopold. Mit Wiener Schmäh und das Herz am richtigen Fleck avanciert er zum Publikumsliebling, auch wenn seine Stimme in höheren Lagen sehr gepresst und krächzend klingt.
Als Retter des Premierenabends fungierte Alexander Krönner, der innerhalb von zwei Tagen die Rolle des Dr. Siedlers einstudieren musste, nachdem die Erstbesetzung erkrankt war.

Jens Janke, Gabrielle Schuchter

Jens Janke gibt den überzogenen, ständig im berlinerischen meckernden Wilhelm Giessecke. Seine Tochter Ottlie im Punker Outfit spielt Melanie Schneider. Ein erfrischender Sigismund Sülzheimer war Oliver Baier, der durch witzige Regieeinfälle die Lacher auf seiner Seite hatte. Sein Klärchen ist die liebreizende Juliette Kahlil mit entzückendem Sprachfehler. Durch ihre quirlige Art war sie sehr präsent. Andreas Steppan als ihr Vater war herzerwärmend. Jonas Zeiler war ein Bilderbuch Piccolo, vorlaut und witzig, verpackt in jugendlich, frischem Charme.
In gleich drei kleinen Rollen bekam man Gabriele Schuchter zu sehen. Das Publikum begeisterte sie mit ihrem Jodeltalent.

Verena Scheitz, Reinhard Alessandri

Die Inszenierung von Isabella Gregor ist humorvoll, frisch und charmant. Es gibt nicht nur einen Briefkasten auf zwei Beinen, sondern auch eine steppende Kuh. Anna Vitas Choreographie ist flott und einfallsreich, perfekt für das fixe Tanz-Ensemble der Bühne Baden. Das Bühnenbild ist plakativ einfach. Die Elemente sind leicht faltbar. Bei einem zu schwungvollen Auftritt bei der Premiere hat sich ein Seitenteil des Restaurants in Bewegung gesetzt und wollte zuklappen. Die Berglandschaft wird als Postkartenidylle mit Stempel dargestellt.
Furchtbar hingegen das Outfit, mit denen sich die Darsteller*innen kleiden müssen. Diese sahen aus, wie aus einem Second-Hand Laden, bunt zusammengewürfelt, zumeist unpassend in Stil und Größe – eher untypisch für die ansonsten hochwertigen Kostüme in den Produktionen des Stadttheaters Baden.

Oliver Baier, Juliette Khalil

Dennoch laden die wunderbaren Melodien, die sympathischen Künstler*innen auf der Bühne und die solide Inszenierung zu einem Theaterbesuch in die Sommerarena ein. Den Premierengästen hat es gefallen. Und wie der Kaiser zu sagen pflegte: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“

IM WEISSEN RÖSSL ist noch bis 21.8.2022 zu sehen.  -  Nähere Infos

4 von 6 Sternen: ★★★★
                                    Kritik: Michaela Springer; Fotos: Lukas Beck

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  • Gabriele-Schuchter,-Ensemble-klein
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  • Jens-Janke,-Boris-Pfeifer,-Melanie-Schneider-klein
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11.06.2022 - Das Vindobona/ Wien

The ABBA-solutely Mamma Mia's

Nach mehreren krankheitsbedingten Verschiebungen und Umbesetzungen war es am 11. Juni 2022 für „The ABBA-solutely Mamma Mia´s“ soweit. Jacqueline Braun, Monika Ballwein, Andreas Wanasek und Katharina Gorgi präsentierten die größten ABBA Hits – und mehr.

Das Quartett wurde von Bela Fischer am Klavier begleitet, durch das Programm führte Jacqueline Braun mit Charme und Esprit. Sie flirtete wild mit dem Publikum und konnte es immer wieder zum Mitmachen animieren. Sie ist eine Künstlerin mit unsagbar viel Energie und man fragte sich, warum sie nicht des Öfteren als Gastgeberin engagiert wird. Mit ihrer Freundin Monika Ballwein, welche gesundheitlich angeschlagen war, ging bei den Songs der schwedischen Kultband richtig die Post ab. Motorrad und Straßenbahnschienen sind keine ideale Kombination und dennoch humpelte sie elegant mit Krücken über die Bühne. Ihre Stimme war zum Glück in keiner Weise beeinträchtigt.
Im ersten Teil konnte man viele der größten ABBA Hits hören. Im zweiten gab es schließlich ein Potpourri diverser Musicals. Mit „There Are Worse Things (I Could Do)" präsentierte Katharina Gorgi einen Ausschnitt aus „Grease“. Beim Musicalsommer Amstetten wird sie dort als Rizzo zu sehen sein.
Für einen Gänsehautmoment sorgte Jacqueline Braun mit „On My Own“ und „Maybe This Time“. Letzteres singt sie bei jeder Audition, was vom anwesenden, ehemaligen Musikdirektor der Vereinigten Bühnen Wien, Caspar Richter, bestätigt wurde.
Eine eigene Interpretation von „Somewhere“ hörte man von Monika Ballwein. Mit dem Duett „About Paradise“ aus „Footlose“ von Andreas Wanasek und Katharina Gorgi endete der Abend.

Das Publikum tobte, und bei der Zugabe wurde nochmals kräftig mitgesungen und ausgelassen getanzt. …. „Thank you for the music – Thank you for the evening“.

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4 von 6 Sternen: ★★★★

Kritik & Fotos:
Michaela Springer

02.06.2022 - Steinbruch Winzendorf (NÖ)

ROMEO & JULIA - Aufbruch in eine neue Welt
Sommerfestspiele

Julia als Emanze, Männer mit Nagellack, ein gütiger Pfarrer mit Nietenhandschuhen und -gürtel und eine Amme mit Sado Maso-Vorlieben. Das alles gibt es bei der neuen, ROMEO & JULIA Interpretation von Benedikt Karasek (Autor) und Günter Fiala (Musik), die am 2. Juni im Steinbruch Winzendorf uraufgeführt wurde.

Das Werk von Wilhelm Shakespeare stammt aus dem Jahre 1597 und handelt über zwei junge Liebende, die durch die Umstände, dass ihre Familien verfeindet sind auf tragische Weise Selbstmord begehen. Zahlreiche Werke haben diesen Stoff aufgegriffen wie etwa die Musicals „West Side Story“ und „Romeo und Julia“ von Gérard Presgurvic.

Neuinszenierungen sehen mitunter Julia als eine Frau, die selbst über ihr Leben bestimmen möchte, aber dennoch zu einer Heirat mit Paris gezwungen wird - so auch in der Winzendorfer Produktion. Julia sehnt sich nach Freiheit ohne Fremdbestimmung und beugt sich zu Beginn scheinbar dem Diktat ihres Vaters. Ist sie aber wirklich in Romeo unsterblich verliebt oder sieht sie darin lediglich ihre Chance, sich von all den familiären Zwängen zu befreien. All ihre Wünsche projiziert sie in die hineingesteigerte Liebe zu Romeo, den sie kaum kennt. Julia ist die Charakterstärkere. Sie zeigt Widerstand und handelt bedachter. Romeo ist hitzköpfiger und oft unbeherrscht, was ihm auch die Verbannung einbringt. Er liebt sie wirklich und wählt, nach Julias vermeintlichen Selbstmord, den Tod. Sie nutzt diese gewonnene Freiheit als Chance, sich von ihrem Vater, der mit Paris die Herrschaft in der Stadt an sich reißen will, loszusagen, die beiden anzuklagen und selbst die Macht zu übernehmen.

Anna Zagler und Eike N.A. Onyambu sind Julia und Romeo. Beide sehr bemüht, können das Publikum weder mit ihren dünnen Stimmen noch schauspielerischem Talent berühren. Sie stehen im Schatten von zwei Musicalprofis, die zeigen, wie es funktioniert: Marika Lichter als Amme und Axel Herrig als Julias Vater.

Es war eine sehr gute Entscheidung, die Intendantin mit auf die Bühne zu holen. Ihr perfektes Timing verleiht der Rolle den nötigen Esprit. Einfühlsam, liebevoll, aber auch bestimmend, wenn es verlangt wird, wird sie zur Drahtzieherin im Stück. Axel Herrig ist der charismatische und strenge Vater von Julia. Er verfügt über eine starke Bühnenpräsenz und Stimme. Deren beider Auftritte sind die Glanzpunkte der Produktion und erteilen den Nachwuchsdarsteller*innen ihre Lektion.
Das Stück hat durchaus Potential, wirft derzeit jedoch Fragen auf. Fecht- und Kampfszenen sind durchaus gelungen choreographiert. So manche Rolleninterpretation ist dagegen verwirrend. Benjamin Oeser gibt einen sehr tuntigen Paris. Mit dazu passend, übertriebener Gestik umwirbt er Julia. Soll es eine missglückt, adelige Performance sein oder ist Paris so machtgierig, dass er seine wahren Neigungen unterdrückt?
Florian Klein als Tybalt, sowie Rebecca Soumagné als Fürstin sind zwei positive Erscheinungen aus dem ansonst schwachen Ensemble.

Um die Zugehörigkeit der beiden Häuser der Montagues und Capulets zu erkennen, gibt es ein Farbleitsystem mit Blau und Magenta.

Das Bühnenbild ist minimalistisch und bis auf ein Würfelgerüst statisch.  Sollen sie den Aufbruch in eine neue Zeit symbolisieren oder sind dies bereits die Bauten für die im Anschluss stattfindenden Winnetou-Festspiele.

Günther Fiala greift bei seiner Musik auf die Methode der Leitmotive zurück, die von Hector Berlioz erstmals angewendet wurde. In dramatischen Musicals mit literarischen Vorlagen, findet man solche Leitmotive etwa in der „West Side Story“ oder „Les Misérables“. Doch der Beat bestimmt zumeist den Ton. An manchen Passagen wären Streicher wünschenswert gewesen, um besser Stimmungen erzeugen zu können. Die einzelnen Songs verblassen im Ganzen und werden zu Einheitsbrei. Ohrwürmer gibt es ad hoc nicht.

Die Kostüme sind bunt und schrill, die Zeit ist nur zitatweise angedeutet. Nur die Fürstin als starre Konstante ist historisch Gekleidet. Jeansjacken, Reifrock-Fragmente über Latexhosen kündigen die Umbruchstimmung an. Das Alte zerfällt, aber etwas Neues tritt bereits aus dem Schatten.

Auch, wenn das Stück Romeo und Julia heißt, sind die Stars des Abends Marika Lichter und Axel Herrig.
Das Buch weist teils interessante Ansätze auf, die Musik ist ausbaufähig und kann sich mit einem passend besetztem Orchester unter einem guten musikalischen Leiter sicherlich auch hören lassen. Die Besetzung ist, bis auf wenige, bereits erwähnte Ausnahmen, höchstens Mittelmaß. Die Inszenierung trägt ebenfalls nicht gerade für einen unterhaltsamen Abend bei.
Es ist zu hoffen, dass sich Benedikt Karasek und Günter Fiala an eine gründliche Überarbeitung machen, denn Grundpotential ist vorhanden, um das Stück an anderen Orten mit neuem Leading Team und Cast  erfolgreich aufführen zu können.

2 von 6 Sternen: ★★
Kritik: Wolfgang Springer; Fotos: Musicalsommer Winzendorf 2022

 www.musicalsommer-winzendorf.at

25.05.2022 - BRUNO Brunn am Gebirge (NÖ)

INTO THE WOODS
Sommerfestspiele

Seit 25.Mai heißt es beim Bruno in Brunn am Gebirge „Ab in den Wald“, denn Maya Hakvoort treibt als Hexe ihr Unwesen in Stephen Sondheims „Into the Woods“. Das deutsche Libretto hat Michael Kunze verfasst.

Es ist keine leichte und eingängige Sommerkost. Sondheim zählt zu den musikalisch anspruchsvollsten Komponisten, mit Johann Sebastian Bach als Vorbild. Er komponierte sehr komplex und nur wenige seiner Kompositionen wurden zu Hits, wie etwa „Send in the Clowns“ oder „Losing my Mind“.
Er warnte stets seine Studentinnen und Studenten, sich vom „Markt“ abhängig zu machen. Man sollte das Thema ergreifen, das man als Herausforderung empfindet. Auch seine Vorgehensweise war kein Geheimnis. Zuerst suchte er nach Ideen, erarbeitete den Text und schließlich vertonte er ihn.
Zahlreiche Preise, darunter Tony, Grammy, Oscar, Laurence Olivier Award oder Kennedy wurden ihm verliehen.

Die Premiere von INTO THE WOODS fand am 5.11.1987 in New York statt. Der Broadway-Star Bernadette Peters verkörperte die Hexe. Drei Jahre später am 31.3.1990 fand die Deutsche Erstaufführung in Heilbronn, 2014 wurde das Stück mit Meryl Streep als Hexe verfilmt.

In Brunn am Gebirge übernahm Maya Hakvoort diese Rolle und beweist in ihrer Interpretation eine große Portion Selbstironie. Herrlich, wie sie nach der Verwandlung, wie ein Model die Hüften schwingt und die Bühne zum Catwalk wird. Stimmlich berührte sie das Publikum besonders mit „Kinder versteh´n schon / Children Will Listen“. Doch überzeugen kann das gesamte Ensemble. Jede Rolle wurde passend mit renommierten Musicaldarsteller*innen und Newcomern besetzt. Da gibt es keine Schwächen.
Anne Mandrella verkörpert die Bäckersfrau liebevoll, mit Raffinesse und humorvoll. Ihr Mann, Reinwald Kranner, ist der liebende und überforderte Bäcker. Seine Stärken liegen in den leisen, bedachten Momenten. 

André Bauer ist gleich in zwei Rollen zu sehen. Einmal als verführerischer Wolf und später als selbstverliebter Prinz und Mann von Aschenputtel. Amüsant seine übertriebenen und großen Gesten. Andreas Kammerzelt gibt sowohl den zweiten Prinzen, als auch Aschenputtels Stiefmutter. Mit blonder Perücke und Vollbart gleicht er Conchita Wurst und hat somit die Lacher auf seiner Seite. Vorallem seine markante (Hörspiel-)Stimme begeistert das Publikum.

Missy May legt ihre Rolle als schrilles, leicht psychopathisches Rotkäppchen richtig gruselig an. Ein wenig erinnert sie an Chucky, die Mörderpuppe. Sie steht damit im krassen Gegensatz zum liebreizenden und warmherzigen Aschenputtel, verkörpert von Valerie Luksch.
Nazide Alylin muss sich als Rapunzel mit einem eher kleineren Part zufriedengeben. Nur sporadisch gibt ihr das die Möglichkeit, ihre Gesangsstimme in vollem Umfang zu zeigen.

Matthias Trattner gibt den einfältigen aber liebenswerten Hans. Dabei beweist er, dass er für diese Figur die Idealbesetzung ist. Mit kindlichem Charme und Naivität meistert er sein Leben.
Ines Trimmer, die ebenfalls mehrere Rollen innehat, besticht mit einfühlsamer Stimme.

Und dann gibt es noch den Erzähler. Als Außenstehender führt er durch die Geschichte, bis er selbst zu deren Opfer wird. Markus Richter, seriös und mit honoriger Klangfarbe verleiht er dieser Rolle die gebührende Gewichtung.
Stefanie Riege und Silke Braas Wolters ergänzen das Ensemle als Aschenputtels Stiefschwestern, deren schaurig, heiterer Moment die Schuhanpassung war. Da fiel dann schon mal eine Zehe oder Ferse zu Boden.

Dean Welterlen schaffte es, aus INTO THE WOODS eine rasante, heitere Inszenierung ohne einen Augenblick der Langeweile auf die Bühne zu zaubern. Dafür hat er auch den Rotstift angesetzt und Kürzungen vorgenommen. Im 2. Teil hätte er sogar noch mehr streichen können.
Das Bühnenbild ist einfallsreich. Quer über die Bühne erstreckt sich mittig ein Laufsteg, dahinter versteckt sich das 6-köpfige Orchester unter der musikalischen Leitung von Jeff Frohner, welches gut auf die Protagonistinnen und Protagonisten im Vordergrund abgestimmt ist.
Das Top-Ensemble überzeugt mit erstklassigen gesanglichen und schauspielerischen Qualitäten.

Maya Hakvoort und ihr kreatives Team liefert im heurigen Musicalsommer Brunn am Gebirge eine rundum gelungene Produktion auf hohem Niveau ab, welche eine eher schwer verdauliche Musicalkost zum Hochgenuss werden lässt!

Die Produktion ist noch bis 12. Juni in Brunn am Gebirge zu sehen:
https://sommerfestspiele-brunn.at/into-the-woods/das-stueck

6 von 6 Sternen: ★★★★★★

Kritik:
Michaela Springer
;
Fotos:
Herwig Prammer


21.05.2022 - Komödie am Kai (Wien)

GUT GEGEN NORDWIND
Wiederaufnahme

„Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf“.

Kann man sich in eine Person verlieben, mit der man nur schriftlich in Kontakt steht und noch nie gesehen hat? Laut Psychologen ist dies durchaus möglich, da jeder Mensch bestimmte Sehnsüchte und Wünsche hat. Man lernt jemanden im Internet kennen, der diese Sehnsüchte zu erfüllen scheint. Es ist das Gefühl des gehalten und aufgefangen werden, wonach man strebt. Aber das ist nicht eine moderne Erscheinung, ausgelöst durch das Internet. Das gab es schon immer, etwa in Form des guten, alten Briefwechsels. Aber wohin führt dieser oft intensive Gedankenaustausch. Genügt das Schreiben oder nimmt das körperliche Begehren auf Dauer überhand? Wo sind die Grenzen? Man ist mit einem Menschen im Geiste vertraut, körperlich zugleich fremd. Es ist eine Art Außenwelt, in die man flieht und leben will, ohne das enge Korsett des Alltags, einfach nur ICH sein.

Auf diese Achterbahn der Gefühle begeben sich Emmi und Leo in der Theateradaption des Bestsellers GUT GEGEN NORDWIND, das am 21. Mai 2022 seine Wiederaufnahme an der Komödie am Kai feierte. Das kleine, privat geführte Theater versprüht einen besonderen Charme. Ohne Dreh und Hebebühne ohne LCD-Projektionen und anderen technischen Firlefanz liegt der Fokus ganz allein auf dem Können der Schauspieler. Hier wird Theater noch mit Herzblut betrieben.
Unter der Regie der Hausherrin Sissy Boran und Andrea Eckstein entstand eine sehr intime Atmosphäre und eine berührende und zum Nachdenken anregende Inszenierung.

