28.06.2025 - Rosenburg/ NÖ

Sommernachtskomödie Rosenburg
The Best Exotic Marigold Hotel
Deutschsprachige Erstaufführung 

mitte: Bigi Fischer, Eduard Wildner


Mit der deutschsprachigen Erstaufführung von THE BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL bringt die Sommernachtskomödie Rosenburg unter der Regie von Marcus Ganser einen Stoff auf die Bühne, der weit über seine farbenfrohe Oberfläche hinausreicht. Das Stück basiert auf dem Roman von Deborah Moggach, welcher auch den gleichnamigen Kinohit von 2011 mit Judi Dench und Maggie Smith inspirierte. Zwischen pointierter Komik und nachdenklicher Melancholie behandelt die Inszenierung zentrale Themen wie Altern, kulturelle Differenz und die Möglichkeit persönlicher Transformation im letzten Lebensdrittel. Die Inszenierung setzt auf menschliche Tiefe, getragen von einem Darstellerensemble, das in seiner Geschlossenheit und Einzelstärke gleichermaßen überzeugt und einem atmosphärisch durchdachten Bühnenbild, welches die Erfahrungsräume der Figuren in eindrucksvoller Weise widerspiegelt.

Curdin Caviezel

Im Mittelpunkt steht eine Gruppe britischer Rentnerinnen und Rentner, die aus ganz unterschiedlichen Gründen beschließen, ihren Lebensabend nicht im regnerischen England, sondern im vermeintlich paradiesischen Indien zu verbringen. Eine Anzeige verspricht luxuriöses Wohnen in einem charmanten Hotel in Jaipur. Vor Ort erwartet sie jedoch kein Wellness-Refugium, sondern ein marodes Anwesen mit Charme, aber ohne Komfort, betrieben vom unerschütterlich optimistischen Sonny Kapoor, der an das Potenzial des Hauses glaubt, wie an ein eigenes Lebensideal.

Bigi Fischer

Was folgt, ist kein exotistisches Kulturspektakel, sondern ein behutsames Drama über die Fähigkeit zur Veränderung. Trotz anfänglichem Kulturschock, Konflikten und Enttäuschungen beginnen die Figuren, sich auf die neue Umgebung einzulassen. Sie entdecken Freundschaften, überwinden alte Wunden, verlieben sich, scheitern und finden oft mehr als sie gesucht haben, nämlich sich selbst.

Johannes Terne

Marcus Ganser erzählt diese Geschichte ohne sentimentalen Kitsch, mit Gespür für feine Zwischentöne und einem klaren Fokus auf menschliche Beziehungen. Die Dramaturgie balanciert zwischen dialogischer Präzision und rhythmischer Leichtigkeit. Der britische Humor des Stücks bleibt erhalten, doch nie auf Kosten der Tiefe. Die Figuren sind sorgsam gezeichnet, voller Widersprüche, Lebensgeschichten und Wandlungspotenzial.

Eduard Wildner, Konstanze Breitebner

Das Bühnenbild, ebenfalls von Ganser konzipiert, überträgt die sinnliche Weite Indiens in die Konzentration der Rosenburger Rundbühne. Dabei verzichtet es bewusst auf folkloristische Überfrachtung. Stattdessen arbeitet es mit einer durchdachten Farbdramaturgie, Orange-, Ocker- und Pink-Töne schaffen eine visuelle Anbindung an die südasiatische Bilderwelt. Die offene und durchlässige Gestaltung des Raums unterstützt die zentrale Idee der Inszenierung, Übergänge, zwischen Lebensphasen, Kulturen und Biografien.

Die Entscheidung für eine Rundbühne bringt das Publikum in unmittelbare Nähe zum Spielgeschehen. Die Inszenierung nutzt diese räumliche Struktur geschickt. Bewegungen sind auf 360 Grad choreografiert, Dialoge entfalten sich in alle Richtungen. Digitale Elemente werden dabei dezent eingesetzt, um emotionale oder örtliche Übergänge zu markieren, nicht als Showeffekt, sondern als poetische Verdichtung. Es entsteht eine Balance zwischen analogem Erleben und szenischer Suggestion.

Im Zentrum der Inszenierung steht ein Darstellerensemble, das in der Mischung aus Präzision und Spielfreude und feiner Charakterarbeit überzeugt.

Johannes Terne, Konstanze Breitebner

Konstanze Breitebner verleiht Evelyn Greenslade, einer kürzlich verwitweten Frau, leise Autorität und berührende Offenheit. Ihr Spiel ist zurückhaltend, aber exakt geführt. Jede Regung ist psychologisch plausibel, jeder Schritt in Evelyns Entwicklung zur selbstbestimmten Frau mit innerem Kompass glaubhaft.

Sylvia Haider

Sylvia Haider gestaltet Jean, mit feinem Gespür für Ambivalenzen. Ihre Figur ist kein karikierter Snob, sondern eine verletzliche Frau im Rückzugsgefecht mit sich selbst. Ihre sarkastische Kühle wird ebenso nachvollziehbar, wie die allmähliche Öffnung gegenüber dem Leben, ein Balanceakt, den Haider mit Präzision meistert.