Anna Sophie Krenn ist die quirlige, etwas verpeilte Emmi, die zufällig online auf den bedächtigen Professor Leo, gespielt von Anatol Rieger stößt. Ein falsch adressiertes Mail und ein daraus entstehender belangloser Plausch ist der Beginn einer intensiven Beziehung zweier im Leben gefestigter Menschen, die dennoch auf der Suche nach der Erfüllung ihrer verborgenen Sehnsüchte sind. Der Schriftverkehr wird immer intensiver, das Warten auf die nächste Antwort unerträglicher. Man öffnet sich dem Fremden gegenüber, bis sich Zuneigung entwickelt. In diesem Rausch der Begierde vermengen sich Sehnsucht, Enttäuschung, Zorn und Verzweiflung. Man will den anderen persönlich kennenlernen, scheut sich dennoch, denn die Angst vor einer Enttäuschung ist zu groß. Was ist, wenn der andere oder man selbst nicht den Erwartungen entspricht. Eine lange Zeit hat man sich ein Phantasiegerüst aufgebaut. Wie mag der/die andere wohl aussehen? Immer öfters nimmt das dazugehörige Umfeld Einfluss auf ihre Beziehung. Denn Emmi ist verheiratet und ihr Mann Bernhard bekommt langsam Wind von dieser heimlichen Liebe seiner Frau. Dies bringt schlussendlich diese Internet-Liebe zum Scheitern, obwohl beide so intensiv und tief füreinander empfunden haben.

Anna Sophie Krenn und Anatol Rieger geben das Online-Traumpaar auf Distanz – eine Idealbesetzung. Sie lassen das Publikum überzeugend an ihren Gefühlsschwankungen teilhaben. Mal schüchtern, mal herausfordernd legen sie ihre Rolle an. Die Intensität ihres Spiels nimmt stetig zu. Man fühlt und leidet mit ihnen mit.

Das Bühnenbild von Siegbert Zivny ist einfach aber effektiv. Zwei Kommoden als Raumtrenner für die zwei unterschiedlichen Wohnbereiche, ein Sofa, ein Tischchen, ein Schreibtisch mit Drehstuhl und ein Fauteuil reichen völlig aus. Die Kostüme von Barbara Langbeinig entsprechen der Alltagskleidung unserer Zeit.

„Zu meinem Glück gehören eMails von Leo“.  – GUT GEGEN NORDWIND wird als der zauberhafteste und klügste Liebesdialog der Gegenwartsliteratur gefeiert. Das Buch des Österreichers Daniel Glattauer ist ein Bestseller. Und auch die Verfilmung 2019 fand großen Zuspruch.
Bis zum 18. Juni hat man noch die Gelegenheit das Stück im Herzen von Wien zu sehen.

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Komödie am Kai

17.05.2022 - Stadttheater Mödling (NÖ)

REVANCHE -
Mord mit kleinen Fehlern

Premiere in Mödling

Es liegt in der Natur des Menschen zu spielen. Wir spielen mit den Kindern, mit unseren Haustieren, Gesellschaftsspiele oder in Casinos um Geld. Alles in der Norm. Aber wie weit darf man moralisch gehen? Ist es rechtens einen Menschen in Todesangst zu versetzen oder gar tödlich zu verletzen? Wenn ein psychologisches Spiel zu weit geht und die Grenzen von beiden Spielern überschritten werden, dann ergibt sich daraus REVANCHE – MORD MIT KLEINEN FEHLERN.

Das bekannteste Stück von Anthony Shaffer, welcher unter anderem auch für Alfred Hitchcock und Peter Ustinov zahlreiche Drehbücher verfasst hat, zählt zu den großen Klassikern und feierte im Stadttheater Mödling am 17.5 Premiere. Es ist eine Mischung aus Krimi, Krimi-Parodie und Drama. Die Zuschauer*innen sind nie auf der richtigen Fährte, denn nichts ist so, wie es scheint.

Andrew Wyke ist ein erfolgreicher, englischer Krimiautor, arrogant und glaubt über allen Dingen zu stehen. Er ist im Glauben, niemand sei ihm ebenbürtig. Johannes Terne verkörpert die Rolle großartig. Vom Aussehen her die Idealbesetzung als englischer, etwas versnobter Upper Class Angehöriger. Er zeigt sich temperamentvoll, mit regem Geist und Scharfsinn. Terne bewegt sich auf einen schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Sein intensives Spiel steigert sich nach unde nach, bis er augenscheinlich dem Wahnsinn verfällt. Glaubwürdig zudem sein Wechsel vom Täter zum Opfer.

Otto Beckmann ist ihm als Milo Tindle ein ebenbürtiger Gegner. Tindle ist in England geboren, seine Wurzeln hat er in Italien. Beruflich hat er einen Friseursalon - und er ist der Liebhaber von Wykes Ehefrau. Bereits durch seine Herkunft ist er ihm kein ebenbürtiger Gegner und in der Tat der Gegensatz zu Wyke. Tindle ist ein italienischer Sunnyboy, was für den kühlen Wyke natürlich ein Dorn im Auge ist. Dessen Stärken liegen in den Spielen in seinem Kopf. So wird ein Treffen im Haus des Autors ein Spiel der Worte, scharf wie ein Skalpell und der Manipulation des Gegenübers, gefolgt von einem wilden Rausch der Erregung beim Spüren der Todesangst des anderen, was unendlich ausgekostet wird.

Nach einer Stunde kommt der Schnitt. Otto Beckmann betritt die Bühne als Inspector Doppler, für die Zuschauer nicht erkennbar. Das Spiel kann erneut beginnen. Der Täter wird zum Opfer und das Opfer zum Täter. Der Zuschauer wird auch im Programmheft mit einem dritten erfundenen Schauspieler in die Irre geführt.

Besonders zu erwähnen ist die Inszenierung von Sam Madwar. Das Bühnenbild hat die versnobte Atmosphäre eines englischen Anwesens. Düstere, dunkle Schwere, verstaubt, bedrückend und der langen Tradition des englischen Adels ausstrahlend. Es spiegelt auch das verspielte, geniale Gemüt des Besitzers wider. So steht am Stiegenaufgang etwa eine Ritterrüstung, welche Wyke bei Witzen zum Lachen bringen kann.

Auch die Kostüme von Anna Pollack sind detailgetreu und stellen den klaren Gegensatz der zwei Hauptprotagonisten dar. Der schwere, aufwändig, aber biedere Anzug Wykes und der farbenfrohe Italo-Style von Milo, Zeichen seines lockeren und leichten Lebensstils.

Der Hauptfokus liegt jedoch auf den zwei Darstellern, die sich wunderbare Wortgefechte liefern. Von der ersten Minute schaffen sie es das Publikum auf einen heiteren und spannenden Psychotrip zu nehmen. Beide legen ihre Rolle brillant genial und vielfältig an. Was ist wahr und was ist Täuschung. Lange Zeit glaubt man, dass Wyke einen Schritt voraus ist und Milo zu naiv, um das Spiel zu durschauen. Aber der Schein trügt. Das Stück kann nur funktionieren, wenn die beiden Schauspieler diesen Spagat schaffen. Johannes Terne und Otto Beckmann schaffen ihn definitiv.
Großes Theater in einem kleinen Theater. Chapeau!

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
                          Kritik: Michaela Springer
; Fotos: Bettina Frenzel

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Weitere Spieltage:
Di., 24.5. 2022 um 19:30 Uhr
Do. – Sa., 26.5. – 28.5.2022, jeweils um 19:30 Uhr

www.theaterzumfuerchten.at

Veranstaltungs-Tipp:

Wer Johannes Terne hautnah erleben möchte, dem sei ein Besuch bei
A TRIBUTE TO STEPHEN SONDHEIM am 25. Mai, 19.30,
im Alten Rathaus
empfohlen.

Mehr Infos und Restkarten unter:
https://www.musicalcocktail.info/A-Tribute-to-Stephen-Sondheim/
oder
rene.rumpold@chello.at



02.05.2022 - Volksoper Wien

Heute im Foyer ...
Juliette Khalil &
Benjamin Oeser

A Funny Thing Happened on the Way to the Volksoper

Zwei Publikumslieblinge der Volksoper, Juliette Khalil und Benjamin Oeser, die im August selbst den Bund der Ehe eingehen werden, widmeten sich am 2. Mai im Balkon-Foyer in ihrem 70-minütigen Programm den vielen Facetten der Liebe.

Es gibt bekanntlich verschiedene Formen und Arten der Liebe und so gibt es auch die unterschiedlichsten Zugänge. Nicht nur die großen Philosophen, Lyriker oder Wissenschaftler*innen haben sich mit dem Thema beschäftigt, sondern auch zahlreiche Komponisten und Librettisten. So entstand ein überaus abwechslungsreiches Programm, welches einen großen zeitlichen Bogen von Cole Porter, Rodgers & Hammerstein, Leonard Bernstein, bis Sir Andrew Lloyd Webber und Alan Menken umfasste.

Oxytocin ist an allem schuld! Das ist nämlich jenes Hormon, welches verliebt macht. Denn dieser Gefühlszustand setzt, nüchtern betrachtet, die hormonellen Vorgänge im Körper in Gang. Neben philosophischen Weisheiten so mancher Gelehrter und heitere Anekdoten, Geschichten und Gedichten, wie sich etwa die Liebe im Laufe eines Lebenszyklus verändert, gaben die beiden musikalische Leckerbissen diverser Film-, Operetten- und Musicalwerke zum Besten: „Schau mich bitte nicht so an“, „Küss sie doch“, „Schön, jung und geliebt“ oder ein Eliza Doolittle-Medley aus „My Fair Lady“, um nur einige zu nennen. Ein körperliches Highlight war die geglückte Hebefigur aus „Dirty Dancing“.


Besonders Juliette Khalil strahlte an diesem Abend jede Menge positive Energie aus. Mit Wiener Schmäh und Charme kokettierte sie nicht nur mit den Anwesenden, sondern verzauberte auch ihren Partner und den Pianisten Laszlo Kövi.
Benjamin Oeser
verfügt über eine angenehme Musicalstimme und stand seiner Verlobten um nichts nach. Ob Macho, Verführer oder gekränkter Liebhaber, er fühlte sich in allen Rollen wohl.

„A Funny Thing Happened on the Way to the Volksoper“ war ein heiterer und vergnüglicher Abend in intimen Rahmen mit einem gut gelaunten Pärchen, welches mit schönen Stimmen und humoristischen Einlagen das Publikum begeisterte.

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik & Fotos: Michaela Springer

Matthias Körber, Aurelia Naveau

23.04.2022 - Schauspielhaus Linz (OÖ)

FANNY UND ALEXANDER
Uraufführung des Musicals in Linz

FANNY UND ALEXANDER, der letzte Film von Ingmar Bergmann, feierte am 16. April 2022 als Musical von Gisle Kverndokk und Øystein Wiik seine Uraufführung im Schauspielhaus Linz.

Introvertiert und pessimistisch, beeinflusst von Sigmund Freud, setzt sich Ingmar Bergmann bei seinen Arbeiten stets mit seelischen Konflikten und existenziellen Problemen auseinander. Die religiöse Sinnsuche in einer Welt, wo Gott keine Antwort gibt, die Einsamkeit des Individuums und die Schwierigkeiten des Miteinanders. Die offen gezeigte Erotik war für Bergmann ein wichtiges Instrument in seiner Darstellung.
In Schweden und Norwegen wird die Filmversion jedes Jahr zu Weihnachten ausgestrahlt. Es ist alles andere als ein süßer und kitschiger Fernsehfilm und dennoch wird er als Familien Event zelebriert, das Generationen verbindet. Es muss an der Mentalität der nordischen Bevölkerung liegen, denn in unseren Gefilden würde man sich so einen Film vor allem mit Kindern nicht zur Weihnachtszeit anschauen. Aber wie heißt es so schön: andere Länder, andere Sitten.

Sanne Mieloo, Matthias Körber, Aurelia Naveau

Wie schon beim Einführungsgespräch erörtert, ist es kein Feel Good-, sondern ein Feel Everthing-Musical – und das trifft es auf den Punkt. Es dringt tief in die menschlichen Abgründe ein: religiöser Fanatismus, Züchtigung und psychische Misshandlungen, sexuelle Triebe und Demütigungen. Keine leichte Kost. Mit FANNY UND ALEXANDER schlägt das Musical einen neuen Weg ein. Die Musik ist oft Untermalung, wirkliche Ohrwürmer bleiben aus, lediglich das Trinklied „Schluck, schluck schluck“ und die Liebesballade „Halt mich fest Geliebte(r)“ bleiben in Erinnerung. Walzer und Tangoklänge, wie „Spiel mit mir Hoppa Reiter“ sind genauso zu vernehmen wie Operetten- und moderne Opernelemente.

Die Story:
FANNY UND ALEXANDER ist die Geschichte der Theaterfamilie Ekdahl. Familienoberhaupt und ehemalige Schauspielerin ist Helena, welche drei Söhne hat.
Oskar, der älteste Sohn ist ein mäßiger Schauspieler, aber ein sensibler und kreativer Vater. Mit seiner Frau Emilie hat er die Kinder Fanny und Alexander, vermutlich von zwei verschiedenen Vätern. Obwohl sie sich über alles lieben, sind sie körperlich enthaltsam.
Das genaue Gegenteil ist Gustav Adolf. Obwohl verheiratet, ist er ständig auf der Suche nach weiblichen Abenteuern.
Karl, der jüngste Sohn, ist hochdepressiv und vollkommen verschuldet.
Alexander lebt in mehreren Wirklichkeiten und verliert sich in seinen Geschichten. Bergmann bezeichnet ihn als Fantasie Märtyrer.
Als sein Vater stirbt, bricht seine heile Welt zusammen. Seine Mutter findet Trost beim örtlichen Bischof und heiratet ihn schließlich. Sie zieht mit den Kindern in die düstere Residenz. Alexander spürt, dass im Bischof ein Biest schlummert. Der Bischof wendet boshafte psychische Tricks an, scheut auch vor Gewalt nicht zurück, um Alexander zu brechen. Er schlägt ihn, um ihm seine die Sünden auszutreiben und das unter dem Deckmantel der Liebe. Es ist ein Kampf, den das Kind eigentlich nur verlieren kann. Doch die Stärke des Jungen lässt ihn siegen. Am Ende ist der Bischof tot und die Familie lebt. Doch übernimmt nicht der an Donjuanismus (krankhaft gesteigerter Geschlechtstrieb) leidende Gustav Adolf das Theater, sondern Helena überzeugt Emilia dieses weiterzuführen.
Nach drei Stunden psychischer Tiefen gibt es schlussendlich also doch ein kleines Happy End, welches jedoch aufgesetzt und klischeehaft wirkt. Die Familie überlebt nur dadurch, dass die emanzipierten Frauen das Ruder in die Hand nehmen. Das Böse wird ausgelöscht.

Birgit Zamulo, Gabriel Federspieler, David Arnsperger

Die Inszenierung von Matthias Davids hält sich an die Filmfassung.
Das Bühnenbild von Hans Kudlich gleicht einem Kreisdiagramm, dessen einzelne Sektoren die diversen Schauplätze darstellen, die mittels Drehbühne nach Belieben rasch platziert werden können.
Die Kostüme von
Susanne Hubrich entsprechen der Zeit und sind sehr aufwendig gestaltet. Es gibt einen exakten Bruch zwischen den glamourösen modernen Theaterleben und dem kargen Leben beim Bischof, wo die Bedienstete auch nur schwarz graue gestreifte Kleidung trägt.
Mittels Videoprojekten (Jonatan Salgado) werden die Fantasien von Alexander veranschaulicht.
Die musikalische Leitung obliegt bei Tom Bitterlich.

Daniela Dett, Franziska Stanner, Tina Schöltzke

Oberhaupt der Familie ist Helena. Franziska Stanner verleiht der Rolle die richtige Warmherzigkeit und Güte. Sie ist der Fels in der Brandung, zentraler Mittelpunkt, Zufluchtsort und Retterin in der Not. Sie kann die Drähte ziehen.

Karsten Kenzer ist Oskar, der viel zu früh verstorbene Sohn Helenas, der im Geist in der Nähe Alexanders bleibt und ihm beisteht.

Daniela Dett, Gernot Romic

Sanne Mieloo ist dessen gütige und nach Liebe sehnende Frau Emilie. Sie ist stark und kämpft für sich und ihre Kinder. Schauspielerisch beeindruckend, bricht ihr in den Höhen des Öfteren die Stimme weg.

Gernot Romic gibt Karl, den dritten Sohn Helenas. In Depressionen verfallen, macht er sich und das Leben seiner Gattin zur Qual.

Daniele Duett, als dessen Frau, hat eine nur kleine Rolle. Aber wenn sie auf der Bühne ist, dann mit starker Präsenz und überzeugender Stimme.

Nina Weiß, Max Niemeyer

Max Niemayer ist der vom Sexualtrieb beherrscht werdende Gustav Adolf, der nur so von Kraft strotzt.

Nina Weiß, seine Gattin, nimmt mit stoischer Gelassenheit die Geliebten ihres Mannes zur Kenntnis.

David Arnsperger, Sanne Mieloo

David Arnsperger beeindruckt als Bischof. Sein diabolisches Spiel entsetzt. In seinem Hass, im besten Glauben das Richtige zu tun, schaukelt er sich hoch ein einen wahren Blutrausch. Nichts kann ihn halten. Aber auch seine leisen, ruhigen Drohungen sich furchteinflößend.

Klaus Brantzen als helfender Freund und Geliebter von Helena ist gütig und humorvoll.

Besonders zu erwähnen ist der Countertenor Alois Mühlbacher in seiner ersten Musicalproduktion. Seine Stimme begeistert.

Matthias Körber ist Alexander, der fast durchgehend auf der Bühne stehen muss. Kein leichter Part, den der Junge bravourös meistert. Fast heldenhaft lässt er sich mit dem Teppichklopfer schlagen und bietet dem Bischof die Stirn. Er ist stolz und lässt sich nicht brechen.

David Arnsperger, Sanne Mieloo

FANNY UND ALEXANDER ist kein Stück, das  man, beschwingt mit einer netten Melodie, hinter sich lässt. Es regt in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken an.
Die Moralvorstellung des Klerus der damaligen Zeit. Macht Züchtigung aus jemanden einen besseren Menschen? Warum duldet die Ehefrau die Geliebten ihres Mannes, in einer Zeit, in der die Emanzipation der Frauen schon fortgeschritten war? Warum musste man etliche Passagen als Sprechgesang konzipiert, obwohl Schauspiel mit emotionaler Hintergrundmusik geeigneter gewesen wäre? Wenn man die Handlung strafft, hätte das Stück weniger Längen. Ist dieser Stoff wirklich für ein Musical geeignet?
Diese und viele weitere beschäftigen einen noch eine ganze Weile nach dem Theaterbesuch. Vielleicht muss man dieses Stück mehrmals sehen, um alles zu erfassen. Was man aber sagen kann, ist, dass die Musicalfassung zu FANNY UND ALEXANDER ein mutiger Versuch ist, das Genre Musical auf eine neue, anspruchsvollere Ebene zu heben, weg vom Klischee der seichten Unterhaltung mit ebensolchen Darsteller*innen. Ob es der richtige Ansatz ist? Durchaus. Letztendlich entscheidet aber das Publikum.



4 von 6 Sternen:
★★★★

Kritik: Michaela Springer;
Fotos: Reinhard Winkler

  • Alois-Mühlbacher,-Gabriel-Federspieler
  • Birgit-Zamulo,-Alois-Mühlbacher,-Lukas-Sandmann,-Karsten-Kenzel,-Sanne-Mieloo
  • Birgit-Zamulo,-Gabriel-Federspieler,-David-Arnsperger
  • Franziska-Stanner,-Klaus-Brantzen
  • Gabriel-Federspieler,-Karsten-Kenzel
  • Gabriel-Federspieler,-Muriel-Nova
  • Hanna-Kastner,-Franziska-Stanner
  • Klaus-Brantzen,-David-Arnsperger,-Birgit-Zamulo
  • Lukas-Sandmann,-Gabriel-Federspieler
  • Max-Niemeyer,-Hanna-Kastner8314_300dpi
  • Sanne-Mieloo,-Celina-dos-Santos
  • Sanne-Mieloo,-Gabriel-Federspieler,-Birgit-Zamulo,-Peter-Landerl,-Tina-Schöltzke,-Muriel-Nova,-David-Arnsperger
  • Sanne-Mieloo,-Matthias-Körber,-Aurelia-Naveau
  • Sanne-Mieloo


09.04.2022 - Kulturgarage Seestadt/ Wien

JESUS CHRIST SUPERSTAR

Am 8. April feierte JESUS CHRIST SUPERSTAR Premiere in der Seestadt. Man konnte nicht erwarten, dass „Sipario“ in nur zwei Wochen eine hochwertige Produktion auf die Beine stellt. Und so ist es auch. Man hätte gutgetan, ein Stück zu wählen, bei dem nur wenige Instrumente verlangt werden und sich zudem die Zeit geben sollen, es mit den Sänger*innen zu entwickeln und erarbeiten. Mit mehr Inspiration und Einsatz hätten die Besucher*innen durchaus sehenswertes, semiprofessionelles Musiktheater, erleben können. Aber da man sich selbst als hoch professionelle Theatergruppe bezeichnet, muss dies dementsprechend bewertet werden.

Die Inszenierung von Patricia Nessy ist, sicherlich auch bedingt durch den Zeitmangel, farblos mit nur wenig zündenden Ideen. Der Einzug Jesus in Jerusalem unter dem Jubel der Menge, welche Palmen schwingend „Hosanna“ singt, wird in der Seestadt lediglich durch wahlloses herumtänzeln des Ensembles mit erhobenen Händen dargestellt.
Kreativ gelöst wird hingegen der Selbstmord von Judas, der sich nach und nach in ein Seil verstrickt, symbolisch für die auswegslose Lage, in der er sich befindet.
Jesus stirbt hingegen unspektakulär auf einer kleinen Treppe stehend und durch seitliches Austrecken der Arme ein Kreuz andeutend. Die Schaulustigen liegen leblos mit dem auferstandenen Judas dem Messias zu Füßen. Unmittelbar darauf lässt Jesus die Arme hängen, steigt von den Stufen und geht beglückt mit seinen Freundinnen und Freunden von der Bühne ab. Da die meisten Zuschauer*innen im Saal das Stück noch nicht kannten, gab es viele ratlose Gesichter. Dass die Aufführung in Englisch war, trug auch nicht gerade zum besseren Verständnis bei.

Jesus wird von Joel Zupan verkörpert, der laut Presseaussendung nicht nur Kandidat bei "The Voice of Germany" war, sondern sogar singen kann, Seine Streitgesprächen mit Judas ähneln einem aufmüpfigen und trotzigen Jugendlichen – high statt inspirierend und als Anführer ungeeignet. Auch fehlt es Zupan an Charisma. Stimmlich fischt er im Trüben, in den Höhen wird geschrien. Hier lohnt sich ein Vergleich mit der Interpretation und Intonation von Glenn Carters „Gethsemane“ („Jesus Christ Superstar 2000“ DVD) oder Ted Neeley (1973 bzw. 2021).
Der Song gilt nicht umsonst als einer der am schwersten zu singenden im Musical-Genre.

Florian Klein gibt den Judas. Er ist sehr bemüht im Spiel und auch Gesang. Dennoch fällt es ihm schwer seine Wut und Verzweiflung zu transportieren.

Rebecca Soumagné als Maria Magdalena vermag technisch sauber zu singen, jedoch steckt wenig Gefühl in „I Don't Know How to Love Him“, DEM Liebeslied des Stückes. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie den Inhalt des Textes nicht versteht.

Robert D. Marx, eigentlich der Fels in der Brandung im Team von „Sipario“ kann bei Jesus Christ Superstar auch nicht seine Fähigkeiten ausspielen. Sein Herodes ist zwar in seinem goldenen Rapper-Outfit amüsant anzusehen, doch richtig überzeugend wirkt er in der Rolle nicht. Dies zeigt auch die Schwierigkeiten eines fixen, sehr kleinen Ensembles auf. Jede und jeder muss sämtliche Figuren übernehmen, selbst wenn sie ihnen nicht entsprechen.

Das Orchester besteht aus Keyboard und Synthesizer, zu laut abgestimmten Drums und zwei Gitarren. Etwas dürftig, um dem Rock-Musical Leben einzuhauchen und der Partitur Webbers Nachdruck zu verleihen. Die Harmonie zwischen Darsteller*innen und Musik wird zudem des Öfteren unterbrochen. Das schlechte Timing ist sicherlich auch den mangelnden Proben zu zuschreiben.

Auch zwischen den Sänger*innen gibt es einige stimmliche Diskrepanzen.
In den zwei Jahren Pandemie haben viele Musicaldarsteller*innen merklich an Qualität eingebüßt. Dies ist jedoch ein auffälliges Problem in vielen Shows.

Die wenigen choreographischen Ergüsse muten an wie Fitness-Workouts.

Presse, Zuschauer*innen und Prominente waren schon von DRACULA enttäuscht und mieden in Folge die weiteren Inszenierungen. Man muss leider sagen, dass mit solch einer Professionalität dem Genre Musical kein Gefallen getan wird und der Kulturgarage von Beginn an ein Image angeheftet wird, welches der Seestadt entspricht: Öd, kahl und leblos.

Jene, welche sich nach „Sipario“ in die Kulturgarage einmieten, werden es nicht leicht haben, das Image zu verbessern. Wie schon eine bekannte Künstlerin nach der Premiere von DRACULA verkündete: „An diesen Ort fahre ich nie wieder.“ So dachten viele, was zu einem drastischem Publikumsschwund bei den weiteren Produktionen, DER KLEINE HORRORLADEN und JESUS CHRIST SUPERSTAR führte. Und auch dem Schauspielstück MUTTERTAG sollte kein Zuschauererfolg beschieden sein.
Aber aller Anfang ist schwer und man wird sehen, welche Zukunft „Sipario“ beschieden ist.

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2 von 6 Sternen: ★★

Kritik: Wolfgang Springer
Fotos: Rolf Bock

Elisabeth Sikora, Carin Filipčić; (c) Rudi Gigler

08.04.2022 -
Stadttheater Gmunden (OÖ)

DIE FRAU IN WEISS (The Woman In White)
Musicalfrühling in Gmunden

Mit dem „Musicalfrühling in Gmunden“ wird traditioneller Weise die Sommersaison in der Bezirksstadt am Traunsee eingeleitet. Zum 150-jährigen Jubiläum des Stadttheaters hat man die deutschsprachige Erstaufführung von Sir Andrew Lloyd Webbers DIE FRAU IN WEISS (The Woman In White) ausgewählt. Premiere war am 8. April.
Das Musical basiert lose auf dem Roman von Wilkie Collins aus dem Jahre 1860 und kann in das Genre Mystery Thriller eingeordnet werden. Das Buch stammt von Charlotte Jones, die Gesangstexte von David Zippel. Die kompletten Texte wurden von Wolfgang Adenberg ins Deutsche übertragen.

(c) Peter Kainrath

Am 15. September 2004 fand die Uraufführung im Palace Theatre in London statt. Somit gehört THE WOMAN IN WHITE zu den späteren Werken von A.L. Webber, wo er den Zenit seiner Genialität bereits überschritten hatte. Dennoch wertete The London Guarden es als beste Komposition des Briten seit Jahren.
Die Musik lässt jedoch keinen Spielraum für Interpretationen und ist eher Untermalung. Für A.L. Webber typisch, die immer wiederkehrenden, selben Melodien.
Die Geschichte ist mystisch, spannend mit heiteren und dramatischen Momenten.

Elisabeth Sikora; (c) Peter Kainrath

Die Story:
Der Zeichenlehrer Walter Hartright (Sasha Di Capri) soll die beiden Halbschwestern Marian Halcombe (Carin Filipčić) und Laura Fairlie (Elisabeth Sikora) unterrichten. Auf der Hinreise wird er von einer scheinbar verwirrten Frau, ganz in Weiß gekleidet, (Anaïs Lueken) angesprochen. Es ist Anne Catherick. Sie hütet ein unausgesprochenes Geheimnis, welches aus ihr heraus möchte. Walter verliebt sich in Laura und auch sie hegt Gefühle für ihn, doch sie ist bereits an Sir Percival Glyde (Gerd Achilles) versprochen. Walter verlässt das Anwesen, nachdem er von Maria an seine Pflichten als Gentleman erinnert wurde. Insgeheim hegt auch die burschikose Marian romantische Gefühle für ihn. Laura hält an ihrem Versprechen, dass sie ihren Vater am Sterbebett gab, fest, und heiratet Percival. Die unzertrennlichen Schwestern ziehen auf das Anwesen von Percival, der schon bald sein wahres Gesicht zeigt. Er ist unbeherrscht und gewalttätig. Ihm zur Seite sein Freund und Arzt Graf Fosco (Yngve Gasoy-Romdal). Da die wohlhabende Laura sich weigert eine Generalvollmacht zu unterschreiben, schmiedet Percival mit Fosco einen perfiden Plan. Anne wird gefangen genommen und zu ihrer angeblich eigenen Sicherheit in die Irrenanstalt gebracht.
Marian, die gelauscht hat, wird mittels eines vergifteten Wassers außer Gefecht gesetzt. Als sie wieder zu sich kommt, wird ihr verkündet, dass Laura bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen sei. Marian will den Tod ihrer Schwester nicht wahrhaben und sucht Hilfe bei Walter. Gemeinsam wollen sie herausfinden, wo Anne ist, um das Geheimnis zu lüften. Marian setzt dabei ihre weiblichen Reize ein, um an die Information über den Verbleib Annes heranzukommen. Sie suchen die Irrenanstalt auf, finden dort aber Laura statt Anne, die sie befreien. Laura kehrt zu Glyde als Anne verkleidet zurück und entlockt ihm das grausame Geheimnis. Als sie sich schließlich als Laura zu erkennen gibt, attackiert er sie. Walter kommt ihr zu Hilfe, Percival ergreift die Flucht in einen Zugtunnel und wird dort von einem Zug erfasst. Nun steht der Liebe zwischen Walter und Laura nichts mehr im Wege.

(c) Peter Kainrath

Sasha Di Capri verkörpert den Zeichenlehrer Walter Hartright, der unsterblich in Laura verliebt ist. Mit schüchternem Blick sehnt er sich nach ihrer Nähe. Das sie einem anderen versprochen ist, erträgt er nicht muss gehen. Di Capri harmoniert hervorragend mit Elisabeth Sikora als Laura wie im Duett „Was mein Herz mir sagt“.

(c) Rudi Gigler

Elisabeth Sikora ist prädestiniert für starke Frauen mit dramatischen Lebensgeschichten. Diese Qualität kann sie auch in ihrer neuen Rolle ausspielen. Laura Fairlie ist eine Kämpfernatur, die trotz Schicksalsschläge niemals den Mut verliert. Obwohl von ihrem Mann misshandelt, lässt sie sich nicht brechen. Ihr Rückgrat ist ihre Halbschwester. Zwischen ihnen herrscht eine feste Bindung. Sikoras Stimme verleiht der Figur die notwendige Anmut aber auch Kampfgeist.

(c) Peter Kainrath

Im Gegensatz zu Laura ist Marian die burschikose. Carin Filipčićs ausdrucksvolle Stimme lässt ein Feuerwerk voller Leidenschaft und Gefühle entstehen. „Nur für Laura“ ist ein emotionaler Höhepunkt. Sie nimmt die Zuschauer mit auf eine Achterbahn der Gefühle voller dramatischer Tiefe und heiter-komischen Momenten. Carin Filipčić beweist erneut ihre Vielseitigkeit. Ihre Verführungskünste mit vollem Körpereinsatz bei Graf Fosco sind überaus unterhaltsam.

Anne ist die dritte Schwester im Bunde und wird von Anais Lueken gespielt. Mystisch und geheimnisvoll, voller Verzweiflung und Dramatik legt sie ihre Rolle an.

(c) Peter Kainrath

Doch die drei Schwestern werden in den Schatten gestellt von Yngve Gasoy-Romdal als Graf Fosco. Optisch gleicht er einer Mischung aus Hercules Poirot und Falstaff (aus der gleichnamigen Oper), ein Lebemann, der sich dem Genuss völlig hingibt. Stimmlich artikuliert er wie Johannes Heesters, was der Rolle den gewissen Charme verleiht. Doch der humorvolle und galante Umgang ist nur Fassade, dahinter ist der Graf hinterlistig und durchtrieben. „Gut leben, kann ich gut“ ist sein humoristisches Highlight. Durch seine Leibesfülle beeinträchtigt, muss er dementsprechend viel über seine Mimik arbeiten, hier vor allem mit seinen Augen - ein grandioses Spiel, welches ein wenig an Bustopher Jones („Cats“) erinnert.

Dennis Kozeluh verfügt über eine markante Klangfarbe und vermag damit die Griesgrämigkeit des alten Onkels Frederick Fairlie noch zu verstärken.

(c) Rudi Gigler

Gerd Achilles überzeugt speziell darstellerisch als Fiesling Sir Percival Glyde.

Previn Moore (Bahnwärter), Heidelinde Schuster, Kun Jing, Lukas Müller, Sara Märzinger, Julia Scheiblehner, Rijja Seki und Christina Shamiyeh vervollständigten den Cast am 8. April.

(c) Rudi Gigler

Sebastian Weber, für Kostüme und Maske verantwortlich, hat besonders bei Yngve Gasoy-Romdal hervorragendes geleistet. Die Kostüme entsprechen der Zeit der Handlung, sehen hochwertig aus und haben Stil und Chick.
Das Bühnenbild ist minimalistisch. Mit Projektionen versehene Säulen erzeugen die jeweilige Atmosphäre. Elemente, die in den Zuschauerraum ragen, tragen die persönliche Handschrift von Bühnenbildner und Regisseur Markus Olzinger.

Die musikalische Leitung obliegt Jürgen Goriup. Seine zehn Musiker hatte er recht gut aufeinander abgestimmt. Dennoch waren bei der Premiere auch so manch Unreinheiten zu vernehmen.

Sascha Di Capri, Elisabeth Sikora; (c) Rudi Gigler

DIE FRAU IN WEISS gehört definitiv nicht zu den besten Stücken von A.L. Webber. Die Geschichte ist spannend, Melodien, welche im Gedächtnis bleiben, gibt es jedoch nicht. So liegt der Fokus auf den Protagonistinnen und den Protagonisten auf der Bühne, welche das Werk sehenswert zu machen. Carin Filipčić und Elisabeth Sikora sind zwei starke Persönlichkeiten, die emotional berühren. Zusätzlich mit einem großartig agierenden Yngve Gasoy-Romdal wird das Musical absolut sehenswert und ist eine Reise nach Gmunden wert.

5 von 6 Sternen: ★★★★★
                                                          Kritik: Michaela Springer

29.03.2022 - Wiener Volksoper

LA CAGE AUX FOLLES
Das Abschiedsmusical von Robert Meyer

Der scheidende Direktor Robert Meyer wählte für seine letzte Musicalpremiere LA CAGE AUX FOLLES, ein Stück, welches oberflächlich betrachtet, humoristisch die schillernde Glitzerwelt des Showbusiness und Travestieszene zeigt. In Wahrheit jedoch dreht sich die Geschichte um Selbstbestimmung, den ewigen Kampf gegen (sexuelle) Vorurteile und dessen Umgang, sowie den Platz inmitten der Gesellschaft zu finden.
Mit dieser Produktion ist Robert Meyer ein fulminanter Abschluss seiner langjährigen und erfolgreichen Intendanz gelungen. Eine besondere Ära geht damit zu Ende. Die Lücke versucht die Niederländerin Lotte de Beer ab der Saison 2022/23 als neue Chefin der Wiener Volksoper zu füllen.

Eva Zamostny (Clo Clo), William Briscoe Peake (Odette), Kevin Perry (Monique), Fabian Lukas Raup (Bitelle), David-Eisinger (Mercedes), Martin Enenkel (Dermah)

Das Musical nach Jean Poirets Theaterstück „La Cage aux Folles“ mit Musik und Songtexten von Jerry Herman und Buch von Harvey Fierstein feierte bereits 1991 mit Karl Heinz Hackl und Frank Hoffmann große Erfolge an der Wiener Volksoper. Zwei Jahre zuvor fand jedoch bereits die österreichische Erstaufführung in Amstetten statt, wo man mit diesem Stück die Weichen auf Musical stellte.
Zahlreiche bekannte deutsche Darsteller verkörperten Zaza/Albin, wie zum Beispiel Helmut Baumann (1985-1986), Steve Barton (1986), Uwe Kröger (2014), Karl Heinz Hackl (1991-2007), Alfons Haider (2008) und nun Drew Sarich.