Johannes Terne spielt Douglas mit stiller Melancholie. In der Rolle des Mannes, der sich nach Jahrzehnten in einer funktionalen Ehe mit Jean wiederentdeckt, überzeugt er durch ein Spiel der Andeutung. Die Chemie mit Breitebner erzeugt feine, tief emotionale Momente.

Pranali Bhagwat, Dany Sigel, Eduard Wildner

Dany Sigel als Muriel Donnelly liefert eine Glanzleistung. Ihre Rolle, zu Beginn eine abweisende, von Vorurteilen geprägte Frau, wird zur emotionalen Schlüsselfigur. Sigel besitzt perfektes Timing, einen pointierten Sprachduktus und wandelt Härte in berührende Menschlichkeit.

Peter Kaghanovitch überzeugt als Norman Cousins mit einer Mischung aus müder Eitelkeit und verletzlichem Charme. In der Darstellung des alternden Frauenhelden vermeidet er jede Grobzeichnung. Seine Komik bleibt menschlich grundiert, seine Verletzlichkeit ist ergreifend.

Bigi Fischer

Bigi Fischer als Madge Hardcastle bringt Temperament und Lebenslust auf die Bühne. Ihre Figur verkörpert aktiven Lebenswillen im Alter, ohne ins Plakative abzudriften. Ihre Energie und Direktheit sorgen für wichtige Kontraste, stets mit Tiefe unterlegt.

Eduard Wildner gibt dem pensionierten Anwalt Jimmy stille Würde. Seine Figur kehrt nach Indien zurück, um seine alte Liebe zu finden, ein Handlungsstrang, den Wildner mit großer innerer Sammlung gestaltet. Ein stiller Höhepunkt des Abends.

Sonja Romeo, Curdin Caviezel

Curdin Caviezel als Sonny Kapoor beeindruckt durch erfrischende Energie. Sein Spiel verzichtet auf klischeehafte Überzeichnung. Caviezel macht sichtbar, wie sehr die Figur zwischen familiärem Druck und persönlichem Traum zerrieben wird, ein differenziertes, berührendes Porträt, das besonders im Zusammenspiel mit Sahani und Mrs. Kapoor an Tiefe gewinnt.

Soi Schüssler

Soi Schüssler als Sahani überzeugt mit kontrollierter Spielweise. Sie gestaltet keine Nebenfigur, sondern eine stille Kraft mit klarer Haltung. Ihre Darstellung bleibt unaufdringlich, aber eindrücklich, sie ist moralischer Anker und emotionales Gegengewicht zu Sonnys innerer Unruhe.

Sonja Romeo verleiht Mrs. Kapoor Autorität und Tiefe. In ihrer strengen Mutterfigur schwingt nicht nur Macht, sondern auch eine Ahnung von Verlust und Überforderung mit. Romeo spielt differenziert, ohne Härte, sondern mit einer Ahnung von Resignation hinter der Kontrolle.

Joshy Cherukattu

Joshy Cherukattu gibt Dr. Ravi Gupta konturierte Ruhe. Sein Spiel ist ausbalanciert, seine Figur wird zur Vermittlungsinstanz zwischen Kulturen und Generationen. Ohne Pathos, aber mit leiser Klarheit.

Pranali Bhagwat als Kamila zeigt, wie wirkungsvoll eine vermeintlich kleine Rolle sein kann. Ihre physische Präsenz, ihr Spiel zwischen Vitalität und Beobachtung, gibt der Figur Profil und dem Abend rhythmische Wärme.

Dany Sigel

Mit THE BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL gelingt der Sommernachtskomödie Rosenburg ein fein ausbalancierter Theaterabend, der Ensemblekunst auf hohem Niveau zeigt. Die Inszenierung verbindet Leichtigkeit mit Ernsthaftigkeit, Humor mit Tiefe und stellt das Altern nicht als Endstation, sondern als offene Möglichkeit zur Diskussion. Die darstellerische Reife, die dramaturgische Klarheit und die atmosphärisch dichte Raumgestaltung machen diese Produktion zu einem bemerkenswerten Höhepunkt des Kultursommers.

Bis 3. August wird noch auf der Rosenburg gespielt.

2026 darf man sich auf die Billy Wilder Komödie SUGAR, MANCHE MÖGEN´S HEISS freuen.

6 von 6 Sternen: ★★★★★★
              Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer

  • 20250628_191600
  • 20250628_191318
  • 20250628_194409(0)
  • 20250628_193033
  • 20250628_195352
  • 20250628_204213
  • 20250628_205726
  • 20250628_211647
  • 20250628_212430
  • 20250628_213829
  • 20250628_191719


www.sommernachtskomoedie.at


Bitte besuchen Sie diese Seite bald wieder. Vielen Dank für ihr Interesse!

 

 

 

E-Mail
Instagram