Drew Sarich (Albin alias Zaza), Viktor Gernot (Georges)

Die Story:
Das in die Jahre gekommene homosexuelle Paar Georges und Albin führen ein durchwegs normales Leben, wenngleich ein wenig intensiver und extravaganter. Georges betreibt seit vielen Jahren den Club La Cage aux Folles in Saint-Tropez. Gefeierter Star der frivolen und glitzernden Travestie-Shows ist Albin, der als Zaza das Publikum begeistert.  Wie in jeder Beziehung ist auch diese geprägt von Liebe, Eifersucht und Verständnis. Die Akzeptanz ist jedoch nicht überall gegeben.
Georges Sohn Jean-Michael, der von Georges und Albin aufgezogen wurde, hat mit Anne Dindon, die Liebe seines Lebens gefunden. Das sich ankündigende Familientreffen hat einen Haken, denn der Vater der Verlobten, Edouard, ein erzkonservativer Politiker und gestrenger Sittenwächter, möchte die Eltern des zukünftigen Schwiegersohnes kennenlernen. Georges muss daher auf die Schnelle ein bürgerlich-konservatives Umfeld für den Besuch schaffen und eine „Mutter“ finden. Schließlich übernimmt Albin die Rolle und kann zunächst auch das Vertrauen von Annes Eltern gewinnen. Als diese jedoch aufgrund einer Unachtsamkeit Albins die Wahrheit erkennen, ist vor allem Annes Vater empört und will die geplante Hochzeit absagen. Nach großen Wirren und viel Komik kündigt sich ein Happy End an.

Obwohl der Grad sehr schmal ist, schwankt Drew Sarich in seinem Spiel würdevoll und elegant, aber nie tuntig, zwischen Dramaqueen und Grande Dame. Er legt viel mütterliche Liebe in Gegenwart seines Ziehsohns. Den Höhepunkt bildet seine Interpretation von „Ich bin was ich bin“. Nachdem er die Show Boys von der Bühne geschickt hat, der Scheinwerfer sich auf ihn richtet, fängt er leise und zaghaft zu singen an, die Musik nimmt Tempo auf, wird schneller und schneller und seine Stimme wird sicherer, fester und singt sich regelrecht in Rage. All seine aufgestauten Emotionen lässt er freien Lauf. Es ist ein Seelenstriptease. Im Rausch der Gefühle verlangt er lediglich Akzeptanz gegenüber seinem Ich. Diese Interpretation geht unter die Haut.
Und der Song ist Kult! Schon nach der Uraufführung schrieb das New York Magazine, dass „I Am What I Am“ die neue nationale Schwulenhymne sei. Obwohl der Text das Outing eines Mannes ist, dessen Gefühle beschreibt und Kult bei Dragqueens und Transvestiten ist, gibt es bereits zahlreiche Sängerinnen, die das Lied interpretierten. Gloria Gaynor machte ihn etwa einst zum Hit. Weitere bekannte Solisten waren unter anderem John Barrowman, Sammy Davis Jr., Linda Eder, Anthony Warlow, Shirley Bassey, Pia Zadora und Conchita.

Viktor Gernot (Georges), Cagelles

Albin/ Zaza steht mit Georges ein liebender und verständnisvoller Ehemann zur Seite, der nach 20 Jahren genauso verliebt in ihn ist, wie am ersten Tag. All die Jahre haben die beiden zusammengeschweißt. Georges würdigt und verehrt seinen Partner. Auch wenn bei dem einen oder anderem Tänzchen die Bandscheiben nicht mehr so mitspielen wollen, ihre Liebe ist immer noch frisch und lebendig.
Viktor Gernot
ist eine Idealbesetzung. Er versprüht den Charme eines Peter Alexanders. Sein bestechendes Lausbubenlächeln und erweicht nicht nur das Herz von Zaza. Seine angenehme Gesangsstimme kommt besonders bei seinem Lied an seine große Liebe zum Tragen. Gernots komödiantische Fähigkeiten kann er des Öfteren eindrucksvoll unter Beweis stellen.

Juliette Khalil, Oliver Liebl, Juriaan Bles, Viktor Gernot, Sigrid Hauser

Der Rolle entsprechend blass bleibt der Sohn des Hauses Jean-Michael, gespielt von Oliver Liebl.

Neben den Show Boys sorgt Jurriaan Bles als männliche Zofe Jacob für den erotischen Touch. Lasziv in sexy und sehr freizügigen Outfits ist er der nicht immer ergebene Diener seiner Herren, was zu zahlreichen witzigen Momenten führt.

Robert Meyer und Sigrid Hauser spielen die Eltern der Verlobten, Edouard und Marie. Für ihn, der der strikten Moral unterlegen ist, ist die Familie suspekt und der größte Albtraum. Sie ist eine unterdrückte und frustrierte Ehefrau, die jede Gelegenheit ergreift, um auszubrechen. Herrlich Sigrid Hausers Spiel.

Juliette Khalil ist die Verlobte, die sich gleich wohl und geborgen in der etwas anderen Familie fühlt.

Publikumsliebling Jakob Semotan hat als Bühnenmanager Francis kleine, aber spaßige Auftritte, die in Erinnerung bleiben.


Melissa Kings Inszenierung ist schwungvoll, hat viel Tempo und erinnert mit den großen Revueeinlagen an die Fernsehshows der 1980er Jahre.
Die Kostüme stammen von Judith Peter und sind sind bunt und ideenreich. Vor allem jene aus Manner Schnitten-Verpackungen. Vom Katz- und Maus- Spiel bis zum Recycling-Tanz ist im La Cage alles möglich. Kein Wunsch bleibt offen.

Das Bühnenbild von Stephan Prattes ist teils überdimensional, bei dem schon mal eine riesige Weltkugel über die Bühne schwebt, aus der es Plastikflaschen regnet oder eine gigantische, aufblasbare Katze zu Klängen von „Memory“ (Cats) auftritt.
Das Orchester unter der Leitung von Lorenz C. Aichner macht seine Sache ausgezeichnet.

Mit LA CAGE AUX FOLLES in der Volksoper wird, ohne die Bedienung von alten Klischees, eine hervorragende Inszenierung geboten, die technisch, musikalisch und schauspielerisch überzeugen kann - und die mit Drew Sarich und Viktor Gernot ein neues Traumpaar des Musicals geschaffen hat. So muss Musical sein!

  • Drew-Sarich-(Albin-alias-Zaza)-2
  • Drew-Sarich-(Albin-alias-Zaza)-5
  • Drew-Sarich-(Albin-alias-Zaza),-Musical-Ensemble
  • Robert-Meyer-(Edouard-Dindon),-Musical-Ensemble
  • Viktor-Gernot-(Georges),-Drew-Sarich-(Albin-alias-Zaza),-Juliette-Khalil-(Anne-Dindon),-Oliver-Liebl-(Jean-Michel)
  • Viktor-Gernot-(Georges),-Drew-Sarich-(Albin-alias-Zaza)



6 von 6 Sternen: ★★★★★★

Kritik: Michaela Springer
Fotos: Barbara Pálffy/
Volksoper Wien

27.03.2022 - Wiener Stadthalle D

ABBA MANIA - THE SHOW
Die größte ABBA-Tribute Show der Welt

Nur wenige Bands scheinen zeitlos zu sein. Ihre Songs sind generationsübergreifend beliebt und erreichten mehr oder minder Kultstatus. Die 1972 formatierte Band ABBA, mit über 400 Millionen verkauften Tonträgern, gehört zweifelsohne dazu. Das schwedische Quartett schrieb Musikgeschichte. Auch nach 40 Jahren begeistert ihre Musik das Publikum mit Hits wie „SOS“, „Mamma Mia“, „Fernando“, „Dancing Queen“ oder „The Winner Takes It All“, um nur einige zu nennen. Ihr „Best of“-Album 1992 verkaufte sich 31 Millionen Mal und zählt zu den erfolgreichsten in der Musikgeschichte.

Es hat den Anschein, dass ABBA ein Synonym für Erfolg ist. Alle Projekte, die sie in Angriff nehmen, sind von Erfolg gekrönt. So auch ihr Musical „Mamma Mia!“ mit über 60 Millionen Besuchern weltweit und dessen Verfilmung 2008.


ABBA MANIA – THE SHOW tourt seit Jahren erfolgreich durch Europa. Und die Fans der schwedischen Kultband wurden auch in Wien nicht enttäuscht. Die vier Solisten, im typischen Style der Originale aus den 1970er Jahren wurden von einem klassischen Orchester und einer Instrumentation von E-Gitarre, Bassgitarre, Klavier und Schlagzeug begleitet. Ein Hit folgte auf den nächsten. Auch der einzig autobiographische Song „Slipping Through My Fingers“ und das Instrumentalstück „Intermezzo Nr. 1“ das eine komplexere Struktur aufweist, wurden gespielt. Aber auch die 2020 neu erschienenen Songs „I Still Have Faith In You“ und „Don´t Shuttle Me Down“ fanden Platz im neuen Programm. Der 81-jährige schwedische Jazzmusiker Ulf Anderson trat als Special Guest in Erscheinung. Er stand sowohl mit den Originalsänger*innen von ABBA auf der Bühne, wirkte aber auch als Studiomusiker bei den Alben mit. Legendär sein Saxofon-Solo bei „I do I do I do I do Ido“ Er begeisterte an diesem Abend auch mit seiner Flöte bei „Fernando“.

Für kurze Zeit konnte man die Sorgen und Ängste beiseiteschieben und in die Vergangenheit eintauchen. Das Publikum tanzte in den Seitengängen, sang lautstark mit und tauchten mit ihren eingeschalteten Handys die Wiener Stadthalle in ein berauschendes Lichtermeer. Zusätzlich sorgten gut programmierte Lichteffekte für die richtige Atmosphäre. Alle waren in Partylaune, welche immer wieder von den vier Protagonist*innen auf der Bühne angeheizt wurde.
„Thank You For The Music“ bildete den passenden Abschluss für dieses stimmungsvolle Konzerterlebnis.


5 von 6 Sternen:
★★★★★
                          Kritik: Michaela Springer; Fotos: Alfred Bültel

Florian Klein (Audrey II), Michael Konicek (Seymour)

24.03.2022 -
Kulturgarage Seestadt/ Wien

DER KLEINE HORRORLADEN
Premiere in der Seestadt

Wenn eine übergroße Pflanze „Feed Me“ schreit, dann kann es nur Audrey II sein, und man befindet sich inmitten des kleinen Horrorladens in der Skid Row. Ein kleines Blumengeschäft mit Menschen, die Träume und Wünsche haben, aber von der bitteren Wahrheit immer wieder eingeholt werden. Der Traum eines Reihenhauses, der großen Liebe und dem ersehnten Wohlstand scheint nur ein Traum zu sein. Kann eine Pflanze all diese Sehnsüchte stillen? Die Realität lässt kein Happy End zu, das Böse triumphiert und greift schließlich nach der Weltherrschaft. Dieser kleine Horrorladen befindet sich für kurze Zeit in der Seestadt.

Ronald Tettinek (Mr. Mushnik)

Am 6.5.1982 feierte das Musical von Alan Menken und Howard Ashman Premiere in New York. Bereits vier Jahre später fand die Deutschlandpremiere statt und zählt zu den am häufigsten aufgeführten Musicals ohne festen Spielort. 1987 erschien eine B-Movie Verfilmung mit Rick Moranis, Ellen Greene, Vincent Gardenia und Steve Martin als Zahnarzt. Cinema beurteilte sie als „eine schräge Musicalverfilmung für Trash Fans“. Dennoch erhielt der Film 1987 unter anderem den Saturn Award für die beste Musik, zwei Oscars und Golden Globe Nominierungen.

Anna Zagler (Crystal), Michael Konicek (Seymour), Amelie Polak (Chiffon), Rebecca Sougmané (Ronette)

Nun lechzt seit 24. März Audrey II auch in der Kulturgarage in Seestadt nach Blut. Die Wahl dieses Musical zu spielen, war besser als deren Umsetzung. Auch die zweite Produktion hat lediglich semiprofessionellen Charakter.
Michael Konicek gibt den introvertierten Seymour, der unsterblich in Audrey verliebt ist. Sein Spiel war schrullig und naiv.
Bettina Bogdany verkörpert die, sich nach Liebe sehnende, Audrey. Sie überzeugte gesanglich, wenn sie von einem Reihenhaus träumt.
Robert D. Marx darf als Zahnarzt seine sadistischen Züge zeigen, was ihm und auch dem Publikum sichtlich Spaß machte.
Die Überraschung des Abends war Florian Klein, der Puppenspieler von Audrey. Seine rauchige Rockstimme hauchte der fleischfressenden Pflanze (Ab)leben ein.
Obwohl alle engagiert und motiviert bei der Sache waren, konnte dies nicht die mangelnden sängerischen Qualitäten der übrigen Protagonistinnen und Protagonisten ausgleichen.

Bettina Bogdany (Audrey)

Optisch hat man sich bemüht der Lokation der Volkshochschule gerecht zu werden. Statt des Blumenladens hat man sich für einen Marktstand entschieden. Audrey II, das Herzstück des kleinen Horrorladens. Florian Klein schlüpfte dabei nicht in seine Rolle, sondern bespielte sie, sowohl als kleine Topfpflanze als auch als menschenfressendes Monster, von außen. Das mutete jedoch etwas seltsam an. Was bei AVENUE Q funktionierte, mutete hier seltsam an. Die Konzentration der Zuschauer*innen wurde zu sehr auf den Schauspieler projiziert.
Bei den Kostümen hat Ida Bekic in der falschen Altkleiderkiste gewühlt und sind teils nicht sehr schmeichelhaft ausgesucht. Seymour mit Baseballkappe und Blumenplunder gleicht einem CSI-typischen Serien-Mörder und Audrey, die vorrangig sexy und attraktiv sein sollte, sorgte mit eigenwilliger Perücke und altbackener Kleidung für unfreiwillige Lacher, als sie erklärt, dass sie sich hübsch gemacht hat.

Bei der Inszenierung hätte man etwas mehr Mut beweisen können und mit etwas Kreativität das Stück ins Jahr 2022 transportieren sollen. Die 1980er Jahre waren stilistisch keine spannende Zeit, um sich darauf zu versteifen.

Anna Zagler (Crystal), Michael Konicek (Seymour), Rebecca Sougmané (Ronette), Bettina Bogdany (Audrey), Amelie Polak (Chiffon)


DER KLEINE HORRORLADEN hat durchaus gute Ansätze, und wenn die Besucher*innen sich auf Mittelmäßigkeit einstellen, werden sie bestens bedient. Professionalität sollte der Anspruch sein. Diesen Status muss sich das Produktionsteam noch erarbeiten. Bis dahin ist die Einöde der Seestadt genau der richtige Platz, um sich weiterzuentwickeln.

3 von 6 Sternen: ★★★
                                   Kritik: Wolfgang Springer; Fotos: Sipario

16.03.2022 - Brick-15/ Wien

MUSICAL VISIONS by Leo Floyd
Songs for Tomorrow -
Von Japan bis New York

Am 16.3.2022 präsentierte der Jungkomponist Leo Floyd ein Potpourri seiner fünf bis jetzt teils noch im Entstehen befindenden Musicalwerke unter dem Titel „MUSICAL VISIONS: Songs for Tomorrow - von Japan bis New York“.

So verschieden die Themen sind, so verschieden sind auch die Musikrichtungen. Klassische Musicalelemente wechselten sich mit neuen, im Musicalgenre selten zu findenden Stilen ab. Passend zu den Stücken waren japanische oder irische Klänge zu vernehmen. Etwa die Hälfte der Songs wurden am Klavier von Julian Groller begleitet, ein weiterer Teil kam vom Band, um einen besseren musikalischen Einblick in das Werk zu vermitteln oder weil, wie etwa bei der Rappnummer „Bösester Bösewicht“ das Klavier unpassend gewesen wäre.

Wie schon aus dem Titel ersichtlich führte Leo Floyd die Anwesenden auf eine musikalische Reise quer über den Globus bis in die Welt der Fantasie.

In DAIMYO wird die Geschichte des unbedeutenden japanischen Fischers Yori erzählt, der auserkoren ist, sein Land vor bösen Mächten zu befreien.

Drei Elfen müssen in VERBORGENE WELTEN zu den Menschen reisen, um beide Existenten vor dem Untergang zu retten.

ANDROIDICAL: Ein Roboter als Superheld kommt zur Verbrechensbekämpfung in einer amerikanischen Großstadt zum Einsatz. Nicht alle zeigen sich von der künstlichen Intelligenz begeistert. Probleme sind vorprogrammiert.
Dieses Thema ist nicht neu und fand bereits in zahlreichen bekannten Filmen und TV-Serien sein Publikum.

Der im Kaisertum Österreich geborene Nikola Tesla war ein genialer Erfinder und Physiker. Als Elektroingenieur entwickelte er das bahnbrechende System des Zweiphasenwechselstroms. TESLA´S VISION widmet sich seinen Träumen einer neuen Welt.

Über die größte Katastrophe der österreichischen Theaterwelt handelt das Musical RINGTHEATER. Es ist die Geschichte über Liebe, Hoffnung und Größenwahn. Bei der Brandkatastrophe am 8. Dezember 1881 im Wiener Burgtheater kamen offiziell 382 Menschen zu Tode, als Feuer von der Bühne ausgehend auf den Zuschauerraum übersprang. Es wird aber angenommen, dass nahezu 1.000 den Flammen zum Opfer fielen, darunter auch Ladislaus Vetsera, ein Bruder von Mary Vetsera, die Kronprinz Rudolf in Mayerling mit in den Tod nahm.

Die Songs, teils mit Ohrwurmqualität, erweisen sich durchaus gefällig und vielversprechend. Einige haben zudem potential mit einer großen Orchestrierung noch eindrucksvoller zu klingen.

Die Titel wurden von Stella Kranner, Reinwald Kranner, Konstantin Zander und Lisa Antoni, die bis in die Höhen über eine starke und klare Stimme verfügt, vorgetragen.
Stella Kranner ist für eine kranke Kollegin eingesprungen und musste nun in Windeseile ihre Songs einstudieren. Besonders gelungen war das Duett mit ihrem Vater, „Lieben, Leiden“ (VERBORGENE WELTEN). Ob als Liebender mit einfühlsamer Stimme oder bedrohlich als Schurke, bei Reinwald Kranner erreichen alle Emotionen das Publikum. Doch niemand kann so gekonnt mit bösen Blicken töten, wie Konstantin Zander, der zudem die Zuschauer*innen mit seiner ausdrucksstarken Stimme begeisterte.

Im Gegensatz zum Komponisten Leo Floyd, der offensichtlich sehr nervöse und überwältigt von dem positiven Feedback des Publikums war, gelangen dem Texter Michael Car die Anmoderationen in stoischer Gelassenheit. Zusammen hatte es schon ungewollt kabarettistische Züge und erheiterte das Publikum, weil es so echt, menschlich und unverbraucht wirkte.
Zur Überraschung der Anwesenden sang Leo Floyd selbst einen Song. Mit vollem Körpereinsatz und starken Gesten brachte er zum Ausdruck, wie sehr er Elfen hasst.

Leo Floyds Musical Visionen könnten, wenn er sie weiterspinnt, durchaus Realität werden.
Österreich hat wieder einmal einen talentierten Jungkomponisten, der sicher seinen Weg gehen wird und von dem man noch viel hören wird.

5 von 6 Sternen: ★★★★★
                                                Kritik & Fotos: Michaela Springer

10.03.2022 - Music Hall/ Innsbruck (Tirol)

GHOST - Nachricht von Sam
Tour-Stopp in Tirol

Der Hollywoodfilm mit Demi Moore, Patrick Swayze und der legendären Whoopi Goldberg rührte 1990 viele zu Tränen. Die Handlung wurde für das Musical nicht verändert, lediglich, eine Sache: Sam wird nicht seiner Geldtasche wegen Opfer eines Raubmordes, sondern wegen seines Handys, auf dem alle wichtigen Zugangsdaten gespeichert sind.

Die Story:
Der Banker Sam Wheat (Charles Kreische) und seine Freundin, die Künstlerin Molly Jensen (Karin Merkl), führen eine glückliche Beziehung. Molly sagt Sam sehr oft, dass sie ihn liebt, worauf er fast immer erwidert, „dito“, da er der Meinung ist, dass man die drei Worte nicht überstrapazieren sollte.
Auf dem Heimweg von einem Theaterbesuch werden Sam und Molly von einem Straßenräuber überfallen. Im Handgemenge löst sich ein Schuss und tötet Sam.
Sam will seine Molly jedoch nicht verlassen und gerät zufällig an die Wahrsagerin und Geisterbeschwörerin Oda Mae Brown (Amina Robinson). Diese ist jedoch augenscheinlich nur eine Betrügerin, die ihren Kunden vortäuscht, Kontakt zu verstorbenen Angehörigen aufnehmen zu können. Während einer Sitzung äußert Sam lautstark seinen Unmut über diese Farce – und wird von Oda Mae gehört, die offenbar doch ein Medium ist, ihre Fähigkeit aber bisher noch nicht kannte.
Sam und Oda Mae recherchieren nach dem Drahtzieher seiner Ermordung und stoßen auf Sams ehemaligen beste Freund und Arbeitskollegen Carl Bruner (Kim-David Hamman) der sich mit falschen Leuten eingelassen und Geld veruntreut hat. Die Zugangsdaten aus der gemeinsamen Firma stehen in Sams Handy. Willy Lopez (Calum Melville) sollte es ihm abnehmen. So kam es zum tödlichen Schuss. Sam muss nun seine Molly beschützen und versucht mit Hilfe von Oda Mea Kontakt aufzunehmen. Sie glaubt jedoch nicht an Geister, muss sich aber schließlich eingestehen, Sams Nähe zu spüren. In der Zwischenzeit schaffen es Oda Mea und Sam mit einen Trick Carl das Handwerk zu legen und Sam bekommt seine Rache. Carl stirbt und wird von den bösen Geistern geholt. Ein Letztes mal wird Sam für seine Molly sichtbar. Mit einem innigen Kuss nehmen sie zärtlich voneinander Abschied, bis er unbesorgt ins Licht gehen kann.
Eine Liebe, die den Tod besiegt.

In dieser Show steckt von Beginn an viel Energie. Jeder Song reißt mit und man glaubt sich mitten im Film. Man kennt die Geschichte und wie es ausgeht, aber die Darsteller*innen schaffen es, das Publikum auf die emotionale Reise mitzunehmen und auch ein klein wenig Hoffnung zu geben, dass es diesmal vielleicht anders enden könnte.
Die Bühne ist klein, doch ausreichend. Die Tournee-Produktion überzeugt auf ganzer Linie. Schade, dass der Zwischenstopp in Innsbruck nur einen Tag dauerte. Es wäre interessant gewesen, die Covers zu sehen, wie etwa Livia Wrede als Molly, bekannt unter anderem aus „Mamma Mia!“

GHOST - NACHRICHT VON SAM ist ein Musical, welches in der Musicalwelt leider zu wenig Aufmerksamkeit erhält. Es hätte sich einen fixen Standort verdient, um viele Menschen anzuziehen und sie in die 1990er Jahre zu bringen!
Die soeben erschienene CD spendet ein wenig Trost. So kann man dieses Stück auch zu Hause erleben.
Sollte GHOST - NACHRICHT VON SAM in der Nähe Halt macht, unbedingt ansehen!

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5 von 6 Sternen: ★★★★★

Kritik: Jacqueline Cerny
Fotos: David Schmelzer

26.02.2022 - Das Vindobona/ Wien

A Night Alone with
DREW SARICH

Eine Gitarre, eine Bühne und ein oder zwei Bier. Mehr braucht es nicht für einen Vollblutmusiker. Zweifelsohne ist Drew Sarich einer der vielseitigsten Musicaldarsteller. Brel, La Cage und Vivaldi sind in nächster Zeit Stücke, in denen er Hauptrollen spielt. So unterschiedlich diese Parts sind, so breit gestreut ist auch sein Musikspektrum.

Von einer ganz intimen Seite, wie er es auch selbst nannte, konnte man ihn am 26.Februar im Vindobona mit seinem Programm „Alone with Drew Sarich“ erleben. Es war selbst für ihn eine neue Erfahrung, da er es nicht gewohnt ist, allein auf der Bühne zu stehen. Er selbst beschreibt seine Lieder, nach einem Zitat von Townes van Zandt, als nicht traurig, sondern hoffnungslos. Seine Songs sind melancholisch und berührend. Sein Tonumfang sucht seinesgleichen, die Stimme ist unverwechselbar, ausdrucksstark und treffsicher.

Zwischen den Songs gab es immer wieder kleine Anekdoten aus seinem bewegten Schauspielerleben. Es sei etwa ein Fluch und Segen große Augen zu habe. Beim Flirten sind diese eher hinderlich, denn einen coolen Womanizer-Blick bekommt man damit nicht so richtig hin.
Auch erzählte er von seinem großen AHA-Erlebnis in der Kirche als Kind, wo seine Berufung zum Sänger erkannte. Es war für ihn nicht leicht seinen Weg zu finden, in einer Familie, in der jedes Familienmitglied sehr erfolgreich war und er nicht wusste, was sein Pfad sei. Jedoch konnte er stets auf die volle Unterstützung seiner Familie zählen. Und wie war er als Jugendlicher? Er beschrieb sich als der Teenager, der in der Ecke stand und beobachtete. Als Darsteller liebt er es, in eine andere Rolle zu schlüpfen, wer anderer zu sein. Und das kann er in der nächsten Zeit auf sehr kontroverse Art. Mit den Stöckelschuhen der Zaza für La Cage aux Folles an der Volksoper zu gehen, ist eine große Herausforderung, und es hat einige Zeit gedauert, nicht wie Bambi am Eis auszusehen. Bis zur Vorpremiere am 19.3 hat er noch Zeit, um seinen Stil zu perfektionieren.

An diesem Abend hat Drew Sarich gezeigt, dass, wenn man Charme besitzt und das notwendige Rüstzeug als Sänger und Musiker mitbringt, keine technischen Hilfsmittel benötigt, um gut unterhalten zu können.



6 von 6 Sternen: ★★★★★★

Kritik & Fotos: Michaela Springer

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24.02.2022 - Kulturgarage Seestadt/ Wien

DRACULA - Das Musical
Premiere in der Seestadt

Die Wiener Volkshochschulen haben ihren Tätigkeitsbereich mit der Kulturgarage als neue Theaterlocation in der Seestadt erweitert. Wie in einem persönlichen Gespräch erklärt, wird bewusst auf eine Intendanz verzichtet, denn jede(r) Künstler*in, Theatergruppe oder Band kann sich einmieten, was auch die Agentur Sipario für mehrere Musicalinszenierungen in den nächsten Monaten gemacht hat.
Am 24. Februar 2022 fand somit die Premiere ihres ersten Musicals DRACULA mit Ex Songcontest-Teilnehmer Cesár Sampson in der Titelrolle statt.

Dem Musical liegt die Romanvorlage von Bram Stoker zugrunde, die Musik stammt von Frank Wildhorn. Am 13. Oktober 2001 feierte das Stück seine Premiere in San Diego. Vier Jahre später teilten sich bei der deutschsprachigen Erstaufführung in St Gallen Thomas Borchert und Drew Sarich die Rolle des Untoten. Bei der Österreich-Premiere 2007 in Graz übernahm erneut Thomas Borchert diesen Part. Gejagt wurde er von Uwe Kröger als Van Helsing.

Der Mythos Dracula fasziniert seit der Veröffentlichung des Romans von Bram Stoker 1897 die Menschen auf der ganzen Welt. Er ist ein Einzelgänger, mystisch und erotisch zugleich. Seine Opfer ließ er stets blutleer zurück. Bram Stoker orientierte sich für sein literarisches Werk an Fürst Vlad III Drăculea (1431-1476), der als grausamer Adeliger berüchtigt war. Mythen besagen, dass er Blut von seinen Opfern trank und beim Öffnen seines Sarges 1931 sein Leichnam verschwunden war … bis heute.
Graf Dracula ist eine Erfindung und hat im Grunde nicht viel mit Vlad gemeinsam. Durch zahlreiche Filme, Bücher und Musicals hat er es dennoch zu Unsterblichkeit gebracht.

Die Faszination liegt im Kampf zwischen hell und dunkel, dem unsterblich Bösen aber auch in der verführerischen, charismatische, Erscheinung Draculas, der sich keiner seiner Auserwählten entziehen kann.
So mystisch und tragend, ist auch die Partitur Wildhorns, die oftmals an sein Meisterwerk „Jekyll & Hyde“ erinnert. Was für ein großes, klassisches Orchester geschrieben wurde, musste für die Seestadt auf eine 9-köpfige Band abgespeckt und neu arrangiert werden.

Cesár Sampson ist als Dracula eine ausdrucksstarke Erscheinung, gekonnt spielt er mit seinen großen Augen. Seine Aussprache ist besonders deutlich und verleiht der Rolle die gewisse Erhabenheit. Er überzeugt auch bei den Popballaden, jedoch gelingt es ihm nicht, die notwendigen Akzente zu setzen und passenden Stimmungen zu vermitteln. Es fehlen die feinen Nuancen im Gesang, welche beim Musiktheater so wichtig sind. So werden Lieder zu Einheitsbrei – passend zu den musikalischen Arrangements, denen zuweilen ebenfalls die Akzente fehlen.

Sarah Zippusch gibt eine stimmgewaltige Mina Murray. Sie versteht es, mit ihrer Stimme Emotionen zu erzeugen und das Publikum auf ihre Achterbahn der Gefühle mitzureißen, schwankend zwischen Vernunft und großer Sehnsucht nach Dracula. Sie kennt die Folgen seines Bisses, dennoch ist ihre Leidenschaft zu ihm so stark, dass sie sich nicht entziehen kann. Ihre Liebe ist so unendlich groß, dass sie ihn am Schluss erlöst, auch wenn es das Ende ihres gemeinsamen Daseins bedeutet. Hoch emotional überwindet sie sich, diesen Schritt zu gehen.

Willensstark und voller Tatendrang ist Robert D. Marx mit einer unglaublichen Bühnenpräsenz und einer einprägsamen Stimme. Er selbst hat seine Geliebte vor langer Zeit verloren. Sie ist nun eine Gefolgin Draculas. Sein Schmerz ist die Triebkraft für einen besessenen Verfolgungskampf. Er will Dracula besiegen und das um jeden Preis.

Ihm zur Seite stehen der Arzt Dr. Seward (Roland Tettinek), Quincey Morris (Michael Zallinger) und die Ehemänner von Mina und Lucy.
Florian Klein ist Jonathan Harker, selbst ein von Dracula verführter. Er kämpft um seine Mina und liebt sie so sehr, dass er das Versprechen einlöst, sie zu töten, wenn es kein Zurück für sie gibt. Michael Konicek als schüchterner, versnobter Arthur Holmwood amüsiert. Er kämpft genauso für seine Geliebte, aber auf seine ganz eigene Art und Weise.
Anna Zagler als Lucy, die Freundin von Mina und baldiges Opfer Draculas, beeindruckte besonders als Untote. Hingebungsvoll unterwirft sie sich Dracula, um sich dann mit funkelnden Augen dem Reigen seiner Vampirmenagerie lustvoll anzuschließen.

Es sind vier Untote, die ihm stets zu Diensten sind, ausgehungert nach Blut lechzen und ihre Opfer ohne Vampirzähne den roten Saft aus den Adern saugen. Teilweise wirken ihre Körperhaltungen jedoch zombiehaft.
Die Tanzszenen enthalten gute Einfälle und erinnern in Fragmenten an „Tanz der Vampire: Nightmare“. Die Lösung des Bühnenbildes mit einfachen Projektionen und fahrenden Paravents, wo das Mobiliar verändert wird, ist einfach aber effektiv.

Das Stück lebt vom Mythos und der Musik. DRACULA erzielt seine beste Wirkung auf einer großen Bühne mit einem gut ausgestatteten Orchester und mit einem Hauptdarsteller, der nicht nur in der Popszene beheimatet ist, sondern auch seiner Stimme mehr Tiefe und die notwendigen Gefühle entlocken kann. Cesár Sampson ist eine charismatische Erscheinung, doch für tragende und stimmlich herausfordernde Rollen ist er (noch) nicht bereit.
Die erforderlichen Kriterien erfüllen Sarah Zippusch und Robert D. Marx. Die beiden sorgen dafür, dass aus einer guten Schulaufführung doch noch eine  mittelprächige semiprofessionelle Bühnenshow wurde.

Man darf gespannt sein, wie sich die Kulturgarage als neue Location, die im Außenbereich furchteinflößender wirkt als die Inszenierung, bewährt und wie bunt und vielfältig sich das Programm zukünftig gestalten wird. Nicht alle Gäste zeigten sich am Premierenabend begeistert.
DRACULA wird noch sporadisch bis 1. Mai gespielt. Tickets sind jederzeit erhältlich.
Auf die Vampire folgt DER KLEINE HORRORLADEN, der sicherlich besser in den 350 Zuschauer*innen fassenden Festsaal passt. Man darf gespannt sein.

4 von 6 Sternen: ★★★★

                                                Kritik: Michaela Springer; Fotos: Rolf Bock

Teaser DRACULA Seestadt


Wer Lust hat, sieht sich die beiden kurzen Videos an und voted mit.
Wir sind gespannt auf euer Ergebnis.

Welcher DRACULA-Darsteller ist stimmlich dein Favorit?

  Cesár Sampson   Thomas Borchert   Drew Sarich   Chris Murray   David Arnsperger   Gerd Achilles

23.02.2022 - Wiener Stadthalle

WE WILL ROCK YOU
Premiere in Wien

Queen zählt zu den legendärsten Bands der Musikgeschichte mit unzähligen Nummer 1 Hits. Mit WE WILL ROCK YOU haben sie sich mit diesem Musical eine eigene Hommage gesetzt, die laut, bunt und mitreißend ist.

Die Geschichte einer Cyberwelt, in der das ganze Leben über Computer gesteuert wird, ist heute im Zeitalter der globalen Vernetzung durch soziale Netzwerke, Homeoffice oder Distance Learning, realer als noch vor 20 Jahren, als das Musical WE WILL ROCK YOU am 14.5.2002 im Londoner West End Premiere feierte.

Das Juke Box Musical von Ben Elton und Queen konnte bei den Kritikern nicht überzeugen  und erntete vernichtende Kritiken. Dies schreckte die Fans jedoch nicht ab, was dazu führte, dass das Stück mit einer 12-jährigen Laufzeit, 6,5 Millionen Zuschauern und 4.600 Aufführungen zum überwältigenden Publikumserfolg im Dominion Theatre wurde.

Eigentlich hätte das Musical die Biografie von Freddie Mercury erzählen sollen. Schauspieler Robert de Niro arbeitete bereits an einen Plot, der für Brian May und Robert Taylor jedoch unbefriedigend war. Jim Beach, langjähriger Bandmanager, hatte eine andere Perspektive im Kopf. Queen wäre mehr als Freddie Mercury.

Linda Lindgren

Die Story:
Die Handlung von WE WILL ROCK YOU findet in der Zukunft statt. Die Erde heißt nun iPad (in früheren Inszenierungen eBay) und wird von einer künstlich erschaffenen Computerfigur, der Killer Queen, regiert. Jegliche Individualität wird untersagt und strengstens bestraft. Musik ist verboten! Alle sollen dasselbe denken, sich einheitlich kleiden und die vorgegebene computergenerierte Musik hören. Doch es gibt eine kleine Gruppe Widerstandskämpfer, die Bohemians, die für Freiheit der Gedanken und der Musik eintreten.
Die Legende besagt, dass ein Träumer kommen und die Wende herbeibringen wird. Sie erkennen diesen Träumer in dem jungen, rebellischen Schulabgänger Galileo. Ihm und seiner ebenfalls individualistischen Freundin Scaramouche obliegt es, die Welt zu retten.

Philipp Büttner

Die Tourneeproduktion, die seit 23.2. in der Wiener Stadthalle gastiert, setzt auf ein gigantisches Bühnenspektakel. Mit ausdrucksstarken 3D-Projektionen wird der Zuschauer regelrecht in den Cyberspace gesogen. Die Choreografie ist einfallsreich und schwungvoll. Die Szenen mit den Gaga-Kids gleichen einem strengen Workout. Alles ist im Gleichklang, keine Individualität. Im Gegensatz zu den Bohemians, deren Tanzstil hemmungslos, wild und leidenschaftlich ist. Das spiegelt sich auch in den Kostümen. Futuristisch und uniformähnlich glänzen die Kleidungsstücke der „Marionetten“ in der Computerzentrale, und stehen im krassen Gegensatz zu den extravaganten und bunten Kostümen der Underdogs.

Inga Krischke

Die Darsteller*innen boten eine solide Leistung. Philipp Büttner als Galileo ist sympathisch und liebenswert. Mit seiner dünnen Schlagerstimme ist er die Idealbesetzung für jeden Jugendlichen in einem Disney-Musical, was er auch schon als Erstbesetzung des Aladdin im gleichnamigen Stück unter Beweis stellte.
Inga Krischke als Scaramouche ist eine taffe, freche Rockröhre, die stimmlich die beste Leistung aller auf der Bühne bot und auch viel Temperament in die Rolle einbrachte.
Linda Lindgren fehlt es an der notwendigen Bühnenpräsenz für die Killer Queen. Ihr Lakai Khashoggi, alias John Davies ist wohl die größte Fehlbesetzung – in jeder Hinsicht.
Gabin Turnbull gibt sich als witzig verpeilter Flower-Power Altrocker Udo mit gesangstechnischem Potential.

Werner Sobotka

Dem Österreicher Werner Sobotka muss das größte Lob ausgesprochen werden. Er zeichnet sich bei dieser Neuinszenierung als Übersetzer aus und peppte die Dialoge mit sehr vielen witzigen und orginellen Einfällen und Wortspielen auf. Faktisch jeder Gag zündete und sorgte dafür, dass die an sich dünne Handlung, Spaß machte.

2.v.re. John Davies

Das Stück lebt aber hauptsächlich durch die großartige und zeitlose Musik von Queen…. „It´s a Kind of Magic“. Daran konnte auch nicht die, in der Stadthalle  auf Anschlag stehende, Tonanlage etwas ändern, aus der oftmals nur mehr Dröhnen zu vernehmen war und welche die Sänger*innen in den lauten Sequenzen zum Schreien veranlasste.
Doch wenn die virtuelle Silhouette von Freddy Mercury zu Staub zerfällt und in Galileo überfließt, bewahren sich Freddie Mercurys Worte: „Ich werde kein Rockstar sein. Ich werde eine Legende sein.“

In Erinnerung an diese Inszenierung bleibt eine perfekt inszenierte Bühnenshow, die gelungene Übersetzung, die unvergesslichen Musik-Klassiker und ein, bis auf wenige Ausnahmen, mittelmäßiger Cast.

Bringt gute 4 von 6 Sternen: ★★★★

Kritik: Wolfgang Springer; Fotos Wien: Katharina Schiffl

Bis 6.3. gastiert WE WILL ROCK YOU noch in der Wiener Stadthalle. Karten sind genügend verfügbar.
Vom 19.5. bis 22.5. wird zudem in der Tips Arena Linz und vom 27.5. bis 29.5. in der Salzburgarena gerockt.

19.02.2022 - Stadttheater Baden (NÖ)

HALLO, DOLLY!
Premiere im Stadttheater Baden

Sind es heute diverse Dating Plattformen, waren es früher Heiratsvermittlerinnen, die Männer und Frauen verkuppelten, wenn es auf dem normalen Weg nicht funktionierte. Dies war anno dazumal genauso effektiv oder eben nicht, wie heutzutage. Kompliziert wird es jedoch, wenn die Heiratsvermittlerin selbst ein Auge auf den wohlhabenden Auftraggeber wirft. Nicht, weil sie sich verliebt hat, das liegt nach dem Tod ihres Mannes hinter ihr, nein, sie hat es satt, jeden Tag von der Hand in den Mund zu leben. Von so einer Heiratsvermittlerin handelt das Musical HALLO, DOLLY! (Hello, Dolly!).

Was für ein Name, Dolly Gallagher Levi, was für eine selbstbewusste, starke Frau. Als Puppet Master hält sie die Fäden in der Hand. Sie ist eine Meisterin des subtilen Spieles der Anziehung und Abstoßung eines Mannes, um ihn gefügig zu machen.
Jerry Herman schrieb die Musik und Gesangstexte, das Buch stammte von Michael Stewart. Am 16. Jänner 1964 fand in New York die Uraufführung statt und war mit 2.844 Vorstellungen äußerst erfolgreich.
So war der nächste logische Schritt eine Verfilmung unter der Regie von Gene Kelly. Da die Dolly eine Paraderolle für Diven ist, war es nur selbstverständlich, dass die damals noch sehr junge Barbra Streisand die Titelrolle übernahm und Walter Matthau als ihr griesgrämiger Partner zur Seite stand. Legendär auch der Gastauftritt von Louis Armstrong.
Seit 2017 ist nun Bette Midler als Dolly in ihrer ersten Hauptrolle am Broadway zu sehen. Mit 10 Tony Awards gehört HELLO, DOLLY! zu den erfolgreichsten Musicals aller Zeiten.

Nun ist Dolly Levi ins Stadttheater Baden eingezogen und feierte am 19. Februar seine umjubelte Premiere. Patricia Nessy verkörpert die Titelrolle mit einer ungeheuren Bühnenpräsenz. Sie versteht es mit liebenswerter Berechnung und kühler Klugheit die Leute nach ihrem Spiel zu lenken. Stimmlich ist ihr die Rolle auf dem Leib geschrieben. Sie spielt nicht Dolly, sie ist Dolly. Natürlich ist der große Auftritt auf der Showtreppe, bei dem das Lokalpersonal ihr zu Füßen liegt und gesanglich „Hallo Dolly“ schmettert, das glanzvolle Highlight. Aber besonders stark ist Patricia Nessy in den leisen Szenen, etwa im Zwiegespräch mit ihrem verstorbenen Manne. Hier strahlt sie ungeheure Kraft und Emotion aus. Aber es gibt auch viele Momente, wo sie ihr komisches Talent sehr feinfühlig unter Beweis stellt.
Ihr Auftraggeber und zukünftiger Gatte, der zu Beginn davon noch nichts weiß, beauftragt sie, ein Treffen mit der jungen Witwe und Hutmacherin Irene Molloy zu arrangieren. Andreas Steppan bewies sich als Idealbesetzung des griesgrämigen und geizigen Kaufmann Vandergelder. Mürrisch raunzt er sich durchs Stück, bis er mehr oder minder selbst erkennt, dass er Dolly als seine Frau begehrt.
Valerie Luksch überzeugt als junge Hutmacherin. Auf den ersten Blick erscheint sie als süßes Mäderl, doch der Schein trügt. Sie ist eine selbstbewusste, taffe Frau, die mitten im Leben steht. Valerie Luksch spielt köstlich amüsant, aber auch emotional berührend. Aus dem Wunsch heraus, gemeinsam mit ihrer Angestellten Minnie, sich mit den falsch ausgebenden reichen Sunnyboys, die in Wirklichkeit arme Angestellte von Vandergelder sind, zu amüsieren, entsteht Liebe. Iva Schell ist eine herrliche verpeilte Minnie Fay.
Ricardo Frenzel Baudisch (Cornelius Hackl) und Martin Fischerauer (Barnaby Tucker) sind die beiden armen Angestellten, die für viele heitere Momente sorgen. Etwas konfus stolpern sie durchs Leben und versuchen ihren kleinen Schwindel aufrecht zu halten.
Nach einigen Irrungen und Wirrungen bringt Dolly geschickt Vandergelder dazu, sich in sie zu verlieben. Einem großen Happy End steht nichts mehr im Wege.

Das Bühnenbild von Manfred Waba und die Kostüme von Friederike Friedrich sind aufwändig und mit viel Liebe zum Detail. Anna Vita hat sich für das Ballett der Bühne Baden eine schwungvolle Choreografie einfallen lassen. Man hätte da aber getrost etwas kürzen können, um die Handlung zu straffen. Die musikalische Leitung obliegt Franz Josef Breznik, der das Orchester der Bühne Baden werkgetreu intonieren lässt.

Mit HALLO, DOLLY! ist dem Hausherren Michael Lakner eine solide, teils mit witzigen Momenten versehene Inszenierung gelungen, die vielleicht etwas altbacken daherkommt, aber durch ihren Charme den Nerv des älteren Badener Publikums trifft.
Wer moderne Inszenierungen scheut und in Nostalgie schwelgen will, dem sei HALLO, DOLLY! wärmstens empfohlen.

Bis 27. März hat man noch die Gelegenheit für einen Besuch.


Charmant-vergnügliche
5 von 6 Sternen:
★★★★★

Kritik: Michaela Springer
Fotos: Christian Husar


16.02.2022 - Metropol/ Wien

TI AMO 4
Premiere im Wiener Metropol

Es gibt nur sehr wenige Bühnen-Musicals, denen eine Fortsetzung zuteilwurde. Bei TI AMO sind es deren drei. Nach 14 Jahren, 194 Vorstellungen und 61.252 Zuschauern geht der Wahnsinn in die vierte Runde. Am 17. Februar stand die Premiere von TI AMO 4 auf dem Programm des Wiener Metropols.

Neben viel Italo-Pop und Schlagern, Karel Gotts „Biene Maja“ und Freddie Mercurys „Bohemian Rhapsody“ bekamen die Gäste erneut jede Menge italienischen, russischen und Hernalser Humor geboten. Stefano Bernardin, Erik Arno, Christian Deix, Markus Richter, Rene Velazquez und Arthur Büscher sorgten für ausgelassene Stimmung. Ebenfalls zum Ensemble gehören Adriana Zartl, Robert Kolar, Stefan Mosonyi und Michelle Catherine Härle.

In der neuen Fortsetzung geht es um die Zukunft der Liederbar „Da Capo“. Tony Marone, der Sohn des Etablissement-Besitzers Franco Marone, sieht sich nun als Zauberkünstler und träumt von einem Varieté. Die Russenmafia, welche nach dem Erwerb der meisten Anteilsscheine, bereits einen Fuß in der Tür hat, will eine Russendisco daraus machen. Franco möchte hingegen das Lokal so lassen, wie es ist. Eine Location, in der Hits aus den 50iger und 60iger gespielt werden. Er hat auch eine neue Künstlerin eingestellt, bei deren Anblick er wie Wachs in ihren Händen ist. Die unbekannte Schöne nennt sich Nadja X, ist kühl und geheimnisvoll. Verbirgt sich vielleicht ein Geheimnis in ihrem Schritt?
Weitere Aufregung gibt es um Tonys Sohn, welcher in Italien der neue Pate werden soll.

Das „Metropol-Musical“ TI AMO 4 von Peter Hofbauer und Viktoria Schubert sorgt für vergnügliche Stunden. Man bekommt, was man erwartet: Leichte Unterhaltungskost mit einer witzigen Story, mehr oder minder guten Pointen, aufgepeppt mit etlichen Schenkelklopfer-Songs und einen spielfreudigen Cast. Leider trüben einige Längen, wie die unnötige Zaubershow von Tony und seinen Kindern, den Plot. Und auch im zweiten Akt, zweites Drittel, wird es etwas zäh, zumal hier auch viele Gags nicht zünden wollen. Selbiges gilt für die Auftritte der Kinder.

Besonders positiv zu erwähnen und in jeder Hinsicht überzeugend Markus Richter, Christian Deix und Rene Velazquez, deren natürliche „Schmähs“ für jede Menge Lacher sorgten. Markus Richter beweist zudem als Putzfrau eine überaus scharfzüngige Zunge. Arthur Büscher ist als Nadja X eine charismatische Erscheinung und überzeugt mit Charme und Sexappeal. Stefano Bernardin findet als Magic Tony seine Berufung und sorgt für manch heiteren Momente. Erik Arno ist DER Italo-Macho. Wenn er italienische Songs trällert, schmelzen die Herzen der weiblichen Zuschauerinnen. Rene Velazquez stellt gesanglich alle in den Schatten.


Das Bühnenbild ist schlicht aber effizient und besteht hauptsaächlich aus einem Tresen, der zu Beginn als Altar, später als Bar-Theke genutzt wird. Die Bühne ist zu aller Zeit gut ausgeleuchtet.
Die Musik kommt erfreulicherweise nicht vom Band, sondern von einer Band. Dessen satter Klang kommt gut abgestimmt und nicht zu laut im Zuschauerraum an.

Die vorwiegend geladenen Künstler*innen und Freundinnen und Freunde des Metropols zeigten sich sichtlich angetan vom Geschehen auf der Bühne, immerhin war man froh, wieder Live-Theater erleben zu dürfen.

TI AMO 4 ist trotz der einen oder anderen Schwäche ideal für einen vergnüglichen Abend. Einfach seine eigenen Sorgen an der Garderobe abgeben und sich an den Problemen der Famiglia Marone erfreuen.

4 von 6 Sternen: ★★★★
                                Kritik: Wolfgang Springer
; Fotos: Rolf Bock

15.02.2022 - Museumsquartier/ Wien

DIE ROCKY HORROR SHOW

Seit 15. Februar heißt es für zwei Wochen im Wiener Museumsquartier „Don´t Dream It, Be It“, denn es gibt Besuch aus Transsylvanien. Gerüstet mit Strapsen und Korsagen ist Dr. Frank-N-Furter mit seinen Anhängern für ein kurzes Gastspiel in die Bundeshauptstadt gekommen, um nicht nur das biedere Vorstadtpärchen Brad und Janet trans- und bisexueller Vorzüge zu überzeugen.

Zahlreiche Besucher sind freiwillig dem Dresscode gefolgt und selbst in aufreizenden Outfits erschienen. Ein Hingucker bei der Premiere sicherlich eine Gruppe junger Männer in hohen Plateauschuhen, goldenen Minishorts und sehr viel nackter Haut. "Die Rocky Horror Show“ ist eben Kult und das muss zelebriert werden. Aber warum ist das so? Vielleicht, weil die Story so surreal ist, dass sie schon wieder beachtenswert ist. Oder ist die Antwort viel banaler und es muss manchmal einfach nur Trash sein? Fact ist, dass sie Show seinerzeit wie eine Bombe einschlug. Geplant waren nur ein paar Vorstellungen, doch wenig später wurde das Stück zum „Besten Musical 1973“ gekürt. 1975 erschien schließlich der Film mit Tim Curry als sexlüsterner Wissenschaftler. Der Film floppte. Erst als dieser am Campus amerikanischer Universitäten um Mitternacht gezeigt wurde, begann sein Siegeszug und wurde zum Kult. Es ist diese Mischung als Glamour und Trash. Das Publikum sprang an und reagierte an bestimmten Stellen, die mittlerweile zu festen Ritualen manifestiert wurden.

Auch in Wien statteten sich einige Fans mit den üblichen Utensilien, wie Reis, Wasserpistole und Knicklichter aus und erschienen zu der heiß ersehnten Premiere. Doch sie wurden Großteils enttäuscht. Zu stark war die Erinnerung an die Amstettener Sommerproduktion von 2018. Was unter der damaligen Regie von Alex Baga auf die Bühne gebracht wurde, ist kaum zu toppen. Doch auch die Inszenierung der Vereinigten Bühnen Wien mit Paul Kribbe und Uwe Kröger von 1993 packte die Zuschauer*innen von der ersten bis zur letzten Minute. Man war mitten im Geschehen, Akteur und Observator zugleich. Dieses Erlebnis gibt es nur in der „Rocky Horror Show“.
In dieser Tourneeproduktion im Museumsquartier wollte der Funke nicht überspringen. Das noch zu Beginn überschwängliche Publikum wurde sukzessive leiser. Einzig der Erzähler Sky du Mont konnte dieses mit schlagfertigen Antworten einigermaßen motivieren.

Diese Inszenierung ist der Beweis, dass man trotz großem Budget und viel Aufwand ein Kult-Stück enttäuschend umsetzen kann, bewies BB Promotion mit seiner Neuinszenierung. Selbst ein Sky du Mont (er bekam zu Recht den meisten Applaus) mit trockenem Humor, noch ein überragender Riff Raff konnten die Show retten.
Die an sich mitreißende Musik war viel zu laut und nur mit Beat und tiefen Bässen von einem Live-Orchester intoniert. Auch wenn das Museumsquartier eine schlechte Akustik aufweist, ist das kein Grund, dass der Sound derart schlecht ausgesteuert ist. Die Inszenierung und Regie sind mit guten Einfällen behaftet, konnten jedoch durch den mittelmäßigen Cast kaum Emotionen hervorrufen. Die Gags wirkten altbacken und gekünstelt. Dass die Liedtexte auf Englisch gesungen werden, ist positiv anzumerken, doch dass die Zwischentexte in Englisch verblieben, mag für viele auch von Nachteil gewesen sein.
„Boring“ ist DAS Wort des Stückes und trifft es auch für diese Produktion auf den Punkt. Selbst eingefleischte „Rocky Horror Show“-Freaks verließen enttäuscht die Halle.

Fans des gebürtigen Gmundeners Klaus Eberhartinger (EAV) dürfen sich aber freuen. Vom 22 bis 27. Februar übernimmt er die Rolle des Erzählers.

2 von 6 Sternen: ★★
              Kritik: Wolfgang Springer;
              Fotos:
Jens Hauer

(c) Anna Raisl

07.02.2022 - Das Vindobona/ Wien

MÄNNERABEND 2.0 ...
... fast Jugendfrei


Wem „MÄNNERABEND 1.0“ gefallen hat, der wird „MÄNNERABEND 2.0 … fast Jugendfrei“ lieben. Mit noch pointierteren und eindeutigeren Texten sorgten am 7. Februar im Vindobona Mark Seibert und Thomas Smolej für mächtig Stimmung unter den vorwiegend weiblichen Fans.

Um dieses Fortsetzungsprogramm auch musikalische auf ein höheres Niveau zu bringen, wie sie mit Augenzwinkern verkündeten, stand Schlager statt Musical auf dem Programm. Mit einem richtigen Schenkelklopfer-Lied von Karel Gott, versetzten sie das Publikum also bereits beim Opening in ausgelassene Laune.

Wie der Titel schon verrät, bezogen sich die Inhalte der vorgetragenen Texte auf die geistig hochtrabenden und intellektuellen Gesprächsthemen solcher Männerabende, nämlich Sex, Sex und nochmals Sex.
Eine große Herausforderung für Männer stellen, neben Frauen, die eigenen Kinder dar. Ein gekauftes Eis, dessen Sortenzusammenstellung nicht den Wunsch der Tochter entspricht, kann schon nervenaufreibend sein. Aber das ist nichts, rein gar nichts, gegen die Schweißperlen, im Nacken aufsteigende und zur Panikattacke mutierende Situation, wenn das Kind auf offener Straße Fragen über Sex stellt.

Mark Seibert, wie er selbst sagt, hat seine wahre Rollenberufung gefunden, nämlich die des kleinen Mädchens. Inbrünstig vermag er zu weinen oder ist sichtlich erfreut bei quälenden Fragen und verleiht seinen Rollen die notwendige Intensität. Aber er bewies auch, dass er das Potential für große „Mädchen“ hat, sei es als lüsterne, farbige Prostituierte Wanda oder gesanglich als Britney Spears. Das Publikum tobte, als Thomas Smolej zusätzlich sinnliche Tanzeinlagen zum Besten gab. Als Erzähler diverser Texte legte er sehr viel Erotik in die Stimme und gab dieser diese gewisse Note.
Musikalisch wurden sie am Klavier von Michael Römer begleitet. Dieser spielte nach der Pause einen für harte Männerabende passenden Smash. Nichts könnte besser dazu passen als ein Disney-Medley.
Wenn sich die beiden gemütlich in einen großen Lesesessel mit biederer Stehlampe setzen, deren Anmut einer klassisch vorgetragenen „Gute Nacht-Geschichte“ glich, ging es nicht wirklich jugendfrei zur Sache.

Als Stargast durften sich die Zuschauer*innen auf einen Kurzbesuch der Comedy Drag Queen Grazia Patricia (die Kleinkunstprinzessin), die für beste Unterhaltung sorgte. Sie nahm sich selbst nicht so ernst, wirkte dadurch überaus sympathisch. Ihr amüsantes a capella Lied „Schilddrüsenunterfunktion“ wurde zum Hit bei den Anwesenden. Das, von den drei veranstaltete, „Wer bin ich“-Spiel, bei dem auch das Publikum mit eingebunden wurde, sorgte für beste Unterhaltung.
Gegen Ende des Abends stimmte Mark Seibert ganz uneitel „Aber dich gibt es nur einmal für mich“ an. Doch es wurde nicht, wie erwartet, eine Ode an seinen Freund Thomas. Seinen Blick senkte er provokant auf seinen Schritt und jeder wusste, wen er damit meinte. Ein Amüsement für die zahlreichen weiblichen Zuschauer.

"MÄNNERABEND 2.0 … fast Jugendfrei" ist ein Programm voller Heiterkeit, mit stimmungsvollen Songs, eindeutigen Texten, dargeboten von zwei Interpreten, die sich an diesem Abend selbst übertrafen.
Wer diese Show versäumt hat, hat die Möglichkeit dies am 27.2 im Vindobona nachzuholen.
Schauen Sie sich das an, es lohnt sich.

6 von 6 Sternen: ★★★★★★

Kritik & Fotos: Michaela Springer

Peter Lewys Preston

06.02.2022 - Musiktheater Linz (OÖ)

TITANIC - Das Musical

So viele Hoffnungen und Träume in nur einer Nacht zerstört. 1.514 von 2.214 Menschen verstarben am 15. April 1912 bei einer der größten Seekatastrophen der Geschichte. Die RMS Titanic, das unsinkbar Schiff der britischen Rederei White Star Line, sollte Symbol für eine neue Zeit sein. doch die alten Strukturen wurden aufrecht gehalten. Die Menschen in 3 Klassen geteilt, strikt getrennt, nur vereint im unausweichlichen Schicksal. Auf dem obersten Deck herrschte purer Luxus, die 2. Klasse war für die aufstrebende Mittelschicht und in der 3. Klasse waren die Auswanderer untergebracht, die durch Hunger und Arbeitslosigkeit nach Amerika getrieben wurden, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Drang das größte, schnellste und luxuriöseste schnellste Schiff seiner Zeit zu bauen und bereits bei der Jungfernfahrt eine Legende zu schaffen, trat im negativen Sinn auch ein. Es gab gerade 20 von 54 benötigten Rettungsboote, die auch nicht vollausgelastet zur See gelassen wurden. So hätten mehr als 400 Menschen mehr gerettet werden können.
1.514 Stimmen, die im kalten Wasser um Hilfe schrien und erst nach einer halben Stunde verstummten. Hinter diesen Stimmen verbergen sich Einzelschicksale, die Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte hatten.

Lukas Sandmann, Karsten Kenzel, Dean Welterlen, David Arnsperger

Das Musical greift Dramen aus allen Klassen auf. Dabei greifen Maury Yeston (Musik, Liedtexte) und Peter Stone (Buch) Geschichten einiger historischer Personen auf, welche symbolisch für all die anderen Opfer der Tragödie stehen.

Das Werk feierte am 23. April 1997 seine Uraufführung am Lunt-Fontanne Theatre am New Yorker Broadway und wurde im selben Jahr mit fünf Tony-Awards ausgezeichnet: Beste Originalmusik, beste Orchestrierung, bestes Libretto, bestes Bühnenbild und bestes Musical. Das Stück beginnt am Hafen von Southampton und endet nach der Katastrophe mit der Rettung der Überlebenden. Dazwischen lernt man Besatzung und Passagiere der Titanic kennen.

Fast 110 Jahre nach dem Untergang des Luxusliners machte feierte das Musical im Musiktheater Linz am 6. Februar seine Premiere. Die gelungene Übersetzung lieferte Wolfgang Adenberg. Um die große symphonische Orchestrierung und epischen Melodien emotional wirksam zu machen, hat der musikalische Leiter Tom Bitterlich ein 36-köpfiges Orchester um sich geschart.

David Arnsperger, Ensemble

Dean Welterlen als Kapitän Smith wollte nach der Jungfernfahrt in den wohlverdienten Ruhestand gehen, es war seine buchstäblich letzte Fahrt. Er ist hin und hergerissen zwischen der Sicherheit des Schiffes und der Passagiere und dem Druck des Direktors der White Star Line Bruce Ismay New York in kürzester Zeit zu erreichen. Er galt als einer der besten Kapitäne seiner Zeit und diese Souveränität strahlte auch Dean Welterlen aus.
Für Gänsehaut sorgten Lucia Nistler und Martin Berger als liebevolle und bis zum Tod vereinte Paar Ida und Isidor Straus („Wie vor aller Zeit“). Ihr Spiel und Gesang sind höchst emotional und berühren zutiefst. Es sind zärtlich kleine Gesten, die ihre große Zuneigung zum Ausdruck bringen. Obwohl Ida die Möglichkeit gehabt hätte in ein Rettungsboot zu steigen entscheidet sie sich bei ihrem Gatten zu bleiben.
David Arnsperger als Ingenieur Thomas Andrews ist eine Idealbesetzung. Die Wandlung vom anfänglich in Euphorie schwelgenden, gefolgt von Bedenken das Schiff immer schneller fahren zu lassenden und zum Schluss resignierenden Mannes, vollzieht er überaus glaubhaft. Fast fanatisch will den Denkfehler beim Erbauen des Schiffes verstehen und versucht erst gar nicht sich zu retten („Mr. Andrews Vision“). Arnspergers markante Stimme und sein charismatisches Auftreten unterstreichen den Charakter dieser Rolle.
Erfrischend anders die Rolle der Daniela Dett. Als Alice Beane aus der zweiten Klasse lässt sie keinen Versuch aus, um Kontakt mit der Oberschicht zu erlangen und sorgte für einige heitere Momente.
Christian Fröhlich ist Frederick Barrett, ein Oberheizer. Mit „Barretts Lied“ hat er seinen persönlichen, emotionalen Auftritt.
Karsten Kenzel als J. Bruce Ismay hat sie undankbarste Rolle, die er aber hervorragend verkörperte. Er ist es, der den Kapitän ständig antreibt, immer schneller zu fahren. Er will Rekorde brechen und Geschichte schreiben. Es zählt für ihn nur Profit. Als er die Aussichtslosigkeit erkennt, ist er auch einer der ersten im Rettungsboot.
Gernot Romic gibt den einfachen Jim aus der 3.Klasse. Mit seiner Freundin Kate (Hanna Kastner) träumen sie von einer besseren Zukunft.
„CQD THIS IS TITANIC. CQD THIS IS“ war am 15. April 1912 um 2:17 war der letzte Funkspruch. Abgesetzt wurde dieser von Harold Bride (Lukas Sandmann).


Höchst ergreifend der Untergang. In Anspielung der Musiker, die bis zur letzten Minute für die verbliebenen Passagiere spielten – der Legende nach soll ihr letztes Lied „Näher, mein Gott zu dir“ gewesen sein - wird diese auch im Musical symbolisch mit einem Streicher zentral auf der Bühne dramatisch in Szene gesetzt.

Das Bühnenbild (Charles Quiggin) ist auch in Linz sehr aufwändig. Die Hebebühne wird des Öfteren genutzt, um gleichzeitig mehrere Ebenen (Decks) bespielen zu können.
Die Kostüme von Aleš Valášek sind originalgetreu nachempfunden und recht aufwändig.

Linz löst immer öfter Wien als Musicalhauptstadt ab und mit dieser Produktion lohnt sich erneut eine weite Anreise.
TITANIC – Das Musical ist ein Stück mit großartiger Orchestrierung, tollem Cast und Geschichten, die berühren. Die fast drei Stunden vergehen wie im Flug. Jeder kennt den Ausgang und dennoch bangt und hofft man bis zum bitteren Ende. Das Publikum zeigte sich begeistert von der Inszenierung Simon Eichenbergers und Dramaturgie Arne Beekers und dankte es der Besatzung und den Passagieren des Luxusliners mit minutenlangen Standing Ovation. So muss Theater sein!

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  • David Arnsperger
  • Hanna Kastner, Gernot Romic, Ensemble
  • Hanna Kastner, Gernot Romic
  • Im Vordergrund Peter Lewys Preston, Daniela Dett, Christian Bartels
  • Jin Hun Lee, Christian Fröhlich
  • Joel Parnis
  • Lukas Sandmann, Christian Fröhlich
  • Sam Madwar, Daniela Dett
  • Sam-Madwar


6 von 6 Sternen: ★★★★★★

                                       Kritik: Michaela Springer; Fotos: Barbara Pálffy

04.02.2022 - Metropol/ Wien

Thomas Borchert
DER VAMPIR AM KLAVIER

Am 4. Februar empfing das Wiener Metropol gräflichen Besuch. Graf Krolock höchstpersönlich betrat die Bühne und begrüßte sein Publikum stilgerecht mit einem Song aus „Tanz der Vampire“. Bekanntlich ist dieser Vollblutentertainer seit über 400 Jahren.

Das Programm DER VAMPIR AM KLAVIER ist ein Streifzug aus 32 Jahren Bühnenkarriere von Thomas Borchert, bestückt mit Anekdoten und Liedern, die ihn begleitet haben. Thomas Borchert bewies welch Entertainer in ihm steckt. Humorvoll und stimmgewaltig begleitete er sich selbst am Klavier und zeigte seine hervorragenden Qualitäten als Pianist.
Bekannt für tragende Rollen, wie Graf Krolock, Javert, Jekyll oder Dracula kam er auch mal mit Leggins, Stulpen und Tank Top zur „Cats“-Audition. Dieses beschriebene Bild und seine schwungvolle Choreografie sorgte für Gelächter im Publikum und bescherte ihm damals aufgrund des selbstbewussten Auftretens und begnadeten Hüftschwungs letztendlich die Erstebesetzung des Rum Tum Tigger.

Tod und Lucheni zugleich spielen? Wien machts möglich. Bekanntlich ist Wien anders, aber da staunte das Publikum nicht schlecht, als der Lucheni aus dem ersten Akt zum Tod im zweiten Teil wurde, da der eigentliche Tod in der Pause kränkelte.
Auch ist es in Wien möglich, dass Vater und Sohn gleich alt sind. Yngve Gasoy-Romdal als Wolfgang war nämlich im selben Alter wie Borchert als sein Vater. All das und mehr ist nur in Wien möglich, in der Stadt, die er so liebt.
Musikalisch begeisterte die männliche Muse von Frank Wildhorn seine Fans mit all seinen Paradesongs aus „Les Misérables“, „Jekyll & Hyde“, „Dracula“, „Evita“, „Gigi“ und „Tanz der Vampire". Als Frank’n Furter zeigte er sich von seiner lasziv sexy Seite und einem gewissen Augenzwinkern.
Zum Abschluss gab er das Wildschwein Liebesduett aus seinem, immer noch unvollendeten, Musical „Asterix und Obelix“ zum Besten, für das er noch zahlungskräftige Produzenten sucht. Das Publikum tobte.

Thomas Borchert ist der Beweis, dass es noch große Vollblutentertainer im Musicalgeschäft gibt. Trotz Coronaregeln vermochte er mit dem Publikum zu interagieren und nahm sich selbst nicht so ernst, was ihn unglaublich sympathisch machte. So begeisterte er nicht nur mit seiner Stimme.

Im Dezember gibt es die nächste Möglichkeit den Künstler im Wiener Metropol in seinem Weihnachtsprogramm zu erleben.

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
                                                                  Kritik & Fotos: Michaela Springer

23.01.2022 - Raimundtheater/ Wien

MISS SAIGON
Premiere im Raimundtheater

Oedo Kuipers(Chris), Vanessa Heinz (Kim)

„Die letzte Nacht der Welt“, und „Oh Gott, warum?“ sollen die bewegendste Liebesgeschichte, unserer Zeit manifestieren. Aber tun sie das auch?

Nach unzähligen covidbedingten Premierenverschiebungen war es am 23. Jänner endlich so weit. Der Vorhang im frisch renovierten Raimundtheater erhob sich für MISS SAIGON. Das allein war beim Publikum schon einen Applaus wert. Man war voller Vorfreude, wurde doch in den letzten Monaten viel medial berichtet. Die Erwartungen waren dementsprechend hoch.

Claude-Michel Schönberg und Alain Boublil ließen sich von Giaccomo Puccinis Oper „Madame Butterfly“ inspirieren, welche auf der Erzählung „Madame Butterfly“ (1898) von John Luther Long und der Tragödie „Madame Butterfly. A Tragedy of Japan“ (1900) von David Belasco basiert.

Christian Rey Marbella (Engineer)

MISS SAIGON spielt jedoch nicht gegen Ende des 19. Jahrhunderts, sondern zur Zeit des Vietnamkrieges. Als Erzähler fungiert der Engineer, der in einem Bordell amerikanische Soldaten zufriedenstellt, um sich so ein Visum in die USA zu erschleichen. Dafür schreckt er vor nichts zurück. Die junge Kim, welche im Krieg ihre Familie verloren hat und nun vor dem Nichts steht beginnt dort ebenfalls zu arbeiten. John kauft für seinen Freund Chris das Mädchen, der sich nach längerem zieren doch entscheidet mit ihr zu schlafen. Eine leidenschaftliche Beziehung beginnt, welche durch Thuy gestört wird. Er ist der versprochene Ehemann aus Kims Kindheit und will sie für sich gewinnen. Als er, drei Jahre nach Chris Rückkehr nach Amerika, erfährt, dass sie ein Kind von Chris hat, droht er, Tam zu töten. Doch Kim ist schneller und erschießt Thuy. Nun muss sie fliehen. Nicht ohne Hintergedanken hilft ihr der Engineer.

Chris hat in der Zwischenzeit Ellen geheiratet und erfährt von John, dass er einen Sohn hat. Er überredet ihn und Ellen nach Bangkok zu reisen, wo Kim und ihr Sohn nun in einem Nachtclub leben.
Als Kim von Chris Ankunft erfährt, macht sie sich voller Vorfreude auf ins Hotel. Dort trifft sie lediglich auf Ellen, die ihr mitteilt, dass sie mit Chris verheiratet ist. Ellen erkennt, dass Kim doch nicht nur eine unbedeutende Liebschaft war. Kim möchte, dass die beiden Tam nach Amerika mitnehmen. Ellen lehnt ab und wirft Chris vor, sie belogen zu haben. Beide entschließen sich, die beiden finanziell vor Ort zu unterstützen. Das wiederum lehnt Kim ab und begeht Selbstmord.

Neben diesem primären Erzählstrang, haben Boublil/Schönberg auch in Kims Albtraum-Sequenz den Fall von Saigon (mit der dramatischen Schluss-Sequenz des letzten Hubschrauberflugs) und in „Bui Doi“ die Geschichte der vergessenen Kinder der amerikanischen Soldaten und ihrer vietnamesischen Mütter eingebaut.

Die Show wurde von den Vereinigten Bühnen Wien technisch, nach strengen Vorgaben der Produzenten der Originalproduktion, aufwändig in Szene gesetzt und erweist sich als gewohnt hochwertig. Hier wird großes Theater geboten - doch die großen Gefühle bleiben aus.

James Park (Thuy)

Diese angebliche große Liebesgeschichte, hat nämlich einen Haken – es ist keine – zumindest nicht für den Amerikaner. Da verhält es sich, wie damals in Vietnam, bei unzähligen anderen Soldaten. Sie wollten dem Kriegsalltag entfliehen und suchten Abwechslung. Dieses fanden sie im besten Fall in den Nachtclubs oder Frauen, die sich freiwillig, für ein besseres Leben „opferten“. Im schlimmsten Fall geschah dies durch Vergewaltigung. Dies trifft zwar weder auf Chris noch Kim zu, die beiden werden aber von Kims Zuhälter und Chris Freund John nahezu genötigt miteinander ins Bett zu gehen. Danach fühlen sie sich frei und wie in einem gemeinsamen Traum, fernab dem Elend auf den Straßen und der Schlachtplätze. Doch während Kim sich der Liebe zu Chris sicher ist, wendet sich das Blatt von den GI, als er wieder in Amerika ist. Er setzt sein früheres Leben fort und heiratet Ellen. Kim fristet ihr Dasein in einem Flüchtlingslager und nur die Liebe zu Chris lässt sie für ihren kleinen Sohn und sich stark sein. Sie trägt die Hoffnung, dass Chris sie holen wird. Also doch nicht die große Liebe bei Chris? Warum heiratet er kurz nach seiner Rückkehr in die USA eine andere, obwohl er eigentlich schon Kim geehelicht hat. Warum kämpft er nicht um sie? Es bleibt der bittere Nachgeschmack, dass er sich angesichts des Krieges in Vietnam amüsiert hat oder sich der Illusion hingab, verliebt zu sein. Sein doch schlechtes Gewissen beschert ihm zwar hin und wieder Albträume, eine Kleinigkeit jedoch was Kim in der Zwischenzeit ertragen musste. Auch wenn man sagt, dass er sowohl Ellen auch als Kim liebt, stellt sich dann die Frage, ob es die große Liebe zwischen Kim und Chris war. Unter dem Vorwand, den Sohn nicht von seiner Mutter zu trennen, entzieht es sich seiner Verantwortung und geht den einfachen Weg der finanziellen Unterstützung. Dass der Kleine auch einen Vater braucht, daran denkt er nicht. Nur durch die Opferung ihres Lebens zwingt Kim, Chris zu seiner Verpflichtung. Bis zu ihrem letzten Atemzug liebt sie Chris, die Heldin die er eigentlich gar nicht verdient hätte.
Die einzig wahre Liebe in dem Stück ist jene zwischen Kim und ihrem Sohn Tam.

Vanessa Heinz verkörpert diese Heldin. Die Newcomerin kämpft sich tapfer durch die Rolle und überzeugt in ihrer Verzweiflung.

Oedo Kuipers Stärke als Chris liegt in den Szenen, in der er emotional in die Enge getrieben wird und seine Wut und Verzweiflung aus ihm herausbricht, wie im Streitgespräch mit Ellen. Das sind Momente, bei denen man Gefühle spürt und die einen an seine grandiose Verkörperung des Wolfgang in „Mozart!“ erinnern lassen.

Abla Alaou (Ellen)

Die ebenfalls unter anderem aus „Mozart!“ bekannte Alba Alaoui ist die liebende und verständnisvolle Gattin Ellen, die man nicht unterschätzen sollte und die Chris ganz im Griff hat. Hinter dem lieblichen Wesen steckt eine willensstarke Frau. Alaoui bringt dies eindrucksvoll zur Geltung.

James Park als versprochener, aber verschmähter Thuy überzeugte im speziellen bei seinen Gesangsparts. Schon lange hat man solch eine schöne Baritonstimme nicht gehört.

Schauspielerisch brillant, aber leider mit deutschem Sprachdefizit ist Christian Rey Marabella als Engineer. Er spielt das Schlitzohr, das mit allen Wassern gewaschen ist und seinen „American Dream“ träumt.

Gino Emnes als John weist sich als guter, aber kritischer Freund, der vermitteln möchte und doch gefühlsbedingt scheitert. Obwohl in „Der Rocky Horror Show“ oder „Ragtime“ fantastisch, bekommt er in MISS SAIGON nicht die Chance sich zu beweisen. „Bui Doi“ wäre für ihn eigentlich wie ein roter Teppich, doch die Inszenierung der Szene lässt keine großen Gefühle aufkommen. Eine Videoeinspielung mit asiatischen Kindern ohne Bezug zum Krieg ist überflüssig und der Konferenzraum, der wie ein Flugzeughangar aussieht als Location, für den an sich besten Song des Musicals, ist ebenfalls ungeeignet. Dazu spielt sich alles eher im hinteren Teil der Bühne ab. Schlechter hätte man die wichtigste Szene im Stück kaum umsetzen können. Besser wäre es, ein großes Ensemble mittig und vorne auf der Bühne zu platziert, jeder mit einer Kerze in der Hand und alles rundherum ausgeblendet. Die gesamte Konzentration läge beim Chor und dem Leadsänger. Lägen die Rechte des Stückes an den VBW und die Regie etwa in den erfahrenen Händen eines Andreas Gergen, man hätte sicherlich vieles besser machen können. 

Gino Emnes (John)

Das 1989 in London uraufgeführte Werk von Claude-Michel Schönberg und Alain Boublil liegt musikalisch und inhaltlich weit hinter ihrem Meisterwerk „Les Misérables“ und reicht auch an „Martin Guerre“ nicht heran. Lediglich wenn Schönberg Puccini anklingen lässt oder sich aus „Les Misérables“ bedient, wird es anspruchsvoller. Michael Römer verwaltet solide das hauseigene Orchester.

Der erste Akt ließe sich um einiges kürzen, würden die sich wiederholenden Liebeserklärungen nicht langatmig in Liedern verpackt sein, sondern gesprochen oder als Sprechgesang dargeboten. Die neue Übersetzung von Michael Kunze verliert sich teilweise in Banalität, was dem erstklassigen Autor („Elisabeth“, Mozart!“, „Rebecca“, „Tanz der Vampire“) nicht zur Ehre gereicht.

Die Choreografie ist wieder spektakulär, jedoch im Zusammenspiel mit der Inszenierung zuweilen nicht jugendfrei und rechtfertig in keinster Weise eine Altersempfehlung von 6 Jahren.
Das Bühnenbild ist sehr detailgetreu gestaltet. Man hätte dies auch etwas abstrakter gestalten können.
Der berühmte, mittlerweile fluguntaugliche, Hubschrauber wird mit Licht und Ton eindrucksvoll in Szene gesetzt.

Vanessa Heinz (Kim),James Park (Thuy)


MISS SAIGON ist teilweise eine große, bombastische Revue, deren ernste, leise Themen darin fast untergehen. Man ist geneigt, sich von Licht und Show blenden zu lassen. Die Vereinigten Bühnen können sich nicht viel vorwerfen, außer möglichweise auf das falsche Stück gesetzt zu haben. Nach den umfangreichen Sanierungsarbeiten am Raimundtheater wäre eine Eigenproduktion wünschenswerter gewesen. Denn mit kreativen Ideen, eigenem Leading-Team und einem erstklassigen Orchester haben die VBW schon mehrmals bewiesen, dass Wien DIE Musicalhauptstadt im deutschsprachigen Raum ist.
Aber jetzt geht es erst mal auf nach Saigon, ehe uns anschließend Levay/Kunze nach Cornwall einladen.

4 von 6 Sternen: ★★★

                               Kritik: Wolfgang Springer; Fotos: Johan Persson

© Bettina Frenzel, Tom Lackner

22.01.2022 - Stadttheater Mödling (NÖ)

AVENUE Q
Österreichische Erstaufführung

Mödling lässt die Puppen tanzen!

Das nicht ganz jugendfreie Musical im Stadttheater Mödling feierte am 22. Jänner nach einwöchiger Verspätung endlich Österreich-Premiere.

Das Musical von Robert Lopez und Jeff (Musik und Songtexte) nach dem Buch von Jeff Whitty gewann 2003 drei der begehrten Tony Awards (Bestes Musical, Beste Musik und Bestes Buch) und wurde über 2.500-mal am Broadway aufgeführt. Bis heute ist es am Off-Broadway zu sehen.

Bettina Soriat, Nick Harras

Für die österreichische Erstaufführung hat Dominik Flaschka die Dialoge und Roman Riklin die Songtexte nicht einfach aus dem Englischen 1:1 übertragen, sondern mit teils politischen Anspielungen angereichert. So ist der Hausmeister kein geringerer als unser ehemaliger „Bundesbasti“, wunderbar interpretiert von Bettina Soriat, die sich auch für Choreografie verantwortlich zeigt.

Katrin Fuchs, Julia Werbick

AVENUE Q ist ein Mikrokosmus unserer Gesellschaft. Sie hält dem Publikum einen Spiegel vors Gesicht. Themen, wie Rassismus, Homophobie und Internetpornographie werden offen angesprochen und in Lieder verpackt. Wenn von Handpuppen sarkastisch festgestellt wird, dass jeder in irgendeiner Form ein bisschen rassistisch ist, löst das beim Publikum Begeisterung aus, stimmt jedoch auch etwas nachdenklich. Durch den Schutzmantel der Puppen kann knallhart die Wahrheit ausgesprochen werden, ohne von den Zuschauer*innen als Bloßstellung empfunden zu werden. Doch ob Puppe oder Mensch, alle suchen nach dem Sinn des Lebens und haben einige Turbulenzen zu bewältigen.

Julia Werbick, Paul Graf

Die Bewohner des Häuserblocks sind genauso bunt gemischt, wie in jeder realen Straße. Princeton hat frisch promoviert, mittellos und sucht eine billige Bleibe. In der Nachbarschaft wohnt die Volksschullehrerin Kate Monster. Es ist Liebe auf den ersten Blick, doch während Kate eine feste Beziehung möchte, will er sich noch nicht binden und lässt sich von Lucy der Schlampe verführen. Am Ende erkennt er jedoch, dass Kate seine wahre Liebe ist. Als Wiedergutmachung organisiert er eine Art Crowdfunding, um Kates Traum einer eigenen Monsterschule (Monstersori) erfüllen zu können.

Marcus Ganser, Paul Graf, Larissa Winkel

Unter den weiteren Mieterinnen und Mietern sind auch Trekkie Monster, dessen Lebensinhalt Internetpornos sind, sowie Brian und seine asiatische Frau Christmas. Sie führen eine glückliche Ehe, obwohl Brians Versuche als Comedian Fuß zu fassen kläglich scheitern. Die beiden Männer/Puppen Rod und Nicky leben in einer WG. Rod will sich lange nicht eingestehen, dass er gay ist und in seinen Mitbewohner Nicky verschossen ist. Er setzt sogar ihre Freundschaft aufs Spiel, um nicht bloß gestellt zu werden. Die gute Seele der Straße, die alles im Griff hat, ist, wie schon erwähnt der Hausmeister Basti. Mit der passenden Frisur und den Ohren sieht er unserem Altbundeskanzler auch zum Verwechseln ähnlich.
Am Schluss gibt, es selbst in dieser Geschichte für Erwachsene, ein Happy End.

Teresa Renner

Brian, Christmas und Basti sind die einzigen Charaktere, welche von echten Personen verkörpert werden, bei allen anderen agieren die Schauspieler*innen aus der zweiten Reihe und verleihen den Puppen ihre Stimme. Katrin Fuchs, Marcus Ganser, Paul Graf, Nick Harras, Marius Lackenbucher, Teresa Renner, Bettina Soriat, Julia Werbick und Larissa Winkel sind ein wunderbares Ensemble, was schauspielerisch, wie auch gesanglich begeistert. Durch das emotionale Spiel der Darsteller*innen hinter den Puppen, ist man immer wieder geneigt seine Aufmerksamkeit auf die Menschen zu richten.

Paul Graf, Nick Harras

Der musikalische Leiter Frizz Fischer hat sein Orchester sehr gut auf die eingängigen Melodien eingestellt.

In AVENUE Q haben das Leading Team und die Akteur*innen auf der Bühne unter der flotten Inszenierung von Marcus Ganser viel Herzblut gesteckt. Diese Leidenschaft springt auch auf das Publikum über, was sich auch am Premierenabend auch anerkennend mit überschwänglichem Applaus bedankte.

Das Musical ist noch bis 4. Februar im Stadttheater Mödling zu sehen.

6 von 6 Sternen: ★★★★★

             Kritik: Wolfgang Springer; Fotos: Bettina Frenzel

Termine in der SCALA Wien:

Do, 10.3.2022 um 19.45 Uhr
Di – Sa, 15.3. bis 19.3.2022 &
            22.3. bis 26.3.2022;
            jeweils 19:45 Uhr
Di – Fr, 29.3. bis 1.4.2022,
            jeweils 19:45 Uhr


www.theaterzumfuerchten.at

  • Bettina Soriat
  • Katrin Fuchs, Julia Werbick, Paul Graf, Teresa Renner, Nick Harras, Bettina Soriat, Marcus Ganser
  • Katrin Fuchs, Nick Harras
  • Larissa Winkel, Nick Harras, Teresa Renner
  • Marcus Ganser, Katrin Fuchs, Teresa Renner, Nick Harras, Bettina Soriat
  • Marcus Ganser
  • Nick Harras, Julia Werbick
  • Nick Harras, Larissa Winkel, Paul Graf, Teresa Renner
  • Nick Harras
  • Paul Graf, Nick Harras
  • Teresa Renner, Paul Graf, Larissa Winkel, Bettina Soriat, Marcus Ganser
  • avenueQ-0518


13.01.2022 -
Das Vindobona/ Wien

CulinarICAL 5.1
Die Premiere

Nach einer ungewollten Zwangspause im vergangenen Jahr, war es heuer wieder so weit. Mit CulinarICAL 5.1 ging die beliebte Dinner & Musical-Show, das Herzensprojekt von Theaterdirektor Wolfgang Ebner, in die fünfte Runde. Start war am 13. Jänner um 18 Uhr.

Unter das Premierenpublikum mischten sich unter anderem Edith Leyer, Monika Ballwein, Herbert Steinböcke, Ramesh Nair und Caspar Richter.

2022 wurden die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer zum Thema gemacht. Eine interessante Themenauswahl, die einen großen Spielraum der Liederauswahl ermöglichte, da alles Sein ja aus einem bestimmten Mischverhältnis dieser vier Elemente besteht, dem Festen, Flüssigen, Gasförmigen und Glühenden. So stand dementsprechend ein Song-Potpourri quer durch die bunte und vielfältige Musicalwelt auf dem Programm. Bezüglich der Einordnung mancher Songs gäbe es allerdings Diskussionspotential.

Das Ensemble auf der Bühne setzte sich aus Anetta Szabo, Tanja Petrasek, Melanie Gebhard, Georg Leskovih, Lukas Müller und Christian Funk zusammen. Die Regie hatte erneut Rita Sereinig über, die musikalische Leitung oblag Andreas Brenic. Die Musik kam vom Band. Die Projektionen im Hintergrund und am 1. Rang gestaltete Christian Ariel Heredia.

Den Themen entsprechend wurde das 4-Gängige Menü abgestimmt, wobei es auch eine vegetarische Variante gab.

Christian Funk

Im ersten Block ERDE ging es unter anderem in die finsteren Katakomben zum Phantom der Oper, wurde Graf Krolock („Gott ist tot“) im mystischen Schloss besucht und träumte man mit Hercules („Go the Distance“) vom Einzug in den Olymp.

Kaum ein Musical passt besser zu WASSER als „Disneys Arielle die Meerjungfrau“ („Unter dem Meer“, „Arme Seelen in Not“, „Arielles Traum“) oder „Titanic“ („I Must Get on That Ship“). Die „(Ruder)Boote in der Nacht“ wurden kurzerhand an einen idyllischen österreichischen Bergsee projiziert – in diesen Zeiten sollte man ja ohnehin nicht ans Meer reisen.

Mit dem fliegenden Auto „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ und mit der Hexe aus „Wicked“ („Frei und schwerelos“) ging es in die LUFT. Wer nicht unbedingt abheben wollte, der konnte die „Stars“ („Les Misérables“) von der Erde aus genießen.

Nach dem Dessert wurde es richtig heiß und FEURIG – zumindest was die Auswahl der Songs anbelangt. So gab es etwa „Schöne Grüße aus der Hölle“ („Ich war noch niemals in New York“), „I Believe / Spooky Mormon Hell Dream“ („Book of Mormon“), und „It´s All Coming Back to Me Now“ („Bat Out of Hell“). Zwei Zugaben besiegelten den Abend um 22 Uhr, denn laut Covid-Verordnung müssen Theater und Lokale um diese Zeit geräumt sein.

Bis 14. Februar steht CulinarICAL 5.1 noch auf dem Programm des Vindobona.

Kritik: Wolfgang Springer; Fotos: Michaela Springer

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Hier findest du alle Shows und Events des VINDOBONA 2022:
https://vindobona.wien/events13.01.2022 - Das Vindobona/ Wien

01.01.2022 - Musiktheater/
Linz (Oberösterreich)

PRISCILLA -
Königin der Wüste
Österreichische Erstaufführung

Im Linzer Musiktheater wurde es am Neujahrstag mit PRISCILLA – KÖNIGIN DER WÜSTE heiß, richtig heiß, denn schon beim Opening „It´s raining men“ von startete der Roadtrip dreier Dragqueens durch das australische Nirgendwo. Und diese drei könnten unterschiedlicher nicht sein.

Tick (Karsten Kenzel) ist nur eine mittelmäßig erfolgreiche Dragqueen. Seine Frau bittet ihn nach Alice Springs zu kommen, um dort Auftritte zu absolvieren und seinen kleinen Sohn kennen zu lernen. Gemeinsam mit der alternden Transsexuellen Bernadette (David Arnsperger) und den jungen, schrillen Adam (Gernot Romic) macht er sich im altersschwachen Bus Priscilla auf die Reise.

Tick plagen Ängste, ob ihn sein Sohn so akzeptieren wird, wie er ist, Bernadette sehnt sich nach der großen, wahren Liebe und Adam will im Dragqueen-Outfit ein Hochgefühl in den Ayers Rock erleben.

Auf ihrer Reise erleben die drei nicht nur schöne Momente. Nicht alle Menschen sind für das anders sein offen. Beschimpfungen, Demütigungen und eine fast Vergewaltigung, die nur durch das resolute Auftreten Bernadetts verhindern werden kann, müssen die drei durchstehen. Aber auch, wenn es immer wieder kleine Streitigkeiten gibt, bei Schwierigkeiten halten sie fest zueinander.

David Ansperger als Bernadette ist eine Dramaqueen mit Witz und Charme. Er verkörpert Bernadette als warmherzige, romantische aber zugleich resolute und kämpferische Transsexuelle.

Gernot Romic spielt den Paradiesvogel, schrill und extravagant. Er macht im Kylie Minogue-Style, Hot Pants, bauchfreiem T-Shirt und überhöhten High Heels eine atemberaubende Figur. Er schwebt förmlich über die Bühne und setzt lasziv und sexy seinen Körper ein.

Kartsen Kenzel als Tick ist von Ängsten geplagt, hin und hergerissen zwischen seiner Berufung und von den, der Gesellschaft festgelegten, Maßstäben, wie ein Vater sein muss. In kleinen, leisen Momenten spürt man seine innere Zerrissenheit, seinen Kampf mit sich selbst.

Die Diven, die die Egos der drei widerspiegeln (Daniela Dett, Judith Jandl und Hanna Kastner), haben teilweise vom Himmel herabschwebende Auftritte, glamourös und stimmgewaltig – Frauenpower pur.

PRISCILLA – KÖNIGIN DER WÜSTE basiert auf dem gleichnamigen, australischen Film, der mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Das Musical von Stephan Elliot und Allan Scott feierte 2006 Premiere in Sydney. Den Soundtrack bilden zahlreiche Hits der 1970er und 1980er.
Michael Alexander Rinz hat die Dialoge ins Deutsche übersetzt, die Songs werden in Englisch gesungen.

Die Kostüme von Adam Nee sind farbenfroh, glitzernd und glamourös. Sie strahlen das positive Feeling einer Gay-Parade aus, ohne ins kitschige oder übertriebene zu gleiten.

Die Choreografien von Andrew D. Edwards sind schwungvoll, mit großen Ensemblenummern. Teilweise wird man in Partystimmung versetzt, ausgelassen und voller positiver Lebensfreude.

Auch das Bühnenbild von David Hartland mit Hauptfokus auf Priscilla, den Bus, spiegelt diese Lebenseinstellung.


PRISCILLA ist eine rasante Highspeed-Gay-Parade mit Glanz und Glamour, schwungvollen Choreografien und starken Stimmen. Aber es gibt auch ernste Momente, zum Nachdenken. Hinter all der Show stecken sensible Seelen, die sich nach Liebe und Anerkennung sehnen und ihre Verletzlichkeit hinter selbstgebauten, dicken Fassaden verbergen. Nicht alle können mit Transsexualität umgehen, und ihr einziger Weg ist das demütige, aggressive Vorgehen und beschimpfen. Aber wenn das Leben noch so glitzernd und schrill wirkt, es verbergen sich Menschen, die nur ihren Platz in der Gesellschaft haben möchten. Ein solcher Moment ist, als Tick vor seinem Sohn steht. In dessen kindlicher Unvoreingenommenheit akzeptiert er seinen Vater, sowie er ist.

Überwältigt von dem Glück, dass die drei erfahren, Bernadette findet im Automechaniker Bob auch seine große Liebe, endet das Stück in ausgelassener Partystimmung zu „I will survive“.

Das Stück steht noch bis zum 24. Februar auf dem Spielplan.


6 von 6 Sternen: ★★★★★

             Kritik: Michaela Springer;
             Fotos:
Barbara Pálffy

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  • David-Arnsperger,-Gernot-Romic,-Karsten-Kenzel
  • David-Arnsperger,-John-F.-Kutil
  • Karsten-Kenzel,-Christian-Fröhlich
  • Karsten-Kenzel,-Gernot-Romic,-David-Arnsperger


 

 

 

